Reaktionen auf Wegner-Wahl - "Schwieriger Tag für die neue Koalition"

Do 27.04.23 | 20:43 Uhr
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Kai Wegner und Franziska unterhalten sich im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses.
Video: rbb|24 | 27.04.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: dpa

Erst im dritten Wahlgang haben die Abgeordneten Kai Wegner zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Überschwängliche Freude herrschte danach aber in keinem Lager. Unterschiedliche Auffassungen gibt es von der Rolle der AfD.

Drei Anläufe hat Kai Wegner gebraucht, um ausreichend Stimmen auf sich zu vereinen: Die Wahl des CDU-Kandidaten zum neuen Regierenden Bürgermeister Berlins ist nicht ohne Hindernisse verlaufen. Nach der Wahl von CDU-Politiker Kai Wegner zum neuen Regierenden Bürgermeister von Berlin gibt es verschiedene Auffassungen, wie die Mehrheit zustande kam.

Die AfD behauptet, im letzten Wahlgang für Wegner gestimmt und ihm damit zur erforderlichen Mehrheit verholfen zu haben. Die Abstimmung war geheim.

Wegner: "Das ist genau die Koalitionsmehrheit"

Der neue Regierende Bürgermeister, Kai Wegner, sagte im rbb, er glaube nicht, dass er Stimmen aus der AfD-Fraktion erhalten habe. "Wir hatten 86 Stimmen, das ist genau die Koalitionsmehrheit", so Wegner. "Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will, sie will das nutzen, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass die AfD einen Regierenden Bürgermeister wählt, der die größte AfD-Jägerin aus ganz Deutschland nach Berlin holt."

Damit spielte Wegner auf die Berufung der neuen Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für die CDU) an, die sich zuvor als stellvertretende Chefin des Bundesamtes für Verfassungsschutz für eine Beobachtung der AfD durch die Behörde ausgesprochen hatte.

Saleh widerspricht AfD

Ähnlich äußerte sich SPD-Landes- und Fraktionschef Raed Saleh: "Am Ende hat es funktioniert mit einer eigenen Mehrheit von 86 Stimmen." Dass drei Wahlgänge nötig gewesen seien, sei nicht schön. "Aber es ist nicht das erste Mal, dass es nicht im ersten oder zweiten Wahlgang funktioniert", sagte Saleh. "Die Verfassung sieht ja genau deshalb drei Wahlgänge vor. Aber ich hätte mir natürlich etwas anderes gewünscht."

Auch Wegners Amtsvorgängerin Franziska Giffey von der SPD wies die AfD-Erklärung zurück und sprach von einer "chaotisierenden Behauptung". Die rot-schwarze Koalition habe 86 Stimmen und das seien genau die Stimmen, die dafür gesorgt hätten, dass Wegner zum Regierenden Bürgermeister gewählt wurde. Es sei zwar ein schwieriger Tag, so Giffey, aber Berlin werde eine handlungsfähige Landesregierung bekommen.

Jarasch: "Massiver Schaden für die Stadt"

Die Grünen-Abgeordnete Bettina Jarasch sagte, es sei ein desaströser Start für die Regierung. Schwarz-Rot könne sich nicht auf die eigene Mehrheit verlassen.

Auf Twitter erklärte Jarasch, die Möglichkeit, dass Wegner im dritten Wahlgang Stimmen aus der AfD-Fraktion bekommen haben könnte, bleibe an diesem Tag haften und richte "massiven Schaden für die Stadt, die Demokratie und die politische Kultur" an.

Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang schrieb auf Twitter: "Die SPD und die CDU in Berlin haben der Stadt, der Demokratie und der politischen Kultur heute großen Schaden zugefügt, indem sie ohne sichere Mehrheit in den dritten Wahlgang gegangen sind - und so zugelassen haben, dass die AfD die Wahl Wegners für sich reklamieren kann." Jan Korte, Linken-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, schrieb: "Wegner lässt sich ohne Skrupel vereidigen, trotz des Verdachts, Regierender Bürgermeister von Gnaden der AfD-Faschos zu sein."

"Politischer Scherbenhaufen"

Linke-Landeschefin Katina Schubert sagte im rbb: "Das was sich hier abgespielt hat, haben wir hier in Berlin noch nicht erlebt. Dass ein Regierender Bürgermeister keine Mehrheit hat in den Fraktionen, die ihn tragen sollen, ist eine schwierige Situation. Er wird mit dem Makel leben müssen, möglicherweise mit AfD-Stimmen gewählt worden zu sein."

Die Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker konnte nicht sagen, wie viele ihrer Kollegen tatsächlich für Wegner votiert hatten. "Es war eine geheime Wahl", sagte sie. "Es waren nicht alle Abgeordneten, es gab auch welche, die nicht für Wegner stimmen wollten." Auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigten zunächst fünf der 17 AfD-Parlamentarier ihre Stimme für Wegner.

