Wahl bis zum 17. Mai - Stichwahl bei der SPD: Zwei Spitzenduos ringen um die Macht

Do 02.05.24 | 10:19 Uhr
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Stichwahl bei der SPD: Zwei Spitzenduos ringen um die Macht. (Quelle: IMAGO/Funke Foto Services)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.05.2024 | Jan Menzel | Bild: IMAGO/Funke Foto Services

Klar ist: Die Berliner SPD wird eine neue Führung bekommen. Doch wer folgt auf Raed Saleh und Franziska Giffey? Am Donnerstag startet das Mitgliedervotum in die zweite Runde. Noch zwei Duos sind im Rennen.

Die Berliner SPD startet am Donnerstag in die zweite Runde ihres Mitgliedervotums. Bis zum 17. Mai können rund 18.000 Mitglieder darüber abstimmen, wer den Landesverband künftig führen soll. Die Wahl ist online, aber auch traditionell per Brief möglich.

Zwei Duos treten in dieser Stichwahl gegeneinander an: Der stellvertretende Landesvorsitzende Kian Niroomand und die frühere Vorsitzende der Frauen in der SPD, Jana Bertels, haben angekündigt, dass sie die SPD im Falle ihrer Wahl als "moderne, linke Großstadtpartei" neu aufstellen wollen.

Die ehemalige Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini und der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel versprechen eine "pragmatische Politik", die sich an den "Alltagsrealitäten" orientiere. Beide werden innerhalb der SPD eher im rechten Pateiflügel verortet.

Keine gebührenfreie Bildung

Böcker-Giannini und Hikel hatten sich schon in der ersten Runde von vom bisherigen Kurs der SPD und der Politik der "Umsonst-Stadt" abgegrenzt. Damit gemeint sind staatliche Gratis-Angebote für alle, unabhängig vom Einkommen, wie etwa die gebührenfreie Kita oder das kostenlose Mittagessen an Schulen.

"Wir stehen für eine echte Umverteilung von oben nach unten", sagte Böcker-Giannini, ohne allerdings schon konkret zu werden, wo und ab welcher Einkommensgrenze sie sich die Wiedereinführung von Gebühren vorstellen könnte.

Mehr Termine in Bürgerämtern

Das zweite Bewerber-Team aus den beiden Parteilinken Kian Niroomand und Jana Bertels will dagegen an der gebührenfreien Bildung festhalten. Die Debatte führe aus seiner Sicht an der Realität vorbei, so Niroomand.

"Ich glaube nicht, dass die Leute jetzt darüber großartig nachdenken: Mensch, ich würde ja gerne wieder Gebühren für die Kita bezahlen', sondern dass die Menschen von dieser Stadt geschlaucht sind", sagte er weiter. Die SPD müsse vielmehr darum kümmern, dass die Infrastruktur wieder funktioniere und es beispielsweise Termine in den Bürgerämtern gebe.

Abstimmung um Vorsitz auch Machtfrage

Neben den inhaltlichen Differenzen zwischen beiden Duos stellt sich mit der Stichwahl auch eine Machtfrage. Hikel hat bereits für den Fall, dass er und Böcker-Giannini die Abstimmung für sich entscheiden, die "nötige Beinfreiheit" eingefordert. In einem neuen Landesvorstand müsse es um "Kompetenz gehen und weniger um Proporz", kündigte der Neuköllner Bezirksbürgermeister an.

Niroomand und seine Teampartnerin Jana Bertels bezweifeln dagegen, dass sich die bisweilen zerrissene SPD und nach einer Serie von Wahlniederlagen geschwächte Partei so wieder zusammenbringen lässt. "Man kann nicht zwei Jahre lang Vorsitzende sein und versuchen, quasi den zentralen Gremien, Landesvorstand und Landesparteitag Positionen aufzudrücken."

Abstimmungsergebnisse am 18. Mai erwartet

Beide Duos haben jetzt noch knapp zwei Wochen Zeit, um parteiintern Wahlkampf zu machen. Geplant sind auch mehrere Diskussionsveranstaltungen. Entscheidend dürfte am Ende sein, wie gut es den jeweiligen Lagern gelingt, ihre Anhänger zu mobilisieren. An der ersten Abstimmung im April hatte etwas weniger als die Hälfte der Mitglieder teilgenommen.

