Perleberg - Späti-Automaten sollen Kleinstädter auch nachts versorgen

So 14.01.24 | 16:28 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Statt Leerstand gibt´s nun den Perleberger Spätkauf. (Quelle: Quelle: rbb/Haase-Wendt)
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Audio: rbb24 Brandenburg Aktuell | 16.01.2024 | Franziska Tenner | Bild: rbb/Haase-Wendt

Abends Snacks oder Getränke schnell vom Späti holen? In Berlin ist das kein Problem. In den Brandenburger Kleinstädten sieht das anders aus. Dort gibt es spätabends oder sonntags kaum eine Nahversorgung. In Perleberg ändert das ein Automaten-Späti nun. Von Björn Haase-Wendt

Was tun, wenn abends auf der Couch bei ein guter Film kommt die Heißhunger-Attacke oder spontan kündigen sich Freunde an - aber die Schränke sind leer? Snacks, etwas Schokolade und ein paar kühle Getränke müssen her. In der Großstadt ist das kein Problem, der nächste Späti ist um die Ecke. In einer Brandenburger Kleinstadt wie Perleberg sieht es da schon schlechter aus. Selbst die Tankstellen haben hier nachts geschlossen. In Perleberg gibt es nun die Lösung: den Automaten-Späti. Drei Prignitzer Jungunternehmer haben das Projekt gestartet und wollen mehr als nur den schnellen Snack anbieten.

Nahversorgung fehlte in Innenstadt

Bei der Stadtverwaltung rennen Jonas Wieck, Jannis Hoffmann und Max Penkuhn offene Türen ein. Denn schon seit längerem ist die Nahversorgung in den sogenannten Randzeiten in der Innenstadt ein Problem. "Wir haben die Perleberger und Perlebergerinnen gefragt, was sie sich für die Innenstadt wünschen. Ein Wunsch war immer wieder, dass Lebens- und Genussmittel angeboten werden", erklärt Leerstandsmanager Jens Knauer vom Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz.

Mehrere Monate habe man gesucht - allerdings zunächst ohne Erfolg. Gespräche mit großen Supermarktketten über die Schaffung eines kleinen Kiezmarktes fruchteten nicht, weil die Räume den Anbietern nicht groß genug waren und zu wenig Kundschaft befürchtet wurde. Sie setzen eher auf größere Märkte am Rande der Altstadt, sagt Knauer.

Leerstandsmanager Jens Knauer ist vom Konzept des Automaten-Spätis überzeugt. (Quelle: Quelle: rbb/Haase-Wendt)
Leerstandsmanager Jens Knauer ist vom Konzept des Automaten-Spätis überzeugt. | Bild: rbb/Haase-Wendt

Snacks, Getränke und regionale Produkte

Das Konzept der drei Jungunternehmer passt hingegen. "Wir haben in Wittenberge schon einen Standort mit einem Automaten, hier ist es nun ein vollständiger Laden", erklärt Mitgründer Jannis Hoffmann. In dem leerstehenden Geschäft in der Puschkinstraße – gegenüber vom Gymnasium - stehen vier Verkaufsautomaten, die ohne Personal auskommen. Dort gibt es rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, Softdrinks, Bier, Kaffee, Snacks und Sandwiches – aber eben auch mehr: Dinge des täglichen Bedarfs von Pflaster über Duschgel bis zu Hygieneartikeln.

Ein zweiter Schwerpunkt soll auf regionalen Angeboten liegen. "Das ist uns sehr wichtig. So dass jeder regionale Produzent die Möglichkeit hat, neue Vertriebswege zu erschließen ohne viel Risiko", sagt Jannis Hoffmann. Erste Produzenten sind schon dabei, wie der Perleberger Senf oder das Prignitzer Trockenfleisch. Ein italienisches Restaurant aus Perleberg will selbst hergestellte Panini anbieten, und es gebe Gespräche mit regionalen Bäckern und Fleischereien. Für den Perleberger Leerstandsmanager Jens Knauer kann die Regionalität eine Chance sein: "Heute müssen sich die Kunden oftmals die regionalen Produkte mühsam in der Prignitz zusammensuchen. Hier kann man es konzentrieren und auch den Touristen am Wochenende anbieten."

Das Team hofft, dass der Automaten-Späti auch neue Kunden in die Innenstadt zieht. (Quelle: Quelle: rbb/Haase-Wendt)
Die Automaten bieten Snacks, Getränke aber auch regionale Produkte an. | Bild: rbb/Haase-Wendt

Unterstützung für Gründer

Die Stadt unterstützt das Vorhaben über das Bundesförderprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren". Bis August 2025 müssen die Jungunternehmer für das Geschäft nur einen Euro pro Quadratmeter und die anfallenden Nebenkosten zahlen. So könnten sich die Neuunternehmer etablieren, sagt Perlebergs Bürgermeister Axel Schmidt. "Es ist natürlich auch ein Test, Personalkostenarm etwas für die Bevölkerung anzubieten, und auf der anderen Seite ein Test, wie wir Belebung in die Stadt bekommen". Denn die Hoffnung sei auch, dass junge Menschen die Innenstadt wieder für sich entdecken und so in dem ein oder anderen Geschäft vorbeischauen.

