Genehmigungsantrag liegt aus - So will Tesla seine Gigafactory umweltverträglich machen

Gaskraftwerk statt nur erneuerbare Energie: In den Unterlagen zur geplanten Tesla-Fabrik in Grünheide stößt der Leser auf manche Überraschung. Tesla bezeichnet das Projekt dennoch als umweltverträglich. Bis März können Bürger Einspruch erheben. Von Andreas Oppermann
Die Zahlen sind gewaltig: 500.000 Autos will Tesla in Grünheide pro Jahr produzieren. Sechs Züge sollen täglich mit Material auf das Gelände in Grünheide fahren. 463 Lkw bringen vom Toilettenpapier bis zu vorgefertigten Teilen täglichen Nachschub. Und sechs volle Züge mit fertigen Elektroautos der Tesla-Modelle 3 und Y sollen das Werksgelände verlassen. Außerdem rechnet Tesla selbst mit 2.828 Fahrzeugen, die pro Schicht Mitarbeiter in die Fabrik bringen - und das dreimal innerhalb von 24 Stunden.
Das sind die Zahlen, die Tesla im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zur öffentlichen Stellungnahme eingereicht hat und die seit Montag öffentlich ausliegen. Sie beziehen sich auf die volle Ausbaustufe der Fabrik. Zunächst soll aber nur für ein gutes Drittel Kapazität aufgebaut werden. Doch auch dies hat schon Auswirkungen auf Natur, Umgebung und Menschen.
Und aus den Unterlagen gehen Planungen hervor, die bislang anders kommuniziert wurden: Für die geplante Gießerei wird laut Tesla Wärme benötigt, die von einem eigenen Gaskraftwerk auf dem Fabrikgelände produziert werden soll. Bislang hieß es, dass die geplante Autofabrik ausschließlich mit Erneuerbarer Energie betrieben werden könnte.

Viel Holz, wenig Wert
Die Umweltverträglichkeit der Fabrik schätzt Tesla in den Unterlagen dennoch hoch ein: Für die erste Ausbauphase sollen bis zum 27. Februar 2020 gut 90 Hektar Wald gerodet werden. Sollte Tesla in Europa tatsächlich so viele Autos verkaufen, dass der Ausbau bis auf 500.000 Fahrzeuge nötig wird, dann müssen auf 154 Hektar die Bäume fallen. Der enge Zeitrahmen ist wegen des Vegetationbeginns nötig. Das heißt aber auch, dass die Waldfläche beim Grünheider Ortsteil Freienbrink schon gefällt sein muss, bevor die Einspruchsfrist der ausgelegten Genehmigungsunterlagen am 5. März abgelaufen ist.
Der Wert des Waldes wird im Gutachten zur Umweltverträglichkeit als gering eingestuft. Lediglich einige Moose in dem Kiefernbestand gelten als schützenswert. Außerdem wird vermutet, dass in einigen hohlen Stämmen Fledermäuse überwintern könnten. Diese müssen vor der Rodung geborgen werden. Als schützenswerte Tiere werden zudem Eidechsen, Waldameisen und eventuell der Wolf eingeschätzt. Letzterer soll durch Hunde vergrämt werden. Eidechsen und Waldameisenhügel sollen ab April geborgen werden.
Das geplante Tesla-Gelände in Grünheide

Im Wasserschutzgebiet
Problematischer ist der Eingriff der Fabrik für den Gewässerschutz. Im Bericht heißt es dazu: "Auf Grund der partiellen Lage innerhalb eines Wasserschutzgebietes kann die Empfindlichkeit als hoch eingestuft werden." Das bezieht sich auf das "Wasserschutzgebiet Erkner, Wasserfassungen Neu Zittauer und Hohenbinder Straße".
Allerdings ist Tesla davon überzeugt, dass sich die Probleme bautechnisch lösen lassen. In der Tat sieht die Bauordnung spezielle Schutzmaßnahmen vor, die von Tesla ebenfalls geplant werden. Generell wird die Belastung für Mensch und Umwelt vor allem in der Bauphase als höher bewertet als während des laufenden Betriebs. Wenn die Fabrik fertig ist, sollen die geforderten emmissionsrechtlichen Vorkehrungen getroffen sein.
Keine direkten Nachbarn
In den Unterlagen wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Fläche als Gewerbegebiet vorgehalten wird. Die Auswirkungen auf die Umgebung werden als gering eingestuft. Das hängt vor allem mit der Lage zusammen: Auf der Fläche sind keine schützenswerten Biotope. Das nächste ist ein Pfeifengras-Kiefern-Moorwald, 340 Meter nordöstlich des Areals.
Noch weiter entfernt sind Wohnbebauungen: 790 Meter nödlich des Geländes steht im Ortsteil Fangschleuse das nächste Wohnhaus. Zum Schulzentrum Grünheides sind es 1.100 Meter und zur Rehaklinik fast 1.900 Meter. Aus diesem Grund werden die Faktoren Lärm, Geruch, chemische Emmissionen oder elektromagnetische Strahlung als unproblematisch eingestuft.
Für die Bevölkerung wird es deshalb vor allem um die Auswirkungen der Ansiedlung auf die gesamte Region gehen: Welcher Verkehr entsteht? Wo sollen all die Autos langfahren? Was ist mit zusätzlicher Wohnbebauung? Auch Naturschützer aus der Region haben bei ihren Bedenken vor allem die weiteren Auswirkungen im Blick.