Brandenburger Familienbericht - Ostdeutsche Mütter arbeiten doppelt so häufig in Vollzeit wie westdeutsche Mütter

Do 16.05.24 | 17:14 Uhr
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Symbolbild:Eine Mutter hält ihre Tochter auf dem Arm bei einer Essensaususgabestelle.(Quelle:picture alliance/dpa/S.Gollnow)
Video: rbb24 Brandeburg aktuell| 16.05.2024 | Jana Wochnik | Bild: picture alliance/dpa/S.Gollnow

Das Brandenburger Sozialministerium hat erheben lassen, wie es Familien geht. Ein Ergebnis des "Familienberichts": Alleinerziehende und Familien mit Migrationshintergrund sind besonders armutsgefährdet. Von Amelie Ernst

  • In Brandenburg arbeiten 44 Prozent der Mütter in Teilzeit, im Bundesvergleich die niedrigste Quote
  • Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund sowie kinderreiche Familien sind besonders armutsgefährdet
  • Trend geht zum Homeoffice
  • Zeit für Familie, aber wenig für den Partner oder sich selbst
  • "Familienbericht" soll Grundlage sein für familienpolitische Maßnahmen

Einige Ergebnisse der Untersuchung überraschen, andere wiederum waren so oder ähnlich zu erwarten: Wer viele Kinder hat und/oder alleinerziehend ist, der hat es auch in Brandenburg tendenziell schwerer: Fast die Hälfte der Alleinerziehenden muss mit weniger als 1.500 Euro im Monat wirtschaften. Bei den Paarfamilien sind es nur 17 Prozent. Dies geht aus dem "Familienbericht" des Brandenburger Sozialministeriums hervor.

Dabei sorgt ein gutes Bildungsniveau nicht automatisch für ein besseres Einkommen: Obwohl mehr als die Hälfte (54 Prozent) der befragten Eltern hochqualifiziert ist und weitere 43 Prozent einen mittleren Bildungsabschluss vorweisen können, muss ein Viertel von ihnen ebenfalls mit 1.500 Euro oder weniger im Monat auskommen. Selbst wenn ein oder beide Elternteile in Vollzeit arbeiten. Nur knapp 16 Prozent der Familien verfügen über ein Haushaltsäquivalenzeinkommen von 3.000 Euro oder mehr.

Knapp jede zweite Mutter arbeitet in Teilzeit

19.000 Haushalte haben die Forschenden des Instituts für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung der Uni Potsdam (IFK) für die Untersuchung kontaktiert – rund 4.700 von ihnen haben an der Befragung teilgenommen. Mit dem Bericht und der Einrichtung eines Familienbeirats im Juni 2021 setzt das Sozialministerium ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um.

Die Erwerbstätigenquote von Eltern ist in Brandenburg nach wie vor überdurchschnittlich hoch (knapp 77,9 Prozent). Auch insgesamt arbeiten ostdeutsche Mütter laut Familienbericht doppelt so häufig in Vollzeit wie westdeutsche Mütter. Mit 44 Prozent ist die Teilzeitquote bei Müttern in Brandenburg sogar niedriger als in jedem anderen Bundesland. Viel hängt dabei allerdings vom Alter der Kinder ab: Sobald diese das Schulalter erreicht haben, arbeitet ein Drittel der Mütter wieder in Vollzeit. Die Teilzeitquote der Väter liegt wiederum auch in Brandenburg deutlich unter der Mütter: Bei 9 Prozent.

Der Trend geht auch in Brandenburg zum Homeoffice, bleibt aber zwiespältig: Zwar gibt rund die Hälfte der befragten Eltern an, dass sich ihre berufliche Tätigkeit dafür eignet – und immer mehr von ihnen nutzen dies auch. Allerdings gilt das überwiegend für Eltern mit einem höheren Bildungsniveau: Diejenigen ohne höheren Schulabschluss arbeiten eher in Bereichen, die sich nicht für’s Homeoffice eignen (Industrie, Dienstleistungen u.a.). Auch Mütter, Alleinerziehende und Eltern aus Patchwork-Familien nehmen das Angebot, zu Hause zu arbeiten, seltener in Anspruch.

Familien mit Migrationsgeschichte besonders armutsgefährdet

Bei der Aufteilung der Sorgearbeit sieht es in Brandenburg nicht viel anders aus als in anderen ostdeutschen Bundesländern: Die Hälfte der Paarfamilien teilt sich die Betreuung der Kinder gleichmäßig auf; in der anderen Hälfte kümmert sich die Mutter allein. Die Hausarbeit erledigt etwa jede zweite Mutter überwiegend allein, in ländlichen Regionen sind es etwas mehr.

