Probleme mit Mietzahlungen - Berliner Mieterverein warnt vor finanziellen Corona-Folgen für Mieter

Fr 05.02.21 | 12:50 Uhr
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Das WK-Hochhaus in Berlin-Schöneberg (Bild: imago images)
Audio: Inforadio | 05.02.2021 | Rainer Wild, Berliner Mieterverein | Bild: imago images

Schon seit langem gilt der Wohnungsmarkt in Berlin als äußerst angespannt - und die Corona-Krise scheint diese Lage noch zu verschlechtern. Der Berliner Mieterverein sieht zahlreiche Mieter in der Klemme und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf.

Der Berliner Mieterverein warnt vor Folgen der Corona-Pandemie für die Mieter in der Stadt. Die Pandemie habe die Situation vieler Mieter verschärft, sagte der Geschäftsführer des Vereins, Reiner Wild, am Freitag dem rbb.

Viele, die beruflich vom Lockdown betroffen seien, könnten wegen ihrer Einkommenseinbußen die Miete nicht mehr zahlen. "Man kratzt die letzten Euros der Ersparnisse zusammen oder leiht sich Geld, das ist sehr belastend", betonte Wild im Inforadio des rbb. Hinzu komme eine große Verunsicherung unter Mietern, die dazu geführt habe, dass auch in Berlin die Umzugsquote "sehr gering geworden" sei. "Die Umzugsmobilität hat nachgelassen, es ist noch schwerer, in Berlin eine Wohnung zu finden", analysiert Wild.

Wild fordert besondere Mieterschutzregeln

Er forderte die Bundesregierung dazu auf, die im vergangenen Jahr während des ersten Lockdowns eingeführten besonderen Mieterschutzregeln zu verlängern. Sie sahen einen Aufschub von Kündigungsmöglichkeiten durch Vermieter bei Mietzahlungsrückständen vor, waren aber auf die Zeit von April bis Juni 2020 beschränkt. "Das ließe sich ganz unproblematisch verlängern, es bedarf nur einer Verordnung", so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Wild kündigte im rbb-Interview zudem eine eigene Untersuchung zur Belastung von Mietern in der Corona-Pandemie an, deren Ergebnisse in spätestens zwei Monaten vorliegen sollen.

 

Bündnis: Corona-Krise führt zu "Sozial-Wohnungsnot"

Unterdessen warnt auch ein Verbändebündnis für sozialen und bezahlbaren Wohnraum vor einer zunehmenden Wohnungsnot in Folge der Corona-Pandemie. Die Not der Menschen auf dem Wohnungsmarkt werde sich mit anhaltender Pandemie in den kommenden Monaten weiter verschärfen, erklärten Vertreter des Bündnisses "Soziales Wohnen" am Freitag in einer Online-Pressekonferenz.

Die Corona-Krise führe zu einer neuen "Sozial-Wohnungsnot". Bund und Länder hätten beim Bau bezahlbarer Wohnungen und von Sozialmietwohnungen in den vergangenen Jahren versagt. Dadurch sei im unteren Preissegment ein gewaltiges Wohnungsdefizit entstanden, heißt es unter Verweis auf zwei neue Wohnungsbaustudien, darunter eine des Pestel-Instituts (Hannover) sowie eine vom Bauforschungsinstitut Arge für zeitgemäßes Bauen in Kiel.

Büroräume in Sozialwohnungen umwidmen?

Bundesweit fehlten 670.000 Wohneinheiten, "fast ausschließlich Wohnungen mit bezahlbarer Miete und Sozialwohnungen", sagte der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. In einem "Akutplan" fordern die Verbände bis 2030 mindestens zwei Millionen zusätzliche Sozialwohnungen, zum einen durch Neubau von 80.000 Sozialwohnungen pro Jahr, zum anderen durch Modernisierungsförderungen und den Ankauf von Belegrechten. Zudem müsse künftig jede zehnte Sozialwohnung barrierefrei gestaltet werden.