Böcker-Giannini und Hikel verfehlten in der ersten Runde mit 48 Prozent der Stimmen nur knapp die absolute Mehrheit. Die beiden Zweitplatzierten Jana Bertels und Kian Niroomand kamen auf 36 Prozent. Der amtierende Landesvorsitzende Raed Saleh und seine Partnerin Luise Lehmann schieden mit knapp 16 Prozent aus. Salehs derzeitige Co-Vorsitzende, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, hatte nicht wieder um den Landesparteivorsitz kandidiert.

Das Ergebnis der zweiten Abstimmung will die SPD am 18. Mai mitteilen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.05.2024

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46 Kommentare

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  1. 46.

    "Brandt kniete vor den Opfern im Warschauer Ghetto," ... völlig zutreffend. Deshalb hatte auch die polnische KP, die nichts unversucht ließ, gegen Großdeutschland Front zu machen, bei dieser Geste sprichwörtlich "schlechte Karten". Die erste Zeitung, die das Foto des knieenden Brandt zeigte, war keine System-Zeitung, sondern eine jüdische Zeitung. Danach konnte auch die KP nicht mehr zurück.

    Schmidt hat die Brandtsche Politik dann recht pragmatisch fortgeführt - wie ich schrieb: einfach nur Kurs halten, gleich auch wie. Auffrischenderes, was es immer braucht, gab es unter Schmidt nicht. Schon garnicht wäre ihm so etwas wie ein Kniefall in den Sinn gekommen.

  2. 45.

    Eine Kita ist doch eine Bildungseinrichtung oder sehen die Revisionisten in der SPD das nun auch anders?
    Wäre mir Neu, aber wundern würde es mich nach über 123 Jahren des Revisionismus in der SPD nun auch nicht mehr.

  3. 44.

    Ich finde es toll, wie sich jemand aus Niedersachsen für Berliner Bildung interessiert, ist ja auch ein Knochenjob ;-)

  4. 43.

    Brandt kniete vor den Opfern im Warschauer Ghetto, nicht aber vor den polnischen Kommunisten. Unter ihm wurde ca. 4% des BIP für Verteidigung ausgegeben. Schmidt hatte dessen Politik fortgesetzt und setzte trotz NATO-Doppelbeschluss auf Entspannung auch gegenüber der DDR.

  5. 41.

    Vielleicht hilft allgemein der Hinweis, dass in den westlichen polnischen Gebieten bis 1970 so gut wie keine Neubauten entstanden und auch die Renovierung des Altbaubestandes kaum in Gang kam. Die wesentlichen Bautätigkeiten in den westlichen polnischen Gebieten - dem früheren Pommern, Westpreußen und Schlesien - kam im Wesentlichen erst nach 1970 in Gange.

    Bis dahin herrschte unausgesprochen das Gefühl vor, die Teutonen kämen über die Oder und die Neiße, um sich Gebiete zurückzuholen. Da half auch keine DDR-Bruderpolitik-Propaganda nichts. Erst nachdem der wesentlichste (bundes-)deutsche Staatsmann eine ehrliche und nicht etwa protokollarisch verabredete Demutsgeste an den Tag legte, begannen Aktivitäten.

    Manche hadern damit oder reden es im Nachhinein klein. Ich habe die Empfindung, Sie auch.

  6. 40.

    Wer sagt denn, dass jemand für die Bildung zahlen soll?
    Es geht um Gebühren für die Kita und kostenloses Essen in den Schulen. Da darf man doch Fragen, warum Gutverdiener nicht für Kitabetreuung oder fürs Essen der Kids in der Schule bezahlen sollen. Die Mentalität alles kostenlos haben zu wollen ist mir unbegreiflich. Lieber mehr Erzieher und Lehrer und je nach Einkommen was bezahlen. Genauso 29 Euro Tickets oder kostenlose Tickets für Schüler, dann kann ein Großteil bestimmt mehr bezahlen

  7. 39.

