CO2-Kompensation - Die schädliche Klimawirkung des eigenen Flugs mindern

Sa 01.07.23 | 08:10 Uhr | Von Julian von Bülow
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Archivbild: Projektleiter Silvan Weber von der Flächenagentur Brandenburg GmbH, geht am Rande des Moors an der Rehwiese nahe dem Friedhof des Dorfes entlang. (Quelle: dpa/S. Stache)
2021 wurde die Rehwiese im Landkreis Oberhavel wieder vernässt. | Bild: dpa/S. Stache

Günstige Flüge locken, im Ausland Urlaub zu machen. Die entstehenden Emissionen kann man auch dort kompensieren – dank eines Kreuzberger Unternehmens. Es geht aber auch in Brandenburg. Doch: Fliegen bleibt problematisch. Von Julian von Bülow

Zum BER, dann nach Barcelona und zurück: circa 0,87 Tonnen. Nach New York: 3,8 Tonnen. Nach Sydney: sogar 12,7 Tonnen. Etwa so viel CO2 setzt ein Berliner oder eine Brandenburgerin frei, wenn er oder sie sich auf Flugreise begibt.

Pro Kopf lagen die Deutschen im vergangenen Jahr bei 10,8 Tonnen CO2. Laut Umweltbundesamt würde jeder Deutsche klimaneutral leben, wenn er weniger als eine Tonne pro Jahr ausstoßen würde.

Die Wissenschaft ist sich einig: Für das Klima ist es am Besten, wenn Treibhausgase gar nicht erst in die Luft geblasen werden. Doch nicht jeder Flug ist ersetzbar. Menschen wollen etwa ihre Familie sehen oder schlicht auf ihre Wunschreise nicht verzichten. Eine Möglichkeit ist dann, die schädliche Klimawirkung zu kompensieren. Sowohl in Berlin als auch Brandenburg bieten Organisationen dazu eine Möglichkeit.

Das Kreuzberger Unternehmen Atmosfair ist vor allem für seinen Flugrechner bekannt, mit dem man ermitteln kann, wieviel Treibhausgas die eigene Reise ausstößt. Dabei werden etwa Flughöhe, Kerosinverbrauch oder auch Flugzeugtyp berücksichtigt. Die Emissionen kann man dann mit einer Spende kompensieren – die Projekte befinden sich jedoch in anderen Ländern.

So werden etwa moderne Kochöfen in Nigeria, Lesotho, Ruanda und Indien finanziert. Dadurch sinke der Holzverbrauch, so dass für das Klima wichtige Wälder nicht abgeholzt würden, sagt Atmosfair. Auch fördere man mit der eigenen Spende Solaranlagen, etwa im Senegal oder auf Madagaskar. Der Vorteil von Projekten in Ländern des globalen Südens liege darin, dass pro investiertem Euro dort bis zu zehn Mal mehr CO2 als in der EU eingespart werden könne.

Eine Tonne CO2 zu kompensieren kostet rund 23 Euro. Um die Emissionen der Reise nach Barcelona und zurück zu begleichen, braucht es etwa 21 Euro, nach New York 87 Euro und nach Sydney 293 Euro.

Moore nass machen, um CO2 im Boden zu lassen

In Brandenburg stehen nicht Projekte in anderen Ländern im Fokus, sondern die eigenen ehemaligen Moorflächen. In Mooren sanken Pflanzen im Wasser zu Boden, mit der Zeit entwickelte sich daraus Torf – eine fruchtbare, kohlenstoffreiche Schicht. Jahrhundertelang legten Menschen die Moore mit Gräben und Stauwerken trocken, um an den Torf zu kommen und die Flächen zu beackern. Doch damit beginnt auch die Zersetzung des Torfs und das Freiwerden von Treibhausgasen.