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, forderte zudem im Gespräch mit dem rbb-Sender Radioeins, Büroflächen für Sozialwohnungen umzunutzen. Künftig würden weniger Büroräume in Deutschland gebraucht, denn zahlreiche Unternehmen wollten Home-Office nachhaltig beibehalten, so Feiger. "Wir haben aktuell in Deutschland 350 Millionen Quadratmeter Bürofläche. Wenn wir das in Mietwohnungen und Sozialwohnungen umwidmen könnten, würde nur ein Prozent dieser Quote einen zusätzlichen Wohnungsbestand von 50.000 Wohnungen mit jeweils 70 Quadratmetern bedeuten", erklärte Feiger. Gefragt sei hier "politische Kreativität", so der Gewerkschafter.

Die IG BAU gehört neben dem Deutschen Mieterbund, der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sowie der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau und der Deutsche Baustoff-Fachhandel zum Bündnis "Soziales Wohnen".

Sendung: Inforadio, 05.02.2021, 10:05 Uhr

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21 Kommentare

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  1. 21.

    "Es ist keine Lösung die Mieter von den Coronafolgen zu verschonen und den Vermietern eine 100ige Rechnung zu präsentieren."
    Das ist ja wohl die Frechheit des Jahres. Ausgerechnet die werktätigen Mieter, die unter Kurzarbeit und Entlassungen die Coronalast tragen müssen, sieht man als "verschont" von der Krise? Müssen weiter 100% der Miete zahlen, damit die die Vermieter 0% (NULL PROZENT) Verluste haben?
    JA DANKE!!!

  2. 20.

    Ja dann bitte: her mit den belastbaren "richtigen" Zahlen! Warum werden die denn von so gut wie allen Vermietern (die einigen wenigen kleinen Wohnungseigentümer mit einigermaßen erhaltenem sozialen Gewissen ausgenommen) möglichst NIE genannt?
    Übrigens stammen die von der zitierten Webseite genannten Zahlen aus einer belastbaren Untersuchung, die die in den Finanzämtern vorliegenden Kostenberechnungen der Vermieter selbst zur Grundlage hat. Das möchte nämlich jeder Vermieter als gewinnmindernde Ausgabe in der Steuererklärung geltend machen. Gibt es noch eine bessere Informationsquelle? Wohl kaum.
    Dieses ganze Vermietergejaule ist so was von verlogen, also wirklich.

  3. 19.

    Ganz der selben Meinung.
    Mieter un Vermieter haben einen Vertrag abgeschlossen an den sind sie gebunde, und nur weil es Corona Maßnahmen gibt, kann dieser Vertrag nicht zu Lasten einer Partei ausgehöbelt werden.
    Die Mieter müssten bei den Banken oder bei Sozialamt eine Lösung suchen

  4. 18.

    Nun stimmen ja weder die 3,12 € noch die 11,82 €. Aber darauf kommt es gar nicht an. Verursacher und somit schadenersatzpflichtig ist der Staat! Weder der Mieter noch der Vermieter sollten die Zeche zahlen, sondern der Staat. Auch wenn damit wieder alle dabei sind. Es ergibt keinen Sinn, Mieter und Vermieter gegeneinander auszuspielen, so wird nur der eigentliche Verursacher geschont.

  5. 17.

    So, also den Vermietern geht es so dreckig? Dann sollen sie doch mal ihre Kosten vorrechnen, die sie so für eine vermietete Wohnung zu tragen haben. Und da kommen wir im Berliner Wohnungsdurchschnitt auf 3,12 € für eine kostendeckende Miete. Quelle: https://www.mietenwatch.de/wohnen-als-ware/#uberschussmiete
    Die durchschnittliche Nettokaltmiete ist aber 11,82 €! Der klitzekleine Unterschied von über 8€ oder 250% ist also der winzige leistungslose Profitanteil, den die armen hungerleidenden Vermieter sich abringen müssen, damit sie nicht unter der Brücke schlafen müssen - weil, das Geld fliesst ja gerade bei den großen Immobilienkonzernen in irgendeine Steueroase, das bekommen die also gar nicht ausgezahlt. (Sarkasmus aus)

    Und uns wird hier erzählt, daß die Mieter bei verringertem Einkommen durch Coronamassnahmen ja doch aber unbedingt ihre Miete zu 100% berappen müssen, damit die Vermieter nicht pleite gehen? Was ein Witz! Geht unter die Brücke heulen!

