Gespräche über Übernahme - Rheinsberg verhandelt mit Kreis über Finanzierung des Tucholsky-Museums

Mi 31.01.24 | 07:21 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
Archivbild: Die Parkseite von Schloss Rheinsberg mit dem Kurt Tucholsky Literaturmuseum spiegelt sich in dem vom Grienericksee gespeisten Wasser des Schlossgrabens. (Quelle: dpa/Stache)
Antenne Brandneburg | 31.01.2024 | Björn Haase-Wendt | Bild: dpa/Stache

Das Tucholsky-Literaturmuseum steht auf einer Liste bedrohter Kultureinrichtungen. Denn Rheinsberg muss sparen und will die Museums- mit der Tourismusleitung zusammenlegen. Jetzt verhandeln Stadt und Kreis zu einer möglichen Übernahme. Von Björn Haase-Wendt

Kurt Tucholsky hat vor über 110 Jahren der Stadt Rheinsberg mit seiner Erzählung "Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte" ein Denkmal gesetzt. Noch heute zieht es viele Besucher auch wegen Tucholskys in die malerische Stadt am Grienericksee. Doch wie steht es um die Zukunft des dortigen einmaligen Kurt Tucholsky Literaturmuseums? Die Stadt will die Stelle des wissenschaftlichen Leiters mit der Tourismusleitung Rheinsberg aus Kostengründen zusammenlegen, aber so weit soll es nicht kommen.

Deutscher Kulturrat alarmiert

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin hat angeboten, das Museum samt Leitung zum 1. April dieses Jahres zu übernehmen. Anlass sind für Rheinsberg notwendige Sparmaßnahmen aufgrund klammer Kassen. In den nächsten Jahren will die Stadt ihre Grund- und Oberschule zu einem Bildungscampus umbauen und ist dabei auf Kredite angewiesen. Doch Rheinsberg ist so klamm, dass die Stadt bisher als nicht kreditwürdig eingestuft wird.

Im Herbst vergangenen Jahres gingen Stadt und Stadtverordnete auf die Suche nach Sparmöglichkeiten. Ein Punkt: das Tucholsky-Literaturmuseum. Nach Stadtangaben sorgt es für ein jährliches Defizit von rund 250.000 Euro. Die Idee: Durch die Zusammenlegung von Museums- und Tourismusleitung könnten sich Synergien und Einsparmöglichkeiten von 80.000 Euro ergeben. Die Pläne hatten für einen bundesweiten Aufschrei in der Kulturszene gesorgt. So hatte der Deutsche Kulturrat nach Bekanntwerden das Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum auf die Rote Liste bedrohter Kultureinrichtungen gesetzt.

Nun will also der Landkreis einspringen, doch die Vorzeichen stehen auf harte Verhandlungen. Schon vorab gibt es Diskussionen - etwa am Teilnehmerkreis bestehend aus dem Bürgermeister, mehreren Vertretern der Kreisverwaltung und Beteiligten aus dem Brandenburger Kulturministerium sowie des Museumsverbandes. Zu viel für Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler): "Ein Modell mit über zehn Leuten, das ist aus meiner Sicht nicht wirklich effektiv und erschwert auch die Lösungssuche", sagt er dem rbb.

"Was ist an diesem Angebot eigentlich attraktiv?"

Und auch das Übernahmeangebot des Landkreises selbst löst beim Bürgermeister keine Begeisterung aus. Der Landkreis äußert sich zu konkreten Zahlen bislang nicht. Ein Sprecher teilt aber mit: "Es wird ein angemessenes finanzielles Engagement der Stadt erwartet." Bürgermeister Schwochow wird hingegen konkreter. Mit der Übernahme des Museums durch den Landkreis sei nur eine Kostenübernahme von 80.000 Euro für die Museumsleiterstelle und künftige Personalkostensteigerungen verbunden. "Im Grunde gesagt: Wir sollen weiterbezahlen, der Landkreis will die Trägerschaft übernehmen. Da stellt sich immer wieder die Frage, was ist an diesem Angebot eigentlich attraktiv", sagt Schwochow. Denn Rheinsberg müsste weiterhin 170.000 Euro jährlich aufbringen, wie bei der geplanten Zusammenlegung der Museums- und Tourismusleitung.

