"Klima 2050" in Brandenburg - "Wir betreiben Katastrophenschutz für künftige Extremsituationen"

Sa 28.10.23 | 15:24 Uhr | Von Stefanie Otto
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Landwirtin Christina Münch. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Um auf den sandigen Böden Brandenburgs künftig noch produzieren zu können, gehen Landwirte im Schliebener Land neue Wege beim Ackerbau und in der Tierhaltung. Dabei setzen sie auf lokale Kreisläufe, Bakterien im Boden und robuste Rinder. Von Stefanie Otto

Wer im Herbst durch Brandenburg fährt, sieht oft leere, braune Felder. Man sagt, die Landwirte machen "reinen Tisch", wenn sie nach der Ernte Pflanzenreste unterpflügen und den Boden glätten, bevor das Wintergetreide ausgesät wird. Oft liegen die Äcker dann wochenlang so da.

Im Schliebener Land im Elbe-Elster-Kreis ändert sich das gerade. Landwirt Björn Förster hat dort schon vor einigen Jahren den Pflug abgeschafft und setzt auf eine bodenschonende Bearbeitung. Erntereste lässt er mittlerweile auf dem Feld stehen. Wo die Wintergerste gesät werden soll, sieht man noch die Stoppeln vom kürzlich geernteten Mais. "Das ist ein hervorragender Verdunstungsschutz und hilft uns, Winderosion und das Austrocknen des Bodens zu vermeiden", erklärt Förster.

Auch die Aussaat erfolgt schonend: Der Boden wird mit einer speziellen Maschine nur messerschmal aufgeschlitzt - darin werden die Saatkörner dann abgelegt.

Pflanzendecke schützt vor Verdunstung und Erosion

Auf einem anderen Feld baut Förster zwischen Getreide und Mais sogenannte Zwischenfrüchte an - zum Beispiel eine Mischung von Rettich, Lupine und Klee. Jetzt im Herbst stehen die Pflanzen noch in der Blüte, frieren im Winter ab und bilden ähnlich wie im Kompost neuen Humus.

Das Ziel: Die Böden sollen das ganze Jahr über bedeckt und möglichst von lebenden Pflanzen durchwurzelt sein, denn nur so können wichtige Mikroorganismen im Boden überleben. Die braucht der Landwirt, um fruchtbare Böden aufzubauen. "Wir betreiben Katastrophenschutz für künftige Extremsituationen", sagt Björn Förster dazu.

Wir brauchen eigentlich das nasse Moor. Wenn wir das nicht hinbekommen, wird es perspektivisch möglicherweise schon so sein, dass wir hier nicht mehr verlässlich Lebensmittel erzeugen können

Christina Münch

Entwässerte Moorböden sind ein Problem

Durch den menschengemachten Klimawandel wird es hierzulande im Jahr 2050 durchschnittlich zwei Grad wärmer sein als zu Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880. Gerade die Landwirte werden das spüren: Der Winter wird kürzer, im Sommer wird es oft Hitzewellen und lange Trockenheit geben. Die Wachstumsperiode wird bereits zwei Wochen früher beginnen und drei Wochen länger dauern.

Regen bleibt auch in Zukunft in Brandenburg Mangelware. Doch wenn er kommt, dann oft in großen Mengen, die vom Boden gar nicht so schnell aufgenommen werden können. Die Folge: Überschwemmungen und Ernteausfälle.

Björn Förster und seine Frau Christina Münch versuchen, ihren Betrieb so gut es geht an die Veränderungen anzupassen. Bei ihnen im südlichen Brandenburg ist der Klimawandel auch schon längst angekommen. Neben den Ackerfrüchten produzieren sie vor allem Futter für ihre knapp 2.000 Milchkühe.

Durch gezielte Züchtung und hier ansässige Futterpflanzen will Christina Münch die Tiere widerstandsfähiger machen. Dabei spielt auch eine kleine Herde Angus-Rinder eine wichtige Rolle. Sie sind nicht so wählerisch, was das Futter angeht, und können das ganze Jahr auf der Weide bleiben.

Björn Foerster Landwirt in Brandenburg vor der Aussaat. (Quelle: rbb)Landwirt Björn Förster auf seinem Feld (Quelle: rbb/Stefanie Otto)

Doch in Schlieben gibt es ein weiteres Problem: Ein Großteil der Weiden liegt auf entwässerten Moorböden. Früher war das sinnvoll, um die Flächen bewirtschaften zu können. Heute wollen sie das Wasser wieder mehr in der Landschaft halten. "Wir sind dieses Jahr sehr gut gestartet, hatten bis Mai eigentlich hier den Graben gefüllt", berichtet Christina Münch: "Die Herausforderung war tatsächlich, dass innerhalb von zwei Wochen das Wasser weg war."

Biogas und Strom aus Gülle und Mist

Mit zunehmender Wärme verdunstet das Wasser aus Pflanzen, Boden und Gräben noch schneller. Die Verdunstung habe um 50 Millimeter im Jahr zugenommen, so Christina Münch.

Außerdem zersetzt sich der Moorboden an der Luft und stößt klimaschädliche Gase aus. Seit fünf Jahren versuchen sie mit Stauanlagen gegenzusteuern. Doch weil vor allem im Sommer das Wasser fehlt, ist noch ungewiss, ob das gelingt: "Wir brauchen eigentlich das nasse Moor", erklärt Münch. "Wenn wir das nicht hinbekommen, wird es perspektivisch möglicherweise schon so sein, dass wir hier nicht mehr verlässlich Lebensmittel erzeugen können."

Um Ressourcen zu sparen, arbeiten Björn Förster und Christina Münch in geschlossenen Kreisläufen. So wandern Gülle und Mist der Tiere in die Biogasanlage - sonst nichts. Die vergorenen Reste kommen als Dünger wieder aufs Feld. Mit einem ganzen Bündel an Lösungsideen versuchen sie sich im Schliebener Land an den Klimawandel anzupassen. Und sind optimistisch, dass es mit der Landwirtschaft hier weitergehen kann.

Sendung: rbb24, 26.10.2023, 16 Uhr

Beitrag von Stefanie Otto

24 Kommentare

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  1. 24.

    Nachtrag zu #23
    Auszug aus #1
    - Flüsse wurden begradigt und Überflutungsgebiete dabei zerstört. Wenn wir jetzt stärkere Regenfälle haben kommt das Wasser zu uns nach Hause.

    Wer natürlich auf einem Berg wohnt, und sei es auch nur Prenzelberg, braucht sich natürlich keine Gedanken darüber zu machen, dass das " Wasser zu ihm nach Hause kommt"

  2. 23.

    Aha, deswegen dann die Katastrophen im Frühjahr 2022. Man hat die Überflutungsgebiete beim "Begradigen" eingespart. Verstehe.
    Aus dem Elbehochwasser mit dem Deichgrafen Platzeck, werden sie @Roman nicht kennen, hat man damals die richtigen Schlussfolgerungen gezogen und Überflutungsgebiete wieder eingerichtet.

  3. 22.

    Dankeschön. Ich hoffe, dass sie die 16/17 genauso bewerten.
    Andere wechseln ja schnell den Account, weil sie zu feige sind.

  4. 21.

    Offensichtlich haben Sie wenig Ahnung. Man hat auch andere Flüsse begradigt, Moore trocken gelegt etc pp. Und zwar waren das beim Rhein massivste Eingriffe. In den 50ern und später da nicht mehr viel passiert bis auf Stauwehre.

  5. 20.

    "Die Rheinbegradigung, auch Rheinregulierung, Rheinkorrektur oder Rheinrektifikation genannt, ist die künstliche Verkürzung des ehemals verzopften oder mäandrierenden Oberrheins. Die Flussbegradigung wurde in Deutschland und Frankreich zwischen 1817 und 1876 nach Plänen von Johann Gottfried Tulla und seinen Nachfolgern, darunter Max Honsell, durchgeführt. Die Rheinbegradigung war Voraussetzung für die Schiffbarmachung des Rheins hinauf bis Basel, die 1907 begonnen wurde."
    Sie sprechen im Plural was falsch ist. Die Schiffbarmachung des Oberrheins war für damalige Verhältnisse eine einmalige ingenieurtechnische Meisterleistung, die sich aber nur auf geringfügige Korrekturen beschränkte und nicht im Geringsten mit dem Boom an unangemessenen Eingriffen seit den 50'er Jahren des vorigen Jahrhunderts vergleichen läßt.
    Außerdem ging es in #1 um mehr als geringsfügige Korrekturen am Rhein. Rosinenpicken ist irgendwie out und stellt kein gutes Zeugnis aus.

  6. 19.

    Flüsse hat man bereits seit Jahrhunderten begradigt. Den Rhein zb im 19 Jahrhundert für den Verkehr und gegen Hochwasser. Gleichzeitig hat man die damals dort sehr verbreitete Malaria in den Griff bekommen.

  7. 17.

    Das hat noch andere Ursachen. Die fehlenden Feuchtgebiete und Kiefernwälder hängen teilweise auch mit der geologischen Struktur Brandenburgs, geprägt durch die letzte Eiszeit, zusammen.
    Im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mac-Pom und den Westgebieten Polens, die in etwa in unserer Region (Längengrade) liegen, ist bei uns der Anteil an humosem nährstoffreichen Boden besonders gering. Wer einen Garten hat wird mir bestätigen, dass man teilweise schon nach 30cm im Bereich des nichtbindigen Sandbodens ist (hell und ohne Humusanteil, aber als Baukies trotzdem noch nicht geeignet).
    Auf diesen Böden wachsen Laubbäume schwer bis gar nicht. Die Kiefer kommt damit gerade noch klar, da sie mit ihrer Pfahlwurzel in die tieferen Bodenschichten vordringt und in der Vergangenheit auf wasserführende Schichten traf. Die fehlen mittlerweile durch Niederschlagsdefizite und da der Mensch diese Reservoire auch anzapft.
    Die nat. hydrologischen Probleme werden also vom Menschen verschärft.

  8. 16.

    Das hat noch andere Ursachen. Die fehlenden Feuchtgebiete und Kiefernwälder hängen teilweise auch mit der geologischen Struktur Brandenburgs, geprägt durch die letzte Eiszeit, zusammen.
    Im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mac-Pom und den Westgebieten Polens, die in etwa in unserer Region (Längengrade) liegen, ist bei uns der Anteil an humosem nährstoffreichen Boden besonders gering. Wer einen Garten hat wird mir bestätigen, dass man teilweise schon nach 30cm im Bereich des nichtbindigen Sandbodens ist (hell und ohne Humusanteil, aber als Baukies trotzdem noch nicht geeignet).
    Auf diesen Böden wachsen Laubbäume schwer bis gar nicht. Die Kiefer kommt damit gerade noch klar, da sie mit ihrer Pfahlwurzel in die tieferen Bodenschichten vordringt und in der Vergangenheit auf wasserführende Schichten traf. Die fehlen mittlerweile durch Niederschlagsdefizite und da der Mensch diese Reservoire auch anzapft.
    Die nat. hydrologischen Probleme werden also vom Menschen verschärft.

  9. 15.

    Wenn Kühe mal nicht mehr aussehen wie schwarzweiße Haltegestelle für Rieseneuter oder Ackerflächen mal nicht nach qkm bemessen werden ist es schon eine rbb-Meldung wert.
    So weit haben wir uns von natürlichen Lebensumständen entfernt.

  10. 14.

    Für den absoluten Großteil Brandenburgs hat der Eingriff in den Wasserhaushalt durch die Tagebaue überhaupt keine Relevanz. Im Gegenteil wird die Berliner Spree ohne dieses Wasser in Zukunft häufiger Niedrigwasser führen, was natürlich auch Auswirkungen auf alle Flussanlieger haben wird. In weiten Teilen Brandenburgs liegt die Ursache vielmehr darin, dass es kaum Speicher von Regen durch Feuchtgebiete gibt, die dieses Wasser festhalten könnte. Auch die Kiefernwälder sind da nicht hilfreich. Dass es hier weniger regnet als anderswo, ist ja nicht neu und geografisch bedingt. Richtung Südwesten liegen überall Mittelgebirge, die einen beachtlichen Teil der Regenfronten aufhalten, die meist genau aus dieser Richtung kommen.

  11. 13.

    Nur ein kleiner Hinweis. Wir sprechen hier über die Probleme, wenn dem Boden die notwendige Feuchtigkeit entzogen wird. Tierhaltung kommt vielleicht auch mal dran.
    Ich lehne übrigens auch Fleisch aus der Antibiotikatierhaltung ab und esse deshalb keine "chicken-nuggets".

  12. 12.

    Er hat doch geantwortet.
    "Die dümmste Frage in diesem Chat lautet:" Was bringt es, in die Vergangenheit zu schauen?" Es bringt die Erkenntnis, welche Entscheidungen welche Folgen hatten. Ich habe Landwirtschaft gelernt, als Entwässerung Mode war. Künftige Klimaprobleme konnte sich niemand vorstellen."
    Zur Not können sie auch nochmal in meine Posts #1 und #7 schauen. Die Entwässerung habe ich kennengelernt. Wir haben in den Sommerferien der 9.Klasse im Sommer(arbeits)lager Entwässerungsgräben profiliert und Faschienen eingebaut. Es waren Feuchtgebiete auch genannt Überflutungsgebiete, die jetzt wieder geöffnet werden.

  13. 11.

    Dann sagen sie auch, warum das so ist.
    In der Tiermast dürfen und werden Antibiotika der 4. Generation genutzt. Das sind die aktuell verfügbaren Reserveantibiotika Deutschlands / Europas.
    Nur die USA und die RF verfügen über Antibiotika der 5. Generation und die notwendigen Produktionskapazitäten im Ernstfall.

  14. 10.

    Humus bekommen sie nur, wenn sie die Ackerkrume in Ruhe lassen. Die Felder müssen ja trotz alledem bestellt werden.
    Sie können die Aussaat gern mit der Hand vornehmen. Andere bewirtschaften ihre Äcker vorzugsweise via Direktsaat und Maschine.

  15. 9.

    Die dümmste Frage in diesem Chat lautet:" Was bringt es, in die Vergangenheit zu schauen?" Es bringt die Erkenntnis, welche Entscheidungen welche Folgen hatten. Ich habe Landwirtschaft gelernt, als Entwässerung Mode war. Künftige Klimaprobleme konnte sich niemand vorstellen. Der Missbrauch von Antibiotika zur Profitsteigerung in der Fleischproduktion begann gerade erst. Heute droht den Menschen der Tod durch Bakterien, damit Fleisch billiger produziert werden kann.

  16. 8.

    Ah ja. Schauen Sie mal in die arte-Mediathek und suchen nach der Reportage 'wer hat den Brand gelegt?'. Topaktuell und mit absolutem Bezug zu ihrem Kommentar.
    Wir brauchen Humus, keine Technik.

  17. 7.

    Und wo is das Problem? Was passt nicht in deine Sicht auf die Ereignisse. Wieso ist es falsch aus der Vergangenheit zu lernen? Oder geht es nur um das.....

  18. 6.

    Es ist so erschreckend, was wir mit unseren Lebensgrundlagen anstellen. Man kann den Landwirten nur Glück wünschen, dass ihre Bemühungen - ganz im Wortsinne - Früchte tragen.

  19. 5.

    Ich mag Wildschweinsalami mit Walnüssen.
    Die Kipppunkte beziehen sich auf das Wasser.
    Wir verlieren mehr Wasser als wir bekommen.
    Da werden geo- und climate engineering notwendig werden.

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