  6. 16.

    b in anderen Ländern weniger gejammert" wird vermag ich nicht zu beantworten. Aber; Sie haben wohl vergessen wie viele Pflegeheimbewohner COVID-Opfer wurden ? Es trauern Kinder und Enkel und wer noch Empathie besitzt ist auch traurig und kann es nicht begreifen. IIch hätte das Stammpersonal viel mehr geschützt und Besuchernicht nur zuvor getestet sondern auch abgeschirmt durch Glas und Gespräche über Technik führen lassen. Nur in Ausnahmefällen Direktkontakt mit Schutzkleidung. Diese vielen Opfer hätten nicht sein müssen. Nun diese Impfmisere. Was sind ältere Bürger überhaupt noch wert ? Beschämend für Deutschland.

  7. 15.

    Sehr gut. Es ist keine Lösung die Mieter von den Coronafolgen zu verschonen und den Vermietern eine 100ige Rechnung zu präsentieren.

  8. 14.

    Sehr gut. Es ist keine Lösung die Mieter von den Coronafolgen zu verschonen und den Vermietern eine 100ige Rechnung zu präsentieren.

  9. 13.

    Dies emfpfinde ich genauso, man mag dieses Gejammer gar nicht mehr hören.
    Deswegen sah ich mir neulich in der Mediathek den Film Margarette Steiff an, um mich zu vergewissern, dass es im Leben auch anders geht.
    Allen Jammerern sehr zu empfehlen.

  10. 12.

    Corona u. deren Folgen trifft alle gleichermaßen. Herr Wild irrt, die gr. Verunsicherung bei den Mietern kommt nicht wg. Corona, sondern wg. dem Mietendeckel. Die Umzugsquote ist nicht wg. Corona sehr gering geworden, sondern wg. dem Mietendeckel.  Die Umzugsmobilität hat nicht wg. Corona nachgelassen, sondern wg. dem Mietendeckel. Ja, es ist noch schwerer eine Wohnung zu finden, nicht wg. Corona, sondern wg. dem Mietendeckel. Wer zieht schon aus eine topsanierten 100 qm großen Wohnung, für die er bisher 1.500 Euro - 15 Euro pro qm -  Kaltmiete bezahlt hat, aus, wenn sie jetzt nur noch 982,80 Euro, also 517,20 Euro weniger kostet (bei 140 qm/2.100 Euro bisher/1.375,92 Euro jetzt - Ersparnis: 724,08 Euro). Die Mieter wären ja blöd, aus solchen Wohnungen auszuziehen! Das ist der wahre Grund f. die stark gesunkene Umzugsmobilität. Und warum kommen Mieter und vor allem welche Mieter jetzt oft in Schwierigkeiten? Weil die Entlastung bei den unteren und mittleren Einkommen durch den so viel gepriesenen Mietendeckel gar nicht od. nur minimal erfolgte. Im Übrigen gibt es kaum Mietstundungen durch die Pandemie in Berlin u. Brandenburg (s. Artikel v. 4.2. - BBU-Marktmonitor.) Von  den Schwierigkeiten vieler Vermieter wird ja kaum berichtet. Sie gehören in den Augen der Linken schließlich zu den bösen Kapitalisten. Die Vermieter können aber nicht für alles herhalten! Die Corona-Pandemie zum Anlass zu nehmen, um die Vermieter weiter zu schröpfen, ist dreist. Schließlich trifft, wie oben bereits gesagt, die Corona-Pandemie alle. Und die Banken wollen ohne Mitleid ihr geliehenes Geld zurück. Mir können die gesetzestreuen, seriösen u. anständigen Vermieter mit der Generalabstrafung durch den Irrsinn der linken Politik nur leid tun. Da gibt es nur eine Lösung: Abwählen!

  11. 11.

