Erstes Sammelalbum mit Unparteiischen - Schiri, wir wissen wo dein Foto klebt

Mo 22.01.24 | 06:21 Uhr | Von Ilja Behnisch
Ein Schiedsrichter zeigt die gelbe Karte (imago images/Noah Wedel)
Bild: imago images/Noah Wedel

Panini-Sammelalben gehören vor allem zu Fußball-Weltmeisterschaften wie Butter aufs Brot. Nur die Schiedsrichter kamen dabei immer zu kurz. Das ändert sich jetzt. Auch, weil mit dem "Schirialbum" Hoffnungen auf die Zukunft verknüpft sind. Von Ilja Behnisch

Der Schiedsrichter, das unbekannte Wesen. Es zählt zu den großen Mysterien des Fußballs, warum sich das jemand antut — Schiedsrichter sein. Schließlich werden sie häufig beschimpft. Und sie sind meistens die Buhmänner. Nie aber ist der Schiedsrichter der Star. Und zumindest auf Amateur-Ebene kommen äußerst überschaubare Gagen oder überhaupt nur Aufwandsentschädigungen dabei rum.

Spricht man mit denen, die sich dennoch an die Pfeife wagen und es nicht sofort bereut haben, hört man häufig das gleiche: Die Schiedsrichterei schult ungemein für das Leben. Sie stärkt den Charakter und verbindet. Immer wieder erzählen Unparteiische vom besonderen Zusammenhalt ihrer Gilde und davon, dass man so dem geliebten Fußball verbunden bleibt, auch ohne über ein besonderes Talent in den Füßen.

Das "Jahr des Schiedsrichters" als Auslöser

Dennoch sank die Zahl der aktiven Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen in den vergangenen Jahren merklich, weshalb der Deutsche Fußball Bund (DFB) das vergangene Jahr 2023 auch zum "Jahr des Schiedsrichters" erklärte. Mit vielen Aktionen und gesteigerter Aufmerksamkeit sollte dem Unparteiischen-Schwund begegnet werden. Und tatsächlich scheint das Aktionsjahr Erfolg gebracht zu haben. Erstmals seit 20 Jahren begannen mehr Menschen mit der Schiedsrichterei, als Menschen damit aufhörten.

Das "Jahr des Schiedsrichters" war es auch, welches den Verleger und Unternehmer Oliver Wurm dazu bewog, erstmals in der Geschichte des Fußballs ein Panini-Album ausschließlich für Schiedsrichter zu produzieren. Jene Sammel-Alben also, die bis dato den kickenden Stars des Sports vorbehalten waren. Alben, die sich vor allem rund um die Weltmeisterschaften immer noch großer Beliebtheit erfreuen. Vielleicht, weil man über den Tauschhandel, der nötig ist, um sie voll zu bekommen, so wunderbar ins Gespräch kommt mit anderen Fußball-Fans. Vielleicht, weil der Mensch in seinem Kern einfach stets ein Jäger und Sammler geblieben ist.

Jede Menge Vorbestellungen

Oliver Wurm ist ein umtriebiger Medienmensch, dessen größter Erfolg als Verleger vermutlich das als Magazin herausgegebene Grundgesetz ist. Er hat Erfahrung als der Kopf hinter solchen Alben. Zu seinem Katalog zählen Sammelhefte über den Kölner Karneval, die Sehenswürdigkeiten der Stadt Münster und aber auch diverse Publikationen im Bereich Fußball. Der 54-Jährige hatte schon immer ein Gespür dafür, aus scheinbar abseitigen Themen Kassenschlager zu machen.

Wohl auch deshalb konnte er den DFB als einen von zwei großen Partnern für das Schiri-Sammelalbum gewinnen, welches bereits unter schirialbum.de [externer Link] zu bestellen ist. 500.000 Tüten mit insgesamt 2,5 Millionen Klebe-Bildern der 216 verschiedenen Motive kommen zunächst auf den Markt. Die Vorbestellungen, so Wurm unlängst gegenüber dem "Spiegel", hätten bereits jedes seiner anderen Sammelalben übertroffen. Amateurvereine bekommen dabei übrigens Rabatt. Wurm und sein Partner DFB erhoffen sich dadurch, noch mehr Fußball-Begeisterte für das Schiedsrichter-Wesen begeistern zu können. Auch deshalb sind auf den hinteren Seiten des Heftes die jeweiligen Ansprechpartner der Landesverbände aufgeführt.

Schiedsrichter als Stars

Und wer weiß, vielleicht funktioniert die Strategie tatsächlich. Schließlich werden die Schiris im original bei Panini in Italien gedruckten "Schirialbum" nicht nur wie schnöde Karteikarten-Einträge behandelt, sondern würdig in historische Rahmen gesetzt. Unparteiische großer Turniere und Spiele bekommen ganze Seiten zugesprochen. So wie Rudi Glöckner, der DDR-Schiri, der das WM-Finale 1970 pfiff. Oder Bibiana Steinhaus, die erste Schiedsrichterin in der Bundesliga, die zudem das WM-Finale der Frauen 2011 leitete. Zudem werden die Tagesabläufe und Routinen der Schiedsrichter erklärt, selbst vor dem Video Assistant Referee (VAR) macht das Sammelheft dabei nicht Halt.

Sollten den Fußball-Fans die Abläufe um den häufig so umstrittenen Video-Beweis dank des Heftes zukünftig ein wenig klarer sein, wäre dabei ja schon einiges gewonnen. Ein unbekanntes Wesen wird der Schiedsrichter wohl trotzdem bleiben. Nur dass dieses Wesen nun womöglich sehr viel häufiger auftritt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.01.2024, 09:15 Uhr

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