    Ach Elias, Giffey hatte sich 2021 nicht durchsetzen können. Stattdessen gab es erneut RRG und 2023 eine krachende Niederlage ohne das weder Linke noch Linksalternative von der Schwäche der SPD haben profitieren können.

  8. 38.

    Mit Verlaub, diese Versöhnungspolitik war keine visionäre Politik gewesen, zumal wenn man an die Schuld Deutschlands denkt.

  9. 37.

    Na was jammert Ihr denn so, dann meldet Euch doch beim Bürgergeld an und fertig. Ist doch einfach. Nur leeres Geschimpfe.

  10. 36.

    Wie bitte? Unter Giffey hat die sPD die cDU rechts überholt. Sie müssen ein anderes Berlin kennen.

  11. 34.

    "Gebührenfreie Bildung" ist für Sie also schon wieder DDR ? Und Sie wissen auch sofort wie das endet! Respekt, wer sich so viel Gedanken macht!

  12. 33.

    Dass die DDR untergegangen ist, lag aber mit Sicherheit nicht an einer kostenfreien Bildung oder ärztlichen Versorgung. Erstere war hervorragend, wenn man den politischen Müll mal rausrechnet, letztere ohnehin nicht auf dem Niveau der Bundesrepublik, aber trotzdem um Welten besser, als in einem Entwicklungsland. Schulspeisung und Unterbringung der Kinder waren hoch subventioniert, aber keineswegs vollkommen kostenlos. Trotzdem hat das alles nicht derart viel gekostet, dass es im Haushalt Löcher gerissen hätte, denn im Gegenzug konnten Eltern beruhigt arbeiten gehen und damit Steuern entrichten. Das Problem der DDR war die Planwirtschaft, verbunden mit mangelnden Geldern für Zukunftsinvestitionen. So wurde jahrzehntelang auf Verschleiß gefahren, für Produkte, die sehr oft international nicht wettbewerbsfähig waren und damit keine Devisen in nötiger Höhe generieren konnten.

  13. 32.

    Also heute erhalten doch auch reichlich Bürger alles mögliche UNENTGELTLICH.
    Nur Menschen mit kleinen Einkommen über Bürgergeld-Niveau nicht. Die zahlen alles aus der eigenen Tasche.
    Und vom großen Immobilienkuchen bekommen die heute auch nichts.

  14. 31.

    Mit Verlaub: Ich glaube, Sie verwechseln da Visionen mit Neurosen. Visionen sind weit und dann wird (finanziell) abgeklopft, was geht und was nicht. Neurosen sind hartnäckig und halten sich über alle Umstände hinweg. Da kann geredet werden, was will.

    Willy Brandt betrieb eine visionäre Ostpolitik nach der Einigelung der Adenauer-Zeit. Das ist unzähligen Menschen zugute gekommen. Brandt kniete in Warschau; sein Nachfolger Schmidt, der ein Gegner des Visionären war, hätte seine Knie nicht einmal 10 cm gebeugt bekommen - nicht etwa, weil er körperlich dazu nicht in der Lage gewesen wäre.

  15. 30.

    Ja - weg mit dem Idealen der Gründungsväter!
    Alles was „sozial“ im Namen trägt war oder ist doch (von so ein paar Idealisten wie Willy mal abgesehen) doch nur erfolgreich wenn es zusätzlich die Begriffe „christlich“ oder „national“ verwendet!
    Einfach nur noch furchtbar….

  16. 29.

    Leider steht die SPD auf der linken Seite und nicht in der Mitte. Wenn die Bedeutung von „Mitte“ ernst genommen wird. „Feststeller:innen“ und „Zuteiler:innen“ haben wir genug. Zuwenig wird „gemacht“, damit die Gegend, im Vergleich zu anderen, sich verbessert.

  17. 28.

    Mal was ganz anderes:
    sollten sich die Kandidaten bei solchen und ähnlichen Terminen nicht besser hinsetzen, das würde optisch durchaus gewinnen.
    Is nur 'n Vorschlag...

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