Das Konzept kommt an

Der Zuspruch ist am ersten Tag jedenfalls vorhanden. Etwa von Jonas aus Birkholz bei Karstädt. Er kennt die Automaten schon aus Wittenberge. Das es nun ein ganzes Geschäft mit größerer Auswahl gibt, findet er gut: "Abends, wenn nichts mehr aufhat kann man noch was kaufen und es ist auch nicht so teuer, wie an der Tankstelle, die Jugend ist hier schon viel unterwegs."

Aber auch ältere Perleberger finden den Automaten-Spätkauf keine schlechte Idee und haben Ideen für die Sortimentserweiterung: "Wenn ich abends feststelle, ach wir haben keine Butter im Haus, dann könnte man sich hier ein kleines Stück holen oder ein Tütchen Zucker", sagt Birgit Sturm. Ihr Mann Peter fügt hinzu: "Wenn schon Leberwurst hier drin ist, dann gehört auch Brot dazu. Für spontane Dinge ist das doch wunderbar."

Das Interesse am Automaten-Späti ist also vorhanden – und vielleicht schließt das Konzept eine Lücke, wo die klassischen Supermärkte kein Angebot schaffen wollen.

Sendung: rbb24 Brandenburg AKtuell, 16.01.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

28 Kommentare

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  1. 28.

    Ich verstehe die Aufregung einiger Kommentatoren hier nicht. Wer den Automaten nicht nutzen will, braucht es doch nicht zu tun. Es ist doch die persönliche Angelegenheit jedes Einzelnen, ob ich eine gewisse Vorratshaltung betreibe oder lieber spät nochmal losgehe, weil die Chips alle sind. Die Automaten verlangen weder Nacht- noch Sonntagszuschläge, sie haben keine Kinder oder Familie, um die sie sich kümmern müssen, sie können tagsüber zu normalen Arbeitszeiten bestückt werden. Insofern finde ich sie besser als vom Management angeordnete Spät- oder Sonntagsarbeitszeit für Verkäufer.

  2. 27.

    "Oma Erna" in Perleberg geht bei festgestelltem Mangel an zwei Eiern abends nicht einkaufen, die geht zur Nachbarin oder vielleicht sogar in den Hühnerstall.

  3. 26.

    Sorry, ich verstehe es nicht ...
    Solch ein Projekt wird über das Bundesförderprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" 1,5 Jahre kräftig finanziert?
    Stehe diese Automaten nicht auf jedem Bahnhof - nur anders bestückt?

  4. 25.

    Die "Späti-Maten" sind keine Lösung für das im Artikel bestehende Problem. Chipstüten und Softdrinkdosen gibt es auch an anderer Stelle noch zu später Stunde. Was das Konzept überhaupt nicht abbilden kann, sind regionale Produkte, unverpackte Ware, Mehrwegverpackungen, Zerbrechliches oder verderbliche Ware. In Hessen gab es Läden ohne Personal, deren Geschäft kürzlich vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof untersagt wurde. Solche Läden wären für Städte wie Perleberg eine Lösung, aber doch nicht solche Automatenaufsteller, für die der RBB hier unfreiwillig Werbung macht. Für die vielzitierte "Oma Erna" ohne Auto, schnelle Bedarfe am Abend oder Wochenende (zwei Eier zu wenig im Haus) und ähnliche Lebenslagen sind die Automaten leider keine Lösung und können es auch nicht werden. Die drei Jungs bestücken jetzt zwei Automatenstandorte - sollen sie sich doch im Laden hinter die Theke stellen mit einem breiteren Sortiment!

  5. 24.

    also damals wars noch nach dem Kaiser (dem Echten, nicht dem Franzl) nahm Frau (heute auch Mann) einen Zettel von der Küchenwand. Auf dem stand das notierte - 1. Punkt lautete - Einkaufsliste nicht vergessen 2. Rest der Familie befragen ob noch was fehlt bei den Punkten - heute dachte ich tippt frau das ins HÄNDI ein und zieht los u. dann meldet sich auch noch der smarte Kühlschrank per App, weil die Frau o. der Mann gerade vor zyx steht .... - wie kann das was vergessen werden ;-)

  6. 23.

    Werde diese Möglich wohl durchaus nutzen. Es passiert mir zu oft das ich beim Supermarkt-Einkauf nicht an alles denke.
    Finde es eine gute Idee!

  7. 22.

    Unnötig und überflüssig. Otto-Normal-VerbraucherInnen werden dort, wenn überhaupt, nur in Ausnahmesituationen etwas besorgen. Nur rechtfertigt das eben nicht das Aufstellen solcher Automaten. Da werden dann diejenigen "einkaufen", die sich tagsüber nicht organisieren können und am Abend ihre Chips und Knabbereien brauchen. Na dann ist ja alles gut!