Das soll das Projekt "Moor Futures" verhindern. Hierbei werden nicht die Emissionen eines Fluges automatisch berechnet. Sondern Forscherinnen und Forscher ermitteln, welche Menge an Treibhausgasen im Torf eines ehemaligen Moores gebunden ist und ohne Vernässung freigesetzt würde. Diese Menge wird dann als CO2-Zertifikate zum Verkauf angeboten, um Kosten für die Vernässung zu finanzieren. Reisende müssen dann selbst mit einem Rechner wie dem von Atmosfair berechnen, wie viele Zertifikate sie dann kaufen sollten, um die Flugreise zu kompensieren.

Das Geld wird dann dafür genutzt, ehemalige Moore wieder zu vernässen. So wurde 2021 die Rehwiese bei Freienhagen (Landkreis Oberhavel) zwischen Nassenheide und Liebenwalde wieder restauriert und nach eigenen Angaben verhindert, dass 6.744 Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangt.

Geht es nur um CO2?

Nein, neben CO2 gibt es auch Wasserdampf und andere Treibhausgase (THG) wie Methan oder Lachgas, die zur Erhitzung der Erde beitragen. Um die Klimawirkung in Berechnungen einfacher darstellbar zu machen, wird die Wirkung der verschiedenen Gase so umgerechnet, dass diese einer Menge CO2 entspricht, welche dieselbe Wirkung hätte. Statt zu sagen "Ein Flug verursacht x Tonnen CO2, x Tonnen Wasserdampf, x Tonnen Lachgas" kann man alles auf eine Zahl runterbrechen: "Ein Flug verursacht x Tonnen CO2-Äquivalente.“ Auch in diesem Text beziehen sich alle Zahlen auf CO2-Äquivalente.

Die Herausforderung besteht darin, Flächen zu finden, in denen noch genügend Torf steckt, der so liegt, dass er mit einem angehobenen Wasserstand durchströmt werden kann. Und dann müssen die Landbesitzer noch mitmachen. "Das sind freiwillige Projekte. Wenn wir uns mit den Leuten vor Ort nicht einig werden, dann gibt es eben auch kein Projekt", sagt Martin Szaramowicz von der Flächenagentur Brandenburg. Sie soll dafür sorgen, dass die ehemaligen Moore in Brandenburg wieder nass werden.

Neue Zertifikate zum Ende des Jahres

"Es gibt einige sehr vielversprechende Moorflächen, auf denen wir aktuell Projekte entwickeln. Die ersten Untersuchungen sind dort bereits in Gang gebracht und die Auswertung, die eine Einschätzung der Fläche und des Wiedervernässungs-Potenzials ermöglichen soll, läuft auf Hochtouren", teilt die Agentur auf Anfrage mit. Daher sei man zuversichtlich, bis Ende des Jahres neue Zertifikate anbieten zu können. Bis dahin kann man etwa Zertifikate für das Königmoor in Schleswig-Holstein erwerben.

So kleinteilig wie bei Atmosfair kann man die Emissionen hier allerdings nicht kompensieren - man kann nur für je eine Tonne CO2 bezahlen. Die kostet derzeit 74 Euro. Reist man vom BER nach Barcelona und zurück, würden damit die 74 Euro fällig, nach New York 296 Euro und Sydney schlägt dann mit 962 Euro zu Buche.

Die Kompensation in Brandenburg ist damit deutlich teurer als bei Atmosfair (circa 23 Euro pro Tonne). Dafür ist der Erfolg sicht- und manchmal auch spazierbar. Ganz ohne Flugreise.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.07.2023, 16:55 Uhr

Beitrag von Julian von Bülow

48 Kommentare

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  1. 47.

    Wie wäre es, wenn die „heilige“ Luftfahrt endlich auch mal wenigstens Steuer auf ihren Sprit zahlen würde, wie jeder andere Verbraucher?
    Ansonsten kann man mit dem Klima nicht handeln - „Green Deal“ ist nun wirklich grober Unfug. Mit wem soll da ein „Handel“ abgeschlossen werden? Manche meinen offenbar ernsthaft, Geld sei die Lösung…. Man kann es aber weder atmen noch essen.