Überhaupt scheint auch der Wohnort bei der Frage, wie es einer Familie in Brandenburg geht, eine Rolle zu spielen : So ist das Armutsrisiko laut der Studie in berlinfernen Regionen deutlich höher als im direkten Berliner Umland. Kommen dann noch die bekannten Armuts-Faktoren (alleinerziehend, Migrationshintergrund, drei oder mehr Kinder) hinzu, steigt das Risiko, auf staatliche Leistungen angewiesen zu sein, deutlich. Dabei sind Familien mit Migrationshintergrund mit einer Armutsgefährdungsquote von rund 38 Prozent am stärksten von Armut betroffen.

Allerdings sind Kinder und Jugendliche in Brandenburg weniger armutsgefährdet als in den meisten anderen Bundesländern: Auf 14,8 Prozent trifft das laut Familienbericht zu – nur in Bayern (12,8 Prozent) und in Baden-Württemberg (14,1 Prozent) ist die Quote geringer.

Zu wenig Zeit für den Partner

Doch nicht nur Arbeitszeit und Einkommen bestimmen das Leben von Brandenburger Familien: Im Schnitt bleiben ihnen 8,6 Stunden pro Woche für gemeinsame Freizeitaktivitäten; am Wochenende immerhin 12,1 Stunden. Anders sieht es aus bei der Zeit für den Partner oder die Partnerin: 40 Prozent der Eltern gaben an, während der Woche gar keine Zeit mit dem/der Partner/in zu verbringen. Auch am Wochenende bleibt bei rund einem Drittel der Eltern keine Paarzeit übrig. Jedem/Jeder Dritten fehlt zudem Zeit für eigene Bedürfnisse.

Auch nach Themen, die ihnen besondere Sorgen machen, haben die Forschenden Familien gefragt. Auch hier unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen Stadt (Umland) und Land: Über die Hälfte der Familien, die in ländlichen Regionen leben, sorgt sich über Zuwanderung und die Aufnahme von Geflüchteten - obwohl in diesen Regionen meist eher wenige Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte leben. Die Eltern im Berliner Umland wiederum machen sich vermehrt mehr Gedanken über die Auswirkungen des Klimawandels und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.

Der Familienbericht dient dem Sozialministerium nun als Grundlage für weitere familienpolitische Maßnahmen: Armutsbekämpfung, eine gute und flächendeckende Kinderbetreuung (auch mit Blick auf die Teilzeitquote sowie Alleinerziehende) sowie die unterschiedlichen Perspektiven zwischen Stadt und Land dürften dabei im Vordergrund stehen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 16.05.2024, 19:30 Uhr

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41 Kommentare

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  1. 41.

    Schön doof wer dann für die ganze Freizeit nur 1/3 Rente bekommt und dann das Verschulden bei der Politik oder dem anderen Geschlecht sucht

  2. 40.

    Ostdeutsche Mütter haben miterlebt, dass ihre Mütter auch gearbeitet haben . Vorbildwirkung. Meine Mädels arbeiten auch, das ist selbstverständlich, und stärkt ihr Selbstbewußtsein, Unabhängigkeit.

  3. 39.

    Die Diskussion zeigt mal wieder wie wichtig die Überschrift eines Medienartikels heutzutage ist.
    Dieser Ost-West Vergleich spielt im Artikel nur einmal eher nebenbei eine Rolle, in der Diskussion allerdings nahezu 100%.

  4. 38.

    Zitat: Nur knapp 16 Prozent der Familien verfügen über ein Haushaltsäquivalenzeinkommen von 3.000 Euro oder mehr.„
    Zitat Ende.

    Wenn die Zahl stimmt und man Bundesweit in Deutschland im Jahr 2022 durchschnittlich pro Person ein Einkommen von ca 59.000,-€ hat, wo ist bzw. wer bekommt die Differenz?
    So lange im Osten der Republik die Menschen aus dem Osten von den Gehältern der Menschen im Westen der Republik nur träumen dürfen, OBWOHL sie die selbe qualifizierte Arbeit machen - so lange ist die Einheit noch nicht da! Traurig, aber war .

  5. 37.

    Dafür haben viele "Ostfrauen" neben ihrer Vollzeitarbeit auch noch voll allein den Haushalt und Familie geschmissen. Schön doof, wer sowas einfach akzeptiert. Finde ich.

  6. 35.

    "Sollte nach fast 35 Jahren dieser Mist nicht mal ein Ende haben…."
    Eindeutiges "JA". Danke für Ihren Kommentar

  7. 34.

