rbb|24-Blog | Inflation - Wieso Fisch sich meist weniger verteuert hat als Fleisch

Fisch als kleiner Luxus, das war bisher die Wahrnehmung. Doch inzwischen führt die aktuelle Inflation dazu, dass sich die Preise von Fisch und Fleisch annähern. Allerdings nicht bei allen Produkten. Von Wanda Bleckmann, Sophia Mersmann, Haluka Maier-Borst
Kein Lachs, keine Forelle, kein Hering: nichts aus Meeren oder Flüssen findet sich in den Einkaufskörben unserer drei Einkäufer:innen. Und das ist nicht ganz verwunderlich. Während der Durchschnittsdeutsche 57,3 Kilo Fleisch 2021 verzehrte, waren es beim Fisch 12,7 Kilo. Doch die Inflation könnte das womöglich ändern.
Viele Fleischprodukte sind um 20 Prozent und mehr teurer geworden als noch vor einem Jahr. Hering und Forelle sind dagegen nur von moderaten Preissteigerungen betroffen. Matthias Keller vom Bundesverband der deutschen Fischindustrie erklärt das vor allem damit, dass aus seiner Sicht Fleisch in Deutschland sehr, sehr günstig war: "Darum wirken sich die höheren Preise bei der Energie auch ganz anders aus." Bei Fisch hingegen seien relativ zum Gesamtpreis die Energiepreise ein etwas kleinerer Faktor.
Trotzdem ist es längst nicht so, dass man in der Fischindustrie nicht die Auswirkungen des Jahres 2022 spüren würde. Russische Fischimporte haben es auch ohne Embargo derzeit schwer. Das hatte zur Folge, dass das Angebot an Lachs und Kabeljau deutlich eingeschränkt war.
Und auch die chinesische Null-Covid-Politik hatte einen merkbaren Einfluss auf die Fischindustrie, wie Keller erklärt: "Viel von dem Fisch, der in Fischstäbchen landet, kommt normalerweise aus China. Doch durch die Lockdowns und strengen Regeln gab es teils erhebliche Verspätungen und Ausfälle in den Lieferketten." Die Folge: Die Fischstäbchen sind ein Drittel teurer als vor einem Jahr.
Trotzdem: Im Vergleich dazu ist die Lage in der Fleischwirtschaft deutlich angespannter. Hähnchenbrustfilets sind im Preis um 30 Prozent gestiegen, Hackfleisch ist ähnlich stark betroffen. Ähnliches gilt auch für Wurstwaren. Thomas van Zütphen, Pressesprecher von Vion Foods, ein multinationaler Konzern, der sowohl Fleisch- als auch Fischprodukte herstellt, erklärt die Preisentwicklung mit drei Faktoren.
Viele Konsumenten sparen entweder an der Menge oder der Qualität
Zunächst einmal sei das Futter teurer geworden, weil deutsche Landwirte oftmals Futter selbst herstellen und entsprechend die gestiegenen Kosten von Energie und Dünger direkt zu spüren bekommen. Zudem müsse man beachten, dass zwar Fisch wie Fleisch gekühlt werden müssen, aber dass Fische wechselwarme Tiere sind. "Insofern braucht es massiv mehr Kühlenergie, ein halbes Schwein oder eine Rinderhälfte von der natürlichen Körpertemperatur der Tiere runter zu kühlen als vergleichsweise Sprotten, Heringe oder Makrelen", sagt Zütphen. Und der dritte Grund, das gibt auch Zütphen zu, ist die lange Preiskampfpolitik beim Fleisch.
Auf der ersten Seite der Prospekte in Tageszeitungen habe man von Mai bis September nahezu immer zwei Produktgruppen gefunden: Bier und Fleisch. Die Folge ist, dass Menschen schnell ihre Einkaufsmenge anpassen, sobald es nicht mehr billig ist. Das zeigt eine Erhebung die Vion Foods gemeinsam mit der Gesellschaft für Konsumforschung gemacht hat.
31 Prozent der Befragten gaben an, sie könnten sich ihren gewohnten Fleischkonsum nicht mehr leisten. In einer weiteren Studie aus dem ersten Halbjahr zeigte sich, dass je nach Fleischprodukt zehn bis 20 Prozent weniger verkauft wurde. Nach wie vor sei laut den Erhebungen den Konsumenten zwar die Qualität wichtig. Noch wichtiger sei aber der Preis. Die Folge: Entweder kaufen sie am Ende weniger, oder eben qualitativ schlechteres Fleisch.