  2. 46.

    "aber der Fahrzeugpool besteht bei Landesbehörden zum größten Teil aus Diesel und Benzin Fahrzeugen"
    Ja logisch so wie es bei den meisten privaten auch ist.
    Seit 4-5 Jahren sind e-PKW am Markt hinreichend breit etabliert, im NfZ Bereich geht es gerade erst los.
    Wie soll da der Fahrzeugpool ausgetauscht sein. Natürlich ist der Bestand noch mit Verbrennern ausgestattet.
    Und wenn der größte Teil der öffentlichen Gebäude vor 20 Jahren energetisch saniert wurde, ist man ja offensichtlich schon weiter als im privaten Bereich, wenn man die Diskussionen um die Wärmepumpe verfolgt wo angeblich jedes private Gebäude scheinbar erstmal saniert werden müsste.
    Ich bin dabei, dass nur fordern nicht zielführend ist aber dass der Staat (den man in dem Zusammenhang ja nicht als einzelnes Subjekt betrachten kann) selbst nichts tut, ist einfach falsch.

  3. 45.

    Sie verstehen es nicht.
    Hier wird keine Luft verkauft sondern dafür "bestraft" diese zu beschädigen. Völlig nachvollziehbar im Sinne des Verursacherprinzips. In Tausenden anderen Zusammenhängen ein ganz normaler Vorgang.
    Niemand will Sie fürs Atmen bezahlen lassen.
    Sie können also den Punkt Atmen komplett raus lassen, das hat null kommt nix mit dem Thema zu tun.

  4. 44.

    Die Flüge sind seit letztem Jahr teurer geworden, aber es gibt durchaus noch günstige. Ryanair, easyJet, WizzAir, Norwegian, Eurowings usw. Es gibt auch gute Meta-Suchmaschinen, zB skyscanner.de, fluege.de, swoodoo.com

  5. 43.

    Und? Das beantwortet meine Frage nach den “günstigen” Flügen nicht. Wo finde ich die?

  6. 42.

    Lieber Matthias! Ich behaupte mal jetzt das die Atmosphäre ausschließlich mein Eigentum ist und Du dafür blechen sollst weil der menschliches Verbrauch im Durchschnitt 11t/Jahr beträgt - aktuell gehandelt mit 180€/t. Was macht mich zum Eigentümer/Händler dafür? Willst Du dein Atmen jetzt reduzieren? Deine Aussage suggeriert eher Unterwürfigkeit gegen jeden der die Luft zum Atmen verkaufen kann

  7. 41.

    Ja genau....was Sie Egoismus nennen, nenne ich meine Freiheit die ich noch habe.
    Liebe Grüße demnächst aus "Down Under"

  8. 40.

    Super Kommentar, ich stelle es mir gerade bildlich vor :-))

  9. 39.

    Genau so und nicht anders.

    Ich verzichte nicht auf meine Reisen in meine Lieblingsländer.

    Um eine CO2 Abgabe rechtssicher zu machen, muss erstmal bewiesen werden, dass durch Geldzahlungen die Schadstoffbelastung unmittelbar, direkt, nachweisbar und weltweit sinkt. Bisher gibt's dazu nicht eine ernstzunehmende Studie.

    Während Hochzeiten der Pandemie kam es durch das Flugverbot nicht zu einer messbaren Reduzierung der Treibhausgase.

  10. 38.

    Nun hüten Sie auf zu jammern. Die nachfolgenden Generationen werden genauso leben wie wir auch. Letztlich ist das Hier und Jetzt interessant. Ich habe keine Kinder, also nach mir die Sintflut

    Leider kann man heute nicht auf den Flieger verzichten, wenn man vernünftig Urlaub machen möchte. Oder fahren Sie mit der Bahn in die Türkei, nach Asien ect? Und Waren von dort kommen mit dem Lastentaxi nach Deutschland?

