Werkausbau in Grünheide - Umweltverbände boykottieren erste Erörterung zur Tesla-Erweiterung

Mo 23.10.23 | 21:14 Uhr | Von Martin Krauß
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Michael Ganschow (r) und Nicola Riesberg (2.v.r) von der Grünen Liga Brandenburg sprechen vor Beginn des Erörterungstermins zur Erweiterung des Tesla-Werks zu den Medienvertretern. (Quelle: dpa/M. Skolimowska)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.10.2023 | Lucia Heisterkamp, Philip Barnstorf | Bild: dpa/M. Skolimowska

1.070 Einwendungen gegen die Erweiterungspläne von Tesla wurden eingereicht, aber nur 20 Personen kamen am Montag zum Erörterungstermin. Das lag wohl auch daran, dass Umweltverbände die Veranstaltung aus Protest boykottierten. Von Martin Krauß

  • Umweltverbände boykottieren ersten Erörterungstag
  • Kritik an geschwärzten Passagen und nachträglichen Änderungen
  • Modernisierung der Tesla-Anlagen zur Produktionssteigerung bis zum ersten Quartal 2024
  • Diskussion um Auswirkungen auf Wasserversorgung

Es sollte die Stunde der Kritiker sein. Doch zum sogenannten Erörterungstermin für die Erweiterungspläne von Tesla in Grünheide blieb die Anzahl am Montag überschaubar. Nur rund 20 Personen kamen in die Stadthalle von Erkner (Oder-Spree), um die von ihnen eingebrachten Einwendungen – also etwa Fragen, Kritik oder Anregungen – mit Vertretern des US-Elektroautobauers und den Fachbehörden wie dem Landesamt für Umwelt (LfU) oder dem Landkreis Oder-Spree zu diskutieren. Dabei waren mit rund 1.070 Einwendungen deutlich mehr eingereicht worden als zum ursprünglichen Genehmigungsantrag für das bestehende Werk.

Die geringe Teilnahme dürfte auch am Boykott der Brandenburger Umweltverbände Nabu und Grüne Liga liegen. Letztere hatte noch in der Nacht zum Montag ihre Teilnahme abgesagt und eine offizielle Rüge an das LfU eingereicht. Der Verband kritisiert, dass wesentliche Inhalte der bis Mitte August ausgelegten Unterlagen ohne ausreichende Begründung geschwärzt wurden. Zudem – und das wiege schwerer - seien die Antragsunterlagen nach der Offenlegung im Juli und August mittlerweile zweimal geändert worden. Diese Änderungen lägen aber nur den Trägern öffentlicher Belange wie zum Beispiel dem Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) vor, sagt Geschäftsführer Michael Ganschow.

Kritik an geschwärzten Passagen

"Die Grüne Liga Brandenburg wird sich nicht vor Prüfung der aktuellen Antragsunterlagen auf eine Erörterung von veralteten Eintragsunterlagen einlassen", so Ganschow. Dazu seien auch die geschwärzten Passagen einzusehen. Auch der WSE hatte deshalb eine Teilnahme abgesagt.

Die Kritik teilt auch der Verein für Natur und Landschaft Brandenburg. In einer Erklärung zu Beginn des Erörterungstermins gab Manu Hoyer für den Verein zu Protokoll: "Wir wissen nicht, welche Antragsunterlagen nun gültig sind." Ihr Verein und die Umweltverbände forderten daher einen sofortigen Abbruch und einen Neustart der Öffentlichkeitsbeteiