Computer, Internet und Kaffee - Co-Working-Spaces haben es nicht leicht in Südbrandenburg

Fr 19.04.24 | 11:38 Uhr
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Symbolbild: Arbeiten in einem Coworking Space. (Quelle: dpa/Vogl)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.04.2024 | Florian Ludwig | Bild: dpa/Vogl

Raus aus dem Homeoffice und gemeinsam Zusammenarbeiten - für viele, vor allem in den Großstädten, ist der Co-Working-Space das Konzept der Zukunft. Aber funktioniert das auch in einem Flächenland wie Brandenburg?

Es gibt Arbeitsplätze, Besprechungsräume, Internet und eine Kaffeemaschine. Fertig ist der Co-Working-Space. Auch in Südbrandenburg gibt es das jetzt immer häufiger. Die Co-Working-Spaces bieten Arbeitsplätze, die man stunden- oder tageweise mieten kann und so aus dem eigenen Homeoffice herauskommt.

Herzberg: Co-Working im Kleinstformat

Zum Beispiel auch in Herzberg (Elbe-Elster-Kreis). Der Co-Working-Space hier entstand auf die Initiative von Marcus Wegner hin. Der gebürtige Österreicher wollte einfach nicht mehr im Homeoffice arbeiten.

"Da stand ständig jemand in der Tür und hat nach mir gefragt. Fragen über den Garten, Fragen über das Haus - das Kind wollte spielen." Irgendwann sagt er, habe er Privates und Arbeit einfach trennen müssen - sonst wäre im Homeoffice gar nichts mehr passiert.

Mittlerweile sind drei Plätze im Herzberger Co-Working-Space fest vergeben, beispielsweise an einen Grafik- und einen Mediendesigner. Doch es zeigt sich nach gut fünf Jahren auch: Das Konzept geht im ländlichen Herzberg noch nicht so richtig auf.

"Es gibt hier sehr viele handwerkliche Berufe, oder Berufe, die keine Bürojobs sind", so der Familienvater. "Deshalb ist natürlich der Bedarf auch geringer." Die drei Herzberger Co-Worker haben ihre Jobs allesamt von ihren alten Standorten mit in die Region gebracht.

Forst: Mehr als nur ein Arbeitsplatz?

Ähnliche Probleme wie in Herzberg gibt es auch in der Villa Digitalkultur in Forst (Spree-Neiße). Lediglich zwei feste Mieter gibt es hier, auch, wenn einer davon gleich mehrere Arbeitsplätze gebucht hat. Viele hätten bereits am Anfang gesagt, dass ein Co-Working-Space in Forst nicht funktioniert, erzählt Mitbegründerin Mo Zielinski. Es gebe keinen Bedarf.

"Der Bedarf nach Gemeinschaft ist schon da", beobachtet Zielinski. Der Co-Working-Space soll darum nun auch zum Kulturzentrum werden. Durch Musik, Leseabende oder Salsakurse.

"Wir wollen Leute durch unsere Angebote an diesen Ort bringen, aber wir wollen den Ort auch öffnen für Leute, die eigene Angebote haben", sagt Zielinski.

Schwarze Pumpe: Anknüpfungspunkt Industrie

Besser funktioniert das reine Co-Working-Konzept dort, wo sich ohnehin schon viel Industrie angesiedelt hat. Beispielsweise im Industriepark Schwarze Pumpe (Spree-Neiße) an der brandenburgisch-sächsischen Grenze. Hier gibt es immerhin schon fünf regelmäßige Mieter - unter ihnen der Berliner Start-Up-Gründer Philip Bilaudel. "Wir sind zwölf Leute im Team, und wir sind sehr online und digital aufgestellt. Ich brauche eigentlich nur meinen Computer, meinen Bildschirm und guten Kaffee. Das habe ich alles hier gefunden", sagt Bilaudel.

Doch auch fünf Mieter sind eine überschaubare Anzahl. Darum wurde das Portfolio des Co-Working-Space in Schwarze Pumpe erweitert - in Zukunft sollen nicht nur Büroräume vermietet werden. Unternehmen aus der Produktion sollen gleich ganze Werkhallen mieten können.

Lübbenau: Die XXL-Vision

In noch größeren Dimensionen denkt man in Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz). Die Spreewaldstadt will ein vierstöckiges Bürohaus bauen, direkt am Bahnhof und mit 150 modernen Arbeitsplätzen. Es ist quasi eine Wette auf die Zukunft.

Lübbenau liegt direkt an der Bahnstrecke Cottbus-Berlin, die zukünftig den Lausitz Science Park und den Wissenschaftspark Berlin Adlershof verbindet. Allein in Adlershof arbeiten rund 24.000 Menschen, ein Teil davon aus Südbrandenburg. Sie müssten zukünftig nicht mehr in die Hauptstadt pendeln.

Das Projekt wurde als förderwürdig eingestuft. 25 Millionen Euro stehen damit aus dem Lausitzer Strukturwandeltopf bereit. Die künftigen Betreiber haben inzwischen das Grundstück gekauft und baufertig hergerichtet. Wenn alles klappt, soll noch in diesem Jahr der Bau beginnen.

Bedarf nach flexibler Arbeit vorhanden

Die Südbrandenburger Beispiele zeigen: Das Konzept hat es im ländlichen Brandenburg oft noch schwer. Vor allem in größeren Co-Working-Spaces bleiben nach wie vor auch Plätze frei. In Guben (Spree-Neiße) musste der 2019 eröffnete Co-Working-Space sogar wieder schließen.

Eine ökonomischere Variante könnten anpassungsfähige Räumlichkeiten sein, die tagsüber zum Arbeiten und am Abend für kulturelle Angebote genutzt werden. Wenn es denn jemanden gibt, der diese Angebote dann auch umsetzt.

Auch der Standort scheint eine Rolle zu spielen – dort, wo ohnehin schon viel passiert, haben es auch Co-Working-Spaces leichter, anzudocken.

Der Bedarf nach flexibler Arbeit ist in Südbrandenburg vorhanden - wenn zunächst auch nur im Kleinen. Mit neuen Arbeitsformen, die sich vor allem durch den Strukturwandel verstärkt in der Lausitz und dem Elbe-Elster-Land ansiedeln werden, könnte das Konzept aber langfristig noch begehrter werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.04.24, 16:00 Uhr

4 Kommentare

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  1. 3.

    Eine Firma, sei sie noch so klein, ist gut beraten, Eigentum zu haben. Das kann man beleihen und mit dem Kredit wachsen. So funktioniert die Wirtschaft. In einem gemieteten Büro anfangen geht nur, wenn ich eine ganz ganz gute Idee habe. Aber spätestens nach zwei Jahren muss ich dann was Eigenes haben können, da hilft auch keine. Bespaßung für die Angestellten.

  2. 2.

    Ich denke man könnte auch eine Milliarde reinhauen und es wird nicht klappen. Das liegt m.E. vorallem an dem xenophoben Prestige, was man sich über Jahrzehnte erarbeitet hat. Viel Glück noch.

  3. 1.

    "25 Millionen Euro stehen damit aus dem Lausitzer Strukturwandeltopf bereit"
    Wahnsinn, für ein aussichtsloses Unterfangen. Alle Sharingmodelle, egal wie sie heißen, scheitern. Immer. An den Servicekosten. Es gibt ihn nicht. Den pfleglichen Umgang mit Geliehenem...

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