    Endlich mal ein Beitrag zu den Medien, die nicht genug kriegen können, Salz in die Wunde zu streuen. Seit einem Jahr fast rund um die Uhr Corona. Als gäbe es nichts anderes mehr. Ich mag nicht mehr Abend für Abend sehen und hören, dass es uns soooo
    schlecht geht. Ich brauch auch keine Impfbilder aus irgendwelchen Altersheimen. Info ja, aber dies Gejammer sollte endlich eingestellt werden. Vielleicht wäre dies ein 1. Schritt in die Normalität.

  12. 10.

    Ich habe noch nie einen so guten und zutreffenden Kommentar wie diesen gelesen. Es ist nicht einfach aber immer wieder das selbe Gejammer nervt noch mehr. Allerdings muss sie nun die Regierung und insbesondere der Senat von Berlin was einfallen lassen und konkrete Vorschläge machen wie es weitergeht.
    Man muss jetzt ganz dringend den Menschen, Kindern und Jugendlichen eine Perspektive geben, ewiger Lockdown kann es ja nun auch nicht sein.

  13. 9.

    Im groß berliner Damm steht seit zwei Jahren ein Bundeshaus leer. Da leuchtet den ganzen Tag das Licht. Eine Schande der vergeudung. Die Reihe ist lang mit solchen Beispielen. Keiner in der Verantwortung und nur Rosinen im Kopf, aber die Leute abziehen

  14. 8.

    Es ist wirklich schlimm. Deutschland einig Jammerland. Egal ob Radio, TV , Zeitungen oder Internet , die Medien überbieten sich mit Elendsberichten und Kommentaren rund um Corona. Sensationsgeil werden immer neue Hiobsbotschaften verkündet.
    Jeder weiß es doch inzwischen das Corona eine schlimme Pandemie ist, es uns alle betrifft, Existenzen bedroht und vernichtet.
    Warum also noch täglich Salz in die Wunden streuen und die miese Stimmung weiter verschlechtern?
    Das was die Medien draus machen hat schlimmere Auswirkungen (auf das Gemüt) als die Pandemie. Information ja, aber warum dann jeden Tag eine Oma aus dem Pflegeheim, einen Kneipenwirt oder , oder , oder sonst wen den es schlecht geht. Motivieren anstatt demotivieren.

  15. 7.

    Die Gewerkschaften gehen leider nicht mit gutem Beispiel voran. ÖTV-Gebäude am Engelbecken stand 20 Jahre leer und wurde dann luxussaniert mit Eigentumswohnungen. Das "(hoch)Haus des Lehrers" am Alex wurde von der GEW verkauft ...
    Ähnlich "mieterfreundlich" wie der Senat seit Jahrzehnten, leider!

  16. 6.

    Die Bundesregierung interessiert sich nur für Vermieter, nicht für Mieter. Wo kommen wir da sonst hin?

  17. 5.

    Und wer sich jetzt, selbst genutztes, Wohneigentum zugelegt hat und Kredite tilgen muss hat auch Probleme. Und wehe wenn die Heizung defekt ist. Da ist dann kein Vermieter nach dem man rufen kann. Aber die Mieter mit ihrer Mietpreisbremse sind ja so schlimm dran.

  18. 4.

    Gute Idee des Vorsitzenden der Gewerkschaft, aber die Umnutzung erfordert auch finanzielle Mittel aus den öffentlichen Haushalten

  19. 3.

    Eine gute Idee Gewerbeimmobilien umzuwandeln, die werden durch den Homeoffice Trend sowieso nie wieder alle benötigt.

  20. 2.

    Genau, und bei Mietendeckel mit Mietsenkung wird der Besitzer von Büroimmobilien natürlich einen Antrag auf Nutzungsänderung zu Wohnen stellen. Süße Vorstellung.
    Im Übrigen ist es doch pure Logik, dass derjenige, der Beschäftigungsverbot u. ä. anordnet, die finanziellen Folgen zu tragen hat (gilt natürlich auch für Ladenschließungen usw.). Da das der Staat/das Land ist, wären natürlich am Ende wieder alle Steuerzahler dran. Ist zwar auch nicht so schön, aber das Abschieben auf Einzelne ist schlimmer (ich besitze übrigens keine zu vermietenden Gewerbe- oder Wohnimmoblilien).

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