    Gerade dann ! sollte es mal gut sein damit, die damalige BRD und DDR ständig zu vergleichen. Nach über 30 Jahren…nicht mehr greifbar. Ich bin Westkind. Meine Mutter, Tanten, Bekannten…Ich weiß keine Frau, die nicht gearbeitet hat. Ich voll berufstätig. Meine Eltern hatten ein Lokal, ich war in keiner KiTa und trotzdem rundum versorgt und behütet. Ich kann so langsam dieses „wer war besser“ nicht mehr hören. Und dies ist oft ein Thema..hier im rbb oder der Berliner Zeitung .

  8. 33.

    Totaler Quatsch. Das sind die gleichen Vorurteile, die man den Westdeutschen vorwirft, gegen die Ostdeutschen zu haben. Und null wissen. Sollte nach fast 35 Jahren dieser Mist nicht mal ein Ende haben….

  9. 32.

    Danke für Ihren Beitrag. Genauso sehe ich das auch. Meine Eltern sind inzwischen im Rentenalter, haben beide immer Vollzeit gearbeitet. Ich bin deshalb aber nie auf die Idee gekommen, meine Eltern als Rabeneltern zu bezeichnen! Vermisst haben wir Kinder nichts, wir hatten viel Zeit mit den Eltern, waren nach der Schule aber auch jeden Tag mit Freunden zusammen. Ich habe nur positive Erinnerungen!
    Bin heute Anfang 50 und arbeite auch Vollzeit.

  10. 31.

    Die Beschäftigungsquote bei Familien, Frauen und Transferleistungsempfängern muss deutlich erhöht werden. Dringend mehr Berufstätige in Deutschland!

  11. 30.

    Der letzte Abschnitt ist der Beste...Wozu das Sozialministerium dies braucht: Zur Armutsbekämpfung. Da kann man gespannt sein.
    Oder doch eher nicht. Und ohne die Studie, oder Umfrage, wüsste man nichts über Kitabelegungen? Da stimmt doch was nicht?

  12. 28.

    Die Chancengleichheit ist in Ost und West noch lange nicht erreicht. Traurig so lange nach der Wiedervereinigung.

  13. 26.

    Sehr guter Beitrag, und dieser Satz „ Die Medaille hat immer zwei Seiten: wer nur in TZ arbeitet, darf sich im Rentenalter nicht über Altersarmut beklagen.“ sollte zu denken geben!

  14. 25.

    Ha, jetzt habe ich das richtige Wort: Ihr Kommentar wirkt theatralisch auf mich. Ich kenne einfach keinen Menschen in meiner Umgebung, der so mit anderen Erwachsenen reden würde.

  15. 24.

    Ich denke, das kann man ohnehin nicht so pauschal bewerten. Ob Kinder eine glückliche Kindheit haben, hängt nicht davon ab, ob sie im Kindergarten oder zuhause bei Mama waren. Gerade in der DDR war es wesentlich einfacher, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Erstens gab es ausreichend Kita-Plätze und zweitens haben Kita-Öffnungs- und Arbeitszeiten deutlich besser zueinander gepasst, auch weil die zu pendelnden Wege zwischen Arbeit und Kindergarten deutlich kürzer waren, als sie es heute sind. Heute ist das für viele Frauen wesentlich schwieriger umsetzbar, weshalb Vollzeit teilweise einfach unmöglich ist, es sei denn das Kind wartet solange alleine vor der geschlossenen Kita.

    Die Armutsgefährdung von Familien hängt wesentlich vom Bildungsgrad und von der Erwerbsquote ab. Bei beidem sind Migranten aus verschiedenen Gründen unterrepräsentiert und deshalb häufiger von staatlichen Leistungen abhängig, was automatisch dazu führt, dass sie als ärmer gelten.

  16. 23.

    Das ist kein für mich kein "Miteinander", was Sie versuchen. Sie stellen sich über die anderen und denken, Sie wären schon weiter. Jedenfalls ist das meine Meinung zu Ihrem Kommentar.

  17. 22.

    "Nach 34 Jahren wird also immer noch in Ost und West unterschieden." ===> In den Online-Medien lassen sich auf diese Weise bei den reiferen Jahrgängen die Clickzahlen erhöhen. Was allerdings das Brandenburger Sozialministerium samt beauftragtem Institut umtreibt, weiß ich nicht. Darüberhinaus möchte manch Einer (z.B. der "Ostbeauftragte" der Bundesregierung) auch nur seine Existenzberechtigung beweisen.

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