Mitgliederentscheid - Landeschef Saleh bei Wahl zur neuen Berliner SPD-Spitze gescheitert

Sa 20.04.24 | 17:05 Uhr
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Archiv: Raed Saleh (SPD) spricht während einer Fragerunde. (Foto: dpa)
Audio: rbb24 Inforadio | 20.04.2024 | Josefine Grützmacher | Bild: dpa

Der Landes- und Fraktionschef der Berliner SPD, Raed Saleh, ist gemeinsam mit Luise Lehmann bei der Wahl zur neuen Parteispitze ausgeschieden. Es kommt nun zu einer Stichwahl zwischen den Duos Niroomand/Bertels und Hikel/Böcker-Giannini.

  • drei Kandidaten-Duos hatten sich Votum für neue Parteispitze gestellt
  • Raed Saleh und Luise Lehmann mit rund 15,7 Prozent ausgeschieden
  • Hikel/Böcker-Giannini und Niroomand/Bertels gehen in Stichwahl
  • endgültige Entscheidung über neues Berliner SPD-Führungsduo fällt am 25. Mai

Die Mitgliederbefragung der Berliner SPD zur künftigen Doppelspitze geht in eine zweite Runde. Im ersten Wahlgang kam keines der drei Bewerberduos auf eine absolute Mehrheit, wie die SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey am Samstag nach der Auszählung mitteilte.

Noch im Rennen sind der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel mit Ex-Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini und das Team aus dem SPD-Landesvize Kian Niroomand und der früheren Co-Vorsitzenden der Berliner SPD-Frauen, Jana Bertels. Die Stichwahl findet vom 2. bis 17. Mai statt.

Aus dem Rennen sind dagegen der amtierende Co-Vorsitzende und langjährige SPD-Fraktionschef Raed Saleh und die Bezirkspolitikerin Luise Lehmann aus Marzahn-Hellersdorf.

Bei dem Mitgliederentscheid kamen Hikel/Böcker-Giannini auf rund 48,2 Prozent der Stimmen und das Duo Niroomand/Bertels auf rund 36,1 Prozent. Für Saleh/Lehmann stimmten rund 15,7 Prozent.

Konkurrenten: kein "Weiter so"

Saleh ist seit dreieinhalb Jahren Co-Vorsitzender der Berliner SPD, gemeinsam mit Wirtschaftssenatorin Giffey. Seit 2011 steht er an der Spitze der Abgeordnetenhausfraktion. Saleh hat die Politik der SPD in den vergangenen Jahren maßgeblich gestaltet und die Partei auch in das schwarz-rote Bündnis geführt.

Die SPD-Mitglieder hätten gegen eine "Weiter so" entschieden, kommentierte Hikel das Ergebnis am Samstag. Das Ergebnis sei ein Einschnitt und bringe die Partei in eine "neue Ära der Sozialdemokratie". Ähnlich äußerte sich seine Co-Bewerberin Böcker-Giannini, die an die Einigkeit der Partei appellierte.

Bertels vom zweiten Team erklärte, das Votum zeige den Wunsch vieler Sozialdemokraten nach einem Neustart der Partei. "Das wäre mit uns möglich". Bewerber Niroomand sagte, er wolle zeigen, dass die SPD "die Stadt wieder richtig zum Funktionieren bringen kann".

Beide Teams einte der Wille, gegen das Establishment an der Parteispitze vorzugehen und neue Wege einzuschlagen, um die seit Jahren bei Wahlen immer mehr schwächelnde SPD wieder nach vorn zu bringen. Programmatisch unterscheiden sie sich in einigen Punkten. So stellten Hikel und Böcker-Giannini etwa das kostenlose Kita-Essen für alle Kinder infrage, Niroomand und Bertels sprachen sich hier gegen Änderungen aus.

