90 Prozent weniger CO2 bis 2040 - Potsdam-Institut für Klimaforschung zweifelt am Erreichen des EU-Klimaziels

Mi 07.02.24 | 11:58 Uhr
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Archivbild: Der Windpark und Solarpark in Schipkau von oben am 16.03.2023 in der Lausitz. (Quelle: Picture Alliance / Sylvio Dittrich)
Beitrag: radio eins | Bild: Picture Alliance / Sylvio Dittrich

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bezweifelt, dass die Europäische Union bis 2040 ihr Klimaziel erreicht.

Am Dienstag hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, dass bis dahin 90 Prozent weniger CO2 ausgestoßen werden soll als 1990. Erarbeitet wurde dieses Zwischenziel vom europäischen wissenschaftlichen Beirat zum Klimawandel. Dessen Vorsitzender, Ottmar Edenhofer, ist Direktor des Potsdamer Instituts. Er sagte gegenüber radio eins vom rbb: "Mit den gegebenen Politiken der Mitgliedsstaaten in der EU und dem, was jetzt auf den Tisch liegt, werden wir das Ziel für 2040 und 2050 nicht erreichen."

Als ein zentrales Problem dafür benennt Edenhofer die Landwirtschaft. "In der EU werden die Emissionen aus der Landwirtschaft nicht reguliert und bepreist. So verharren die Emissionen auf einem stabilen Niveau. Wenn die nicht sinken werden, werden wir das 90-Prozent-Ziel nicht erreichen", so Edenhofer.

Speicherung von Kohlendioxid umstritten

Um die Emissionen zu senken, soll laut EU-Kommissionsvorschlag auch die umstrittene Speicherung von Kohlendioxid im Erd- oder Meeresboden zum Einsatz kommen. Sie sei demnach eine Lösung für die Schwerindustrie, wo Emissionen nicht vollständig beseitigt werden könnten. Dazu gehöre etwa die Zementherstellung oder die Abfallindustrie.

Unter Umweltschützern und Wissenschaftlern ist die CO2-Speicherung umstritten. Dafür wird CO2 verflüssigt und etwa in Gesteinsschichten gepresst. Dies ist sehr energieintensiv, außerdem besteht die Gefahr durch undichte Lagerstätten.

Ottmar Edenhofer verteidigt jedoch den Kommissions-Vorstoß: "Die CO2-Speicherung ist unausweichlich, wir brauchen die Technologie", sagt er. Es sei aber falsch, sich ausschließlich und dominant darauf zu verlassen, da das Verfahren noch nicht marktreif sei. Aber da man Zementemissionen nicht auf Null bringen könne, sei die Speicherung wichtig. Für das Verbrennen von Kohle zur Ernergieerzeugung tauge das Verfahren hingegen nicht.

Umweltorganisationen bemängeln fehlenden Ehrgeiz

Der eigentliche Gesetzentwurf wird erst nach den Europawahlen erwartet, die in Deutschland am 9. Juni angesetzt sind. Die Kommissionsvorschläge sind eine erste Diskussionsgrundlage für die Mitgliedsländer und das Europaparlament. Damit könne die Europäische Union ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen erfüllen, erklärte die Kommission.

Das sieht die Umweltorganisation WWF anders: Die EU zeige "zu wenig Ehrgeiz". Mit den Vorschlägen könne der Anstieg der Erderwärmung nicht wie geplant auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden. Greenpeace bemängelte fehlende Zieldaten zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Erdgas. Diese fossilen Energieträger stünden immer noch für 75 Prozent der Treibhausgase in der EU, erklärte die Organisation.

Sendung: radio eins, 07.02.2024, 07:40 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Ich zweifle an den „Informationen“, die das PIK veröffentlicht - und zwar stark.

  2. 5.

    Ich zweifle von Anfang an am Erreichen des EU-Klimaziels. Allerdings auch an deren Sinnhaftigkeit.

  3. 4.

    So sehe ich die „Unverschämtheiten“ nach mehr Steuern auch. Der Gedanke, dass Politik nichts gegen Obdachlosigkeit machen kann, aber das Erdklima beeinflussen kann (wenn mehr Steuern erhoben werden) klingt wie?
    Versprochen war ein Klimageld aus billiger werdenden EE. Erfolg ist die ausreichende Menge zu geringeren Preisen. Das allein entscheidet über Erfolg/Misserfolg.

  4. 3.

    ""In der EU werden die Emissionen aus der Landwirtschaft nicht reguliert und bepreist." Würde vorraussetzen, daß man diese Emissionen auch genau messen und einem exakten Erzeuger trennscharf zuordnen kann. Geht das überhaupt? Was sind denn die Hauptemissionsquellen in der Landwirtschaft, die es betreffen würde? Bei Ställen in der Tierproduktion kann mir die Meßaufgabe noch halbwegs vorstellen aber wie ist das in der Pflanzenproduktion?

  5. 2.

    Ich lese immer nur Forderungen nach höherer Bepreisung.
    Eine soziale Abfederung für die Bürgerinnen und Bürger ist offensichtlich nicht so wichtig.

  6. 1.

    Ich habe noch nie daran gezweifelt das es reale Ziele waren bzw. sind. Alle Umweltverbände kritisieren nur. Reelle machbare, bezahlbare Vorschläge haben sie aber nicht. Das CCS Verfahren zur Abspaltung von CO² wurde in Schwarze Pumpe entwickelt und zur Serienreife gebracht und Dank einer unfähigen Politik zur Einigung der Speicherorte in D nach Kanada verkauft und läuft dort hervorragend. Welche Emmissionen aus der Landwirtschaft meint Herr Edenhofer? Er möchte so lese ich aus dem Text noch n bischen Geld aus den Landwirten pressen. Desweiteren passt es gerade ins Bild in D Atomkraft zu verteufeln und die Kohle weiter laufen zu lassen. Solange sich nur Europa Klimaziele setzt und der Rest der Welt sich um nichts schert ist eh alles vergebene Liebesmühe.

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