    Immer nur Insellösungen im Kopf.

  11. 37.

    Verbote vin Flügen sind rechtlich nicht machbar und auch unnötig. Letztlich gehört der Flieger genauso zu den notwendigen Verkehrsmitteln wie Bahn und Auto.

    In Deutschland wird immer nur nach Insellösungen gesucht. Das funktioniert nicht. Wenn in Deutschland eine Abgabe auf den Ticketpreis erhoben wird, nicht man Tickets über ausländische Websites.

    Es gibt nun mal Destinationen, die nicht mit dem Flieger erreichbar sind.

    Nur ein weltweites Flugverbot wäre denkbar.

  12. 36.

    Dann buchen Sie über die ausländischen Websites der Anbieter. Günstigere Preise. Gilt auch für Bahntickets.

    Die deutsche Wirtschaft und der Staat haben dann halt Pech gehabt

  13. 35.

    Das ist Unsinn. Ihr Vorschlag ist schon allein aus geltendem EU Recht nicht machbar. Wenn ich meinen Flug über eine Website im Internet buche, ist der Aufschlag nicht möglich

    Letztlich bringen Insellösungen nichts.

  14. 34.

    Scherzkeks

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/kosten-um-500-millionen-gestiegen-berliner-sanierungsstau-wachst-auf-47-milliarden-euro-10080916.html

  15. 33.

    Ich weiß ja nicht wie Sie darauf kommen, aber der Fahrzeugpool besteht bei Landesbehörden zum größten Teil aus Diesel und Benzin Fahrzeugen. Auch bei der energetisch Sanierung sieht es nicht besser aus der größte Teil der Immobilien ist vor 20 Jahren saniert worden. Und bei dem Thema Bahn kann ich nur sagen viele steigen wieder auf das Auto um, weil allein die Bahnfahrt zB von Berlin nach Cottbus des öfteren zur regelrechten Herausforderung wird. Der Staat verlangt in erster Linie von der Bevölkerung einiges , aber selbst bekommt er wenig auf die Reihe ,deswegen hat man sich beim Heizungsgesetz selbst ein Hintertürchen für Bund und Ländern sowie Kommunen offen gelassen.

  16. 32.

    Ob ich oder ein anderer fliegt ist doch egal. Persönlich schädige ich nichts. Wenn dann das Flugzeug. Ist aber im globalen Zusammenhang unerheblich. Es gibt andere Dinge, die anzugehen sind, Das geht aber nur global.

  17. 31.

    „ Wenn das die Umwelt und das Klima beeinträchtigt muss es ausnahmslos verboten werden. “
    Können Sie nicht selbst Entscheiden? Für diese Einstellung muß man Sie wirklich bedauern.

  18. 30.

    Das System hat was von dem handel mit Ablaßscheinen durch Tetzel. Aber würde ja nach BRB passen, da Tetzel ja auch mal an der (richtigen) Viadrina Universität in Ffo war.

  19. 29.

    Vorreiter bei der E-Mobilität sind kommunale und Landesbetriebe.
    Ähnlich beim modernisieren der eigenen Gebäude und beim Ausbau der EE im Gebäudebestand.
    Wenn ich irgendwie mit Angestellten vom Land zu tun habe, kommen die fast immer mit der Bahn.
    Könnte mir vorstellen dass das Jobticket bei staatlichen Betrieben/Verwaltungen gern verteilt wird.
    Der Staat macht schon einiges im eigenen Hause, hängt natürlich von den jeweiligen Menschen vor Ort ab.
    Und letzten Endes ist der Staat kein singuläres Subjekt. Wenn ein Teil des Staates (Bund) etwas fordert ist der andere (Kreis/Kommune) noch lange nicht so weit und stöhnt und jammert auch erst mal.

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