Saleh und Lehmann enttäuscht

Saleh und Lehmann zeigten sich enttäuscht. "Unsere Mitglieder haben im ersten Wahlgang eine eindeutige Entscheidung getroffen, die wir voller Respekt und verantwortungsvoll annehmen", erklärten beide. "Selbstverständlich ist dieses eindeutige Ergebnis für uns persönlich enttäuschend, als Partei wird uns die baldige Klarheit aber insgesamt stärken und konzentriert zusammenführen und zusammenarbeiten lassen."

Ob Saleh nach der Wahlschlappe Fraktionschef bleibt, liege in dessen persönlicher Entscheidung, sagte Giffey. Sie betonte aber, die Wahl über den Landesvorsitz sei keine Entscheidung über den Fraktionsvorsitz.

Endgültige Entscheidung am 25. Mai

In der ersten Runde hatten die gut 18.000 Berliner Sozialdemokraten vom 6. bis 19. April etwa zwei Wochen lang die Möglichkeit, ihre Stimme für eines der Bewerberduos abzugeben. Die Abstimmung war online oder per Brief möglich. Nach Angaben Giffeys beteiligten sich 47,6 Prozent der Parteimitglieder.

Nach Ende des zweiten Wahlgangs der Mitgliederbefragung am 17. Mai wird das Ergebnis einen Tag später ausgezählt. Endgültig gewählt werden soll die neue Doppelspitze auf Basis dieses Ergebnisses dann bei einem Parteitag am 25. Mai. Das Votum der Mitglieder ist zwar für den Parteitag rechtlich nicht bindend, eine abweichende Abstimmung der Delegierten gilt aber als praktisch ausgeschlossen.

SPD zuletzt mit historisch schlechtem Ergebnis

Bei der Berliner SPD herrscht Unruhe und Verunsicherung, weil es mit den Wahlergebnissen seit vielen Jahren stetig bergab ging. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Februar 2023. Die einstige Volkspartei mit Giffey als Spitzenkandidatin fuhr ein historisch schlechtes Ergebnis von 18,4 Prozent ein und landete weit hinter der CDU und nur wenige Stimmen vor den Grünen.

Anschließend ging die Partei nach rund sechseinhalb Jahren Bündnis mit Grünen und Linken eine Koalition mit der CDU ein - als Juniorpartner. Giffey, die erst Ende 2021 als Regierende Bürgermeisterin ins Rote Rathaus eingezogen war, arbeitet seither als Wirtschaftssenatorin im schwarz-roten Senat ihres Nachfolgers Kai Wegner (CDU). Im vergangenen Januar hatte sie erklärt, nicht wieder als Landesvorsitzende zu kandidieren.

Sendung: rbb24 Abendschau, 20.04.2024, 19:30 Uhr

56 Kommentare

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  1. 56.

    Ich hätte lieber Schröder der hatte noch Statur und war ein Mann voll Saft und Kraft. War sicher etwas sperrig und hirschsüchtig, aber das waren und sind doch alle großen Männer!

  2. 55.

    Wenn man will, dass die Berliner SPD weiterhin glasklar von ganz rechts abgrenzen soll, dann muss man nur auf einen linken, guten und richtigen Duo wählen. Und das sind Jana Bertels und Kian Niroomand. Bitte stimmen Sie alle beim Stichwahl für Jana und Kian als neues Duo, um diese schwarz-rote Allianz im Berlin im kommenden Jahr 2026 zu beenden.

  3. 54.

    Sagt wer? In dieser Angelegenheit sie haben überhaupt nichts zu melden. Ihre Meinung verpufft ganz einfach.

  4. 52.

    "Erstens verkraftet die Partei natürlich einen Seeheimer, zweitens wäre der Untergang der SPD gut."

    Und da haben wir die wahre Motivation warum Gegner der sPD FÜR Hikel wären. Man wünscht sich den Unterhang der sPD.

    Ich nicht. Auch wenn ich bekanntlich die Politik der sPD seit Schmidt ablehne. Sie muß ihr Profil als sozialdemokratische Partei schärfen, statt den Mehrheitsbeschaffer für die rechtskonservative cDU zu spielen oder gar gleich eine Kopie derselben darzustellen.