  8. 21.

    aber atmen können Sie noch alleine, kommen die auch zum Dose öffnen? ;) ick bin oldschooled - ick esse wat ick habe und gehe am Montag - wa, und steh vor leere Rejala weil KI und App uff Montagsstromausfall ;-)

  9. 20.

    Dann stehen einige aber vor der Frage Absolution oder Absynth - auch keine Lösung.

  10. 19.

    Finde das Angebot schon ganz in Ordnung. Manchmal kommt dann doch urplötzlich
    das Verlangen nach bspw. Süßwaren, mit den man beim regulärem Einkauf nicht gerechnet hat.
    Dann schnell um die Ecke laufen und ein Snack besorgen ist schon was Feines.

  11. 18.

    Ein neuer und doch ein alter krimineller Raub und Diebstahl mit Beschädigung wird damit wieder zum Leben erweckt. Es ist schon lange her, dass Lebensmittel, Süßigkeiten und Geschmackslüste angeboten wurde. Mit der Zeit wurde ein Automat nach dem anderen abgebaut, ebenfalls die mit Zigaretten bestückt, auch wegen Randalismus. Ist jeder schwanger, um spät am Abend noch Lust auf einen bestimmten Artikel zuhaben?
    Jeder hat auf was anderes Lust, wie groß müssen die Automaten sein um jeden damit zufrieden zu stellen?
    Diesen Automaten gebe ich keine lange Lebenszeit. Es ist wie bei der Mode, was vor Jahrzehnten out war, wird jetzt als modern getragen. Die Jungunternehmer werden lernen müssen, dass diese alte kopierte Idee nicht auf Dauer kostenfrei funktionieren wird. Ohne Personal? Viel Glück!

  12. 17.

    Dann kann man dort auch anders machen. Zusatzschild,ausserhalb des Ladenschlussgesetzes nur für Heiden geöffnet.
    Problem gelöst.

  13. 16.

    Das mit speziellen Verkaufsautomaten ist zwar eine gute Idee. Aber das Problem liegt im Vandalismus. Die Kosten zur Reparatur oder Ersatz des stark beschädigten Automaten werden um einiges höher liegen. Dementsprechend werden einige versuchen, mit allen Mitteln an die Geldkassette zu kommen. Siehe Fahrscheinautomaten.

  14. 15.

    Gut. Frage: Wer von den älteren Herrschaften würde denn den Späti aufsuchen und warum haben Ältere tagsüber keine Zeit? Selbst wenn die Einkaufsmöglichkeiten weiter weg sind, gibt es in diesen Gegenden doch sicher tagsüber mehr ÖPNV als am späten Abend. Ob es geldwert wäre, bezweifle ich, es ist teurer. Ich glaube, da kann man von den Landeiern was lernen. Die organisieren sich mit Nachbarn, fahren mit oder lassen sich ihre Einkäufe mitbringen. Allerdings kennt da auch jeder jeden, anders als in Berlin.

  15. 14.

    Man sollte überall mehr auf autonom fahrende kleine Supermärkte setzen. Sind in Asien heute schon oft zu sehen. Werden per APP gerufen. Fest verwurzelt Shops sind outdated.

  16. 13.

    Das stimmt, aber die arbeiten auch nicht rund um die Uhr.
    Es gibt soviel Marktforschung. Ich sehe eher, dass insbesondere im ländlichen Raum Supermärkte statt um 6 erst um 7 öffnen und statt um 22 schon um 20 Uhr schließen. Das hat mit Kundenverhalten zu tun aber auch mit der Anlieferung
    von Ware.

  17. 12.

    Wahren Bier und Chips alle....ab an die Tanke. Machen wir heute noch so.

  18. 11.

    Sehr guter Kommentar!!
    Selbst in dem hoch gelobten Berlin soll es Gegende, gar OT geben, wo auch früheres Einkaufengehen nichts bringt, weil es keine Einkaufsmöglichkeiten gibt.
    Schön, wenn man so unwissend ist ! Und ausgerechnet da wohnen viele ältere Menschen. Schön, wenn man so unwissend ist !
    Für uns wäre solch Teil geldwert. Am besten gleich noch Arztpraxen, Apotheken, pp. mit dran.

  19. 10.

    Statt Späti-Automaten aufzustellen, wäre es erstmal wichtiger, dafür zu sorgen, dass die Bewohner von Kleinstädten und Dörfern überhaupt noch Zugang zu Produkten der Grundversorgung erhalten, ohne dabei auf eigene Autos oder all zu seltene Verbindungen des ÖPNV angewiesen zu sein.
    Wie viele "Tante Emma"-Läden oder ehemalige HO-Verkaufsstellen wurden in der Fläche in den letzten Jahren mangels Rentabilität geschlossen?
    Dort wäre das Einkaufen "nach Feierabend" reiner Luxus, man würde sich freuen, wenn man überhaupt im Ort etwas kaufen könnte!

  20. 9.

    Und wenn man das nicht kann? Hier kann man ja nicht einmal 24/7 einkaufen. Ein Armutszeugnis.

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