Christoph Meyer, der Landesvorsitzende der FDP in Berlin, sprach im Nachgang der Wahl von einem "politischen Scherbenhaufen", den die Koalitionsparteien hinterlassen hätten: "Die Heckenschützen aus SPD und CDU haben damit die Fassade eines Neustarts schon vor der Vereidigung von Kai Wegner zum Einsturz gebracht - es steht sogar im Raum, dass nur die Tolerierung durch die AfD die Mehrheit sichern konnte."

Einladung nach Potsdam

Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gratulierte Wegner zur Wahl durch das Berliner Abgeordnetenhaus und lud ihn nach Potsdam ein. In einem Schreiben betonte Woidke: "Mit Ihnen bekommt die Innovations- und Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg eine starke Stimme. Ich freue mich auf unser beider Zusammenarbeit."

Wegner erhielt im dritten Wahlgang 86 Ja- Stimmen, 70 Abgeordnete stimmten mit Nein, drei enthielten sich. In den ersten beiden Wahlgängen hatte der CDU-Landeschef nicht die erforderliche Mehrheit von 80 Ja-Stimmen bekommen.

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Sendung: rbb24 Abendschau, 27.04.2023, 19:30 Uhr

58 Kommentare

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  1. 57.

    "Was diese Partei schon an Filz und Rechtsbrüchen aufgedeckt hat spricht eher gegen die anderen. "

    Welchen Filz und Rechtsbrüche hat denn die rechtsextreme AfD in den eigenen Reihen aufgedeckt?

  2. 56.

    Das Parks für den Wohnungsbau nur sehr, sehr begrenzt in Anspruch genommen wird ist eine Selbstverständlichkeit. Aber das Teile der Brachfläche des alten Flugfeldes bebaut wird, dagegen ist nichts einzuwenden. Dafür ist auf dem Gelände ausreichend frei Fläche.
    Den Unsinn mit den Parkplätzen hat Frau Jarasch schon versucht in die Praxis umzusetzen. Das Umbauen von Berlin in Bullerbü ist schon schief gelaufen und in Friedrichshain Kreuzberg sind Tausende von Parkplätzen vernichtet worden aber keine einzige Wohnung mehr wurde gebaut. Dafür wurde das Geld für Asphalt Malerei und blödsinnige Straßenmöbel rausgeworfen. Und in der Friedrichstraße wurde auch keine Wohnung mehr gebaut aber Parkplätze vernichtet.
    So etwas passiert wenn Ideologie vor Verstand geht.

  3. 55.

    Für den Raum den wir für neue Wohnungen brauchen, können wir doch endlich mal Parkplätze bzw. Stellplätze verwenden! Niemand hat Anspruch auf einen Parkplatz, es sei denn er ist gekauft oder gemietet. Wir müssen ja nicht gleich alle umwandeln. Warum dafür Parks und andere Erholungsflächen nutzen?

  4. 54.

    Wieso steht das Programm der AfD den Bürgern nicht nah ? Gibt es da eventuell verschiedene Ausführungen ? Das was ich auf Ihren Beitrag extra gelesen habe, ist doch in vielem sehr konkret und auch nachvollziehbar. Vom Rechtsextremismus, wie hier immer behauptet wird, konnte ich auch nichts finden. Das Progarmm könnte auch als eine Blaupause für einen zukünftigen Koalitionsvertrag mit der CDU herhalten.

  5. 53.

    Ich glaube auch nicht an die Mär der AfD Stummen. Was ich eher bedenklich finde ist das die SPD auf Linien gebracht wurde. Demokratie ist das für mich nicht. Die SPD wollte schwarz rot nicht nur Frau Giffey und Herr Saleh und win paar Mitläufer. Nun müssen wir es 3 Jahre ertragen dann können wir sie ja abwählen. Ich fürchte nur es wird die AfD weiter stärken und dann haben wir ggf. In 3 Jahren ein Handlungsunfähiges Parlament.

  6. 52.

    Die Randbebauung sollte das erste Projekt sein, welches der neue Senat in Angriff nimmt. Denn Wohnungen braucht die Stadt ganz dringend.
    Die S-Bahn von der Deutschen Bahn abzuspalten war ein Projekt der Grünen das hoffentlich der Vergangenheit angehört. Das hat aber zu der asozialen Politik der Grünen gepasst, die auch die Rekommunalisierung der Servicebetriebe der Krankenhäuser blockiert haben.
    Die Verwaltungsreform wird kommen aber ohne die wirren Vorstellungen der Grünen die damit gleich andere Dinge wie die Identitätspolitik durchsetzen wollten.
    Sie sehen, es wird mit Berlin vorangehen ohne das Grüne Bullerbü und den Hass gegen Autofahrer..

  7. 51.

    Die Wahl ist nicht gut gelaufen. Aber wenn sie der Meinung sind die Koalition ist nur mit den Stimmen der AfD gewählt worden. Das ist schon vom gesunden Menschenverstand her Unsinn. Woher sollte die AfD wissen wie viele Stimmen der Koalition fehlten um dann genau die 86 Stimmen zusammen zu bekommen wie die Koalition an Stimmen hat.
    So können die Grünen und die Linke auch versuchen ihren Frust mit Lügen über den Macht Verlust versuchen zu kompensieren.

  8. 50.

    Den Berlin-Scherbenhaufen haben die Berlin-Grünen und Berlin-Linken hinterlassen. Fr. Jarasch & Co. haben es auch geschafft viele Jusos an sich zu binden (die Jungen haben gute Ziele u. Visionen, sind aber leichter zu manipulieren, als Menschen mit Lebenserfahrung). Die AfD profitiert von Fr. Jarasch & Co. & sogar von linken Jusos. Wenn das so weitergeht... Gestern ist vorbei ! Ich wünsche der neuen Berlin-Regierung viel Erfolg. Berlin braucht jetzt Veränderung. Es ist viel zu tun in der Stadt.

  9. 49.

    Da irren sie. Wenn man sich den Kommentar von Frau Jarasch anhört, die völlig unbewiesene Behauptungen in die Welt setzt in dem sie behauptet, die Koalition ist mit den Stimmen der AfD gewählt worden. Da wird mit einer Falschmeldung, man kann auch sagen mit einer Lüge, Stimmung gemacht deren Ursache nur der Frust sein kann, dass Bullerbü in Berlin Vergangenheit ist und Frau Jarasch mit ihrer Partei nur in der Opposition ist. Ihr Traum war ein anderer.
    Da zeigt sich aber auch welch schlechte Verliererin Frau Jarasch ist, indem sie mit diesen Fakenews versucht Stimmung zu machen.
    Schon der gesunde Menschenverstand spricht gegen diese These. Da es eine geheime Wahl war, kann kein Mensch wissen wer wie abgestimmt hat. Und wenn behauptet wird die AfD hat genau so viele Stimmen der Koalition, in dem Fall 86, für die Koalition abgegeben damit die 86 möglichen Stimmen zusammenkommen, der lügt einfach. Solche Wunder gibt es auch unter Grünen Hellsehern nicht.

  10. 48.

    Die armen Rechtsradikalen werden medial verunglimpft...? Die AFD disqualifiziert sich selbst mit ihrem antidemokratischen Kurs, egal wie viel Zulauf sie in bestimmten Regionen bekommt.

  11. 47.

    Politik muss endlich wieder auf ein anständiges Niveau gehoben werden, das geht aber nicht mit Grünen und Linken sowie Jusos....Allen fehlt Verstand und Weitsicht

  12. 46.

    " Wonka " Mit der " AfD " sollte man keine Koalition eingehen, nicht auf Landesebene und niemals auf Bundesebene. Gerade wurde die " Junge Alternative " als rechtsextremistisch eingestuft. Der Verfassungsschutz scheint endlich aufgewacht zu sein. Man darf weiter hoffen, dass immer wieder auf die Gräueltaten, des Hitlerregime hingewiesen wird, in Schulen und allgemein, in der Gesellschaft. Die AfD, ist ein " Wolf im Schafspelz "
    Wir müssen an einer offenen Gesellschaft arbeiten, für ein gemeinsames Europa und eine friedliche Welt.

  13. 45.

    Das wäre ja wohl das LETZTE was Berlin widerfahren sollte.

    Eine Partei wie die AfD ist nicht regierungsfähig !!!!

  14. 44.

    Im Gegensatz zu Ihnen lese ich Parteiprogramme. Das der AfD steht den Bürgern nicht nah, den Bürgerinnen auch nicht.

  15. 43.

    Jain! Die Klatsche geht schon in Richtung Giffey und Co.
    Aber das erschreckenste dabei ist für mich, dass die Mehrheit der SPD Mitglieder gar nicht über den Koalitionsvertrag abgestimmt haben. Damit hat die dysfunktionale Berliner SPD ihre eigene Unfähigkeit mit in die Regierungsverantwortung genommen.

  16. 41.

    Ich bin schon total aufgeregt und gespannt, welches Thema als erstes Veränderung erfährt! Bezahlbarer Wohungsbau auf dem Tempelhofer Feld, S-Bahn Privatisierung oder Verwaltungsreform?

  17. 40.

    Ha lol, da habt ihr es! Die ´christlichen und sozialen Demokraten´ Hand in Hand mit den ´konservativen Nationalisten´! Das ist Doitschland im Jahr 2023, hundert Jahre scheinen einfach zu lange für das menschliche Bewusstsein zusein ...

  18. 39.

    Die Koalition mit der CDU ist für mich das kleinere Übel. Schade, dass Frau Giffey als "Regierende" nicht zur Debatte stand. Bei ihrer Wiederwahl hätte wohl ein Wahlgang ausgereicht. Herr Wegner ist von der Mehrheit ja nicht wirklich der Wunschkandidat... Ich hoffe, dass man jetzt auch mal an die vielen Rentner und nicht so mobilen Menschen denkt. Nicht jeder kann noch mit dem Rad fahren, laufen oder den ÖPV nutzen, selbst wenn er es wollte, ist also auf das Auto angewiesen.

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