    Das gelingt nicht mit Hikel, der steht für die Seeheimer und Giffey. Das wäre dannn das endgültige Aus.

  5. 51.

    Natürlich. Und deshalb konnten sie mein angeblichen Verdrehungen auch so detailliert widerlegen.

    Sie versuchen es noch nicht mal...

  6. 50.

    Ich bin sehr froh, dass es nicht Saleh und Lehmann kommen wird. Die Berliner SPD braucht jetzt ein linke Partei. Und daher habe ich für Jana und Kian als neue Duo diese Partei ausgesprochen.

  7. 49.

    Erstens verkraftet die Partei natürlich einen Seeheimer, zweitens wäre der Untergang der SPD gut.

  8. 48.

    Freut mich, dass Saleh aus dem Rennen ist. Ich fänd es gut, wenn frischer Wind käme. Vermutlich werden die Mitglieder sich aber für Hikel/Böcker Giannini entscheiden. Schauen wir mal, wie es weiter geht.

  9. 47.

    Wer oder was auch immer dafür gesorgt hat:
    DANKE DANKE DANKE

  10. 45.

    Das ist Geschichtsklitterung hoch zehn und von rechts. Ja, die sPD hat ihre Stammwähler nicht mehr berücksichtig als sie unter Schmidt nach rechts gerutscht ist, Das war der Beginn des Selbstzerstörungskursus der Seeheimer.

    Endgültig überflüssig geworden ist die sPD unter Schröder und wer war wieder federführend? Die Seeheimer.

    Im Zweifel wählt der Wähler dann doch lieber das Original, die cDU. Dessen Anhängsel und Mehrheitbeschaffer ist nämlich die sPD unter den Seeheimern geworden.

  11. 44.

    Das ist Geschichtsklitterung hoch zehn und von rechts. Ja, die sPD hat ihre Stammwähler nicht mehr berücksichtig als sie unter Schmidt nach rechts gerutscht ist, Das war der Beginn des Selbstzerstörungskursus der Seeheimer.

    Endgültig überflüssig geworden ist die sPD unter Schröder und wer war wieder federführend? Die Seeheimer.

    Im Zweifel wählt der Wähler dann doch lieber das Original, die cDU. Dessen Anhängsel und Mehrheitbeschaffer ist nämlich die sPD unter den Seeheimern geworden.

  12. 43.

    Das dachte ich auch, aber zuerst muss KI gefüttert werden und damit fangen die Probleme schon an.

  13. 42.

    Das Problem dabei ist nur, wer soll den Willen des Voks dann definiert. Ich bin gegen weitere Fahradstraßen in Berlin. Maße mir aber nicht an deshalb den "Volkswillen" zu repräsentieren.

  14. 41.

    Unter den Seeheimern hatte die SPD noch in vielen Bundesländern die absolute Mehrheit. Im Bund waren es immerhin 30 % +
    Der Niedergang begann als sich die Partei nicht mehr für die arbeitende Bevölkerung einsetzte sondern, zumindest gefühlt, für die Interessen von Randgruppen. Wer Randgruppen in den Mittelpunkt seiner Politik stellt wird dann schnell selbst zur Randgruppe.

  15. 40.

    Eine klare Klatsche für den Drahtzieher der RGR-Koalition von 2021, für die 2023 die SPD vom Wähler abgestraft worden ist.

  16. 39.

    Wenn man der sPD unbedingt schaden möchte, dann ist Hikel die richtige Wahl. Hikel wird dort weitermachen wo Giffey aufgehört hat. Noch ein Seeheimer und die sPD scheitert an der 5 % Hürde.

  17. 38.

    Eher noch hätte ich es Franziska Giffey zugetraut die SPD Berlin in eine neue Zeit zu führen. Aber nicht mit Raed Saleh an Ihrer Seite, der keine Gelegenheit ausgelassen hat ihr ein Bein zu pinkeln.
    Der Mann ist der Fritze Merz der SPD Berlin.

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