Dass dabei die wissenschaftliche Arbeit und Forschung ins Hintertreffen gerät – wie von Bundes- und Landespolitik befürchtet – sieht der Bürgermeister hingegen nicht. Denn einen wissenschaftlichen Mitarbeiter werde es auch künftig geben. "Die Stelle war ausgeschrieben, aktuell finden die Bewerbungsgespräche statt und die Stelle wird auch immer wieder besetzt sein", erklärt Schwochow.

Auch sei unklar, wie es mit den anderen Aufgaben des Museumsleiters, wie der Verantwortung für die beiden jährlichen Stadtschreiber-Residenzen, das kleine Alfred Wegener Museum in Zechlinerhütte oder dem Sommertheater in Landkreishand weitergehen würde. "Wenn das nicht mehr mitverwaltet wird, müssten wir wieder neues Personal einstellen – das ist ja auch wieder eine Kostenfrage. Wir müssen also am Ende Kosten und Nutzen in Verhältnis stellen", sagt Schwochow. Ein weiterer Knackpunkt bei den Verhandlungen ist der Umgang mit der umfangreichen Sammlung des Literaturmuseums, also der Frage, ob sie Eigentum der Stadt bleibt oder mit an den Landkreis übergeht.

"Die Stadt soll das Angebot annehmen"

Frank-Rudi Schwochow geht deshalb nicht von einer schnellen Einigung aus. Dabei drängt die Zeit. Zum einen haben die Rheinsberger Stadtverordneten die Sparmaßnahmen, also auch die Zusammenlegung der Museums- mit der Tourismusleitung, nur bis zum April ausgesetzt. Zum anderen geht der bisherige Museumsleiter, Peter Böthig, Ende März in den Ruhestand. Auch wenn er bereit wäre, etwas zu verlängern, bis eine Nachfolge und der Übergang geklärt sind, muss ziemlich zeitnah feststehen, wohin die Reise geht.

Für Bundes-Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis90/Grüne), die die anstehenden Verhandlungen laut einem Sprecher sehr genau verfolgt, gibt es nur eine Lösung: Die Stadt Rheinsberg solle das Angebot des Landkreises annehmen. Schließlich habe sich Tucholsky mit spitzer Feder und viel bissigem Humor für eine demokratische Gesellschaft eingesetzt und sei Nationalismus, Militarismus und Faschismus mutig entgegengetreten. "Die Beschäftigung mit seinem Leben und Wirken brauchen wir gerade in diesen Zeiten, in denen unser demokratisches Gesellschaftsmodell erneut von Demokratiefeinden bedroht wird, ganz besonders", so Roth in einer Stellungnahme.

Stärkere Förderungen durch Land und Bund?

Aber wären denn Bund und Land bereit, das Museum auch stärker finanziell zu unterstützen, damit es in ruhiges Fahrwasser kommt? Bisher wird der Museumsbetrieb jährlich vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin mit 15.000 Euro und vom Land Brandenburg mit 65.000 Euro unterstützt. Der Bund hat seit 2010 Fördergelder von rund 76.000 Euro bereitgestellt, wie ein Sprecher der Kulturstaatsministerin mitteilte.

Dabei ging es unter anderem um Projektförderungen wie die Renovierung der Dauerausstellung des Museums. Der Bund schließt weitere gezielte Projektförderungen nicht aus, sofern Haushaltsmittel verfügbar sind. Und das Land? "Das Ministerium äußert sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht", teilte eine Sprecherin des Brandenburger Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur auf eine rbb-Anfrage mit.

Sendung: Antenne Brandenburg, 31.01.2024, 16 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

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