Premierenkritik | Abschied an der Komischen Oper Berlin - Barrie Kosky zelebriert "My way" auf Jiddisch

Sa 11.06.22 | 12:05 Uhr | Von Maria Ossowski
  1
Ruth Brauer-Kvam (2.v.r.) tritt dem Tanzensemble in der Revue "Barrie Kosky's All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue" in der Komischen Oper auf. (Quelle: dpa/Monika Rittershaus)
Audio: rbb24 Inforadio | 11.06.2022 | Maria Ossowski | Bild: dpa/Monika Rittershaus

Zehn Jahre hat Barrie Kosky die Komische Oper Berlin als Intendant geprägt. Er wird weiter in Berlin inszenieren, von der Intendanz aber hat er sich mit "Barrie Koskys All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue" verabschiedet. Von Maria Ossowski

Eine jiddische Revue als Abschiedsgeschenk hat Barrie Kosky dem Publikum und sich selbst gemacht - allerdings nicht als Erinnerung an die zwanziger und frühen dreißiger Jahre in Deutschland, bis die Nazis diese Kultur zerstörten.

Der Regie-Superstar aus Australien, mittlerweile eingebürgerter Berliner, wollte mit seiner letzten Premiere nach zehn Jahren als Intendant an der Komischen Oper zeigen: Die Show dieser üppigen, witzigen, tiefsinnigen, melancholischen und internationalen jüdischen Kultur ist weitergegangen - nur woanders: In den Catskills bei New York, im Borschtbelt, jenen Hotels, wo Woody Allen und Bette Midler, Sammy Davis Jr. und Barbara Streisand ihre Karrieren begonnen haben. Und wo Jiddisch nicht nur Alltagssprache, sondern auch das Idiom der Songs und Chansons, der Couplets und der Schlager gewesen ist.

Das große Finale mit dem gesamten Ensemble der Revue "Barrie Kosky's All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue" in der Komischen Oper auf. (Quelle: dpa/Monika Rittershaus)
| Bild: dpa/Monika Rittershaus

Ein Rausch des Tanzes und des Humors

Aber funktioniert das überhaupt? Wenn Sängerinnen und Schauspieler Jiddisch singen, eine Sprache, die nicht die ihre und die in Europa fast verschwunden ist? Klingt das nicht ein bisschen seltsam, vielleicht gar peinlich?

Nicht, wenn Barrie Kosky Regie führt. Im Gegenteil. Anderthalb Jahre hat er mit dem Dirigenten und Pianisten Adam Benzwi hunderte Songs gefunden, alle wunderbar und passend, 21 schließlich haben sie ausgewählt, neu arrangiert, Otto Pichler hat die Show grandios choreografiert und die meisten von uns durften so poetische Namen wie Mizzy Rubenstein, Bagelman Sisters, Yossele Rosenblatt and his Flat Flood Floozy Boys oder Hershel Baumann das erste Mal überhaupt hören.

Ein Rausch der Fünfziger-Jahre-Kostüme von Pastell bis Plüsch, der Stimmen von Dagmar Manzel, Katherine Merling, Max Hopp und weiterer Stars, ein Rausch des Tanzes, des Humors, der Mixtur aus Jazz und Volksliedern, aus Rumba und Samba und eine leichte Melancholie überwältigen das Publikum. Sinatras "My way" auf Jiddisch, "Bei mir biste schön", "Raindrops keep fallin' on my head", alles jiddisch, alles authentisch, alles fügt sich.

Krönender Abschluss einer großen Ära

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bedankte sich zu Beginn für zehn einzigartige Kosky-Jahre an der Komischen Oper, Kosky verweist zum Schluss auf die Magie der Bühne, die keine Antworten weiß auf die Fragen des Lebens, aber die Sauerstoff ist für die Seele. Ein Abschied voller Jubel, ein krönender Abschluss einer großen Ära an der Komischen Oper Berlin.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.06.2022, 9:55 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Super waren die letzten 10 Jahre an der komischen Oper. Hervorragende Aufführen habe ich sehen können, zuletzt die Perlen der Cleopatra und Anatevka.
    Danke Herr Barrie Kosky.

Nächster Artikel