Nachruf auf Kay Bernstein - Der Mann, der Hertha einte
Hertha-Präsident Kay Bernstein ist gestorben. In seiner kurzen Zeit an der Spitze von Hertha BSC hat er viel bewegt. Er stand für einen Berliner Weg und kämpfte dafür, die Fans hinter der Fahne des Klubs zu einen. Von Till Oppermann
Wie viel Energie von einem Fußballverein ausgehen kann, zeigte sich am 26. Juni 2022 im CityCube auf dem Berliner Messegelände. "Hertha BSC heißt unser Verein, Hertha BSC wird es immer sein", hallte es aus hunderten Kehlen durch die Halle.
Gerade hatte der Versammlungsleiter auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC das Ergebnis der Wahl zum neuen Vereinspräsidenten verkündet. Kay Bernstein war der Sieger. Ein Mann, der in der Ostkurve groß wurde, stand nun an der Spitze des Klubs. Und Hertha BSC stand wieder auf den Beinen, die den Verein tragen.
Bernsteins Ziel war Einigkeit
Bernsteins Präsidentschaft begann in einer der turbulentesten Phasen der Vereinsgeschichte. In den drei Jahren, seit Lars Windhorst 2019 mit großen Versprechungen in Hertha investiert hatte, standen sieben Trainer an der Seitenlinie und der langjährige Sport-Geschäftsführer Michael Preetz wurde durch Fredi Bobic ersetzt.
Es verging kaum eine Woche, in der nicht Vereinsinterna in der Presse standen. Nicht das Wohl des Vereins, sondern persönliche Eitelkeiten standen im Vordergrund. Bernstein zeigte schon in seiner Antrittsrede, dass er es anders machen wollte - und wählte versöhnliche Worte in Richtung aller, die ihm nicht zutrauten, Hertha zu führen: "Lasst uns auf die Leute zugehen und mit ihnen reden. Darauf wird es ankommen", sagte er unter dem Applaus der Fans.
Für die Werte der Fanszene
Kay Bernstein stand für eine moderne Hertha, die ganz Berlin repräsentieren will. Er wurde am 8. September 1980 im sächsischen Erzgebirge geboren und wuchs dann in Ostberlin auf. 1998 gründete er die Hertha-Ultra-Gruppe Harlekins mit. Später stand er als Vorsänger vor der Ostkurve und engagierte sich in verschiedenen Faninitiativen. Diese Zeit prägte sein Bild des Fußballs, den er in erster Linie als Spiel der Fans betrachtete. Während seiner Zeit als Präsident setzte sich Berstein für das kontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik und die 50+1-Regel ein und stimmte zweimal gegen Investoren in der Deutschen Fußball-Liga.
Seine klare Haltung für Faninteressen brachte ihm nicht nur bei Herthas Anhängern großen Respekt ein. Fanszenen in ganz Deutschland werteten Bernsteins Wahl und seine Arbeit als Signal für einen anderen Profifußball, in dem es weniger um Geld und mehr um Werte wie ausgeglichenen Wettbewerb, Gemeinschaft und Zusammenhalt gehen könnte.
Berliner Weg
Bernsteins Wirken als Präsident war aber weit mehr als nur symbolisch. "Wohlüberlegt" entließ er im Januar 2023 nach einer 0:2-Derby-Niederlage gegen Union Fredi Bobic und entschied sich dazu, ihn durch Benjamin Weber und Zecke Neuendorf zu ersetzen. Zwei Männer, die in den Jahren zuvor dazu beigetragen hatten, Herthas Jugendakademie zu einer der besten im Land zu machen. Die Personalentscheidungen sollten Teil eines "Berliner Wegs" sein, mit dem Hertha zurück zum Erfolg kommen wollte.
Mitarbeiter und junge Spieler aus der eigenen Stadt sollten Hertha wieder nach oben führen und dabei helfen, den finanziell stark angeschlagenen Verein zu stabilisieren. Mit diesem Weg konnten sich die Fans so gut identifizieren, dass selbst der Abstieg im Sommer 2023 und das Bangen um die Zweitliga-Lizenz nicht zu neuer Unruhe im Verein führten. Vor der Saison verkaufte Hertha so viele Dauerkarten wie noch nie. 13 Eigengewächse reisten mit ins Trainingslager.
Bernsteins Vermächtnis wird bleiben
Trotz zunächst durchwachsener Leistungen in der Liga war die Stimmung bei Hertha in der Hinrunde weiter positiv. "Wir erleben innerhalb der Hertha-Familie einen Zusammenhalt, der sich großartig anfühlt und der solche Erlebnisse, wie das Pokalspiel gegen den HSV, erst möglich macht", twitterte Bernstein deshalb zum Jahreswechsel in Anspielung auf Herthas Highlight-Sieg im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Hamburg.
Für diesen Zusammenhalt war der Familienvater maßgeblich verantwortlich, in seinen anderthalb Jahren als Präsident gewann Hertha insgesamt gut 10.000 neue Vereinsmitglieder für sich.
Dieses Vermächtnis wird dem Hauptstadtklub bleiben, der auch in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen steht. Projekte wie die finanzielle Sanierung, den mittelfristigen Umgang mit dem neuen Investor 777 Sports und ein vereinseigenes Stadion sowie natürlich die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga wäre Bernstein gerne angegangen.
Kay Bernstein starb nun im Alter von 43 Jahren. Der Unternehmer hinterlässt eine Frau und zwei Töchter.
Sendung: rbb24 Abendschau, 16.01.2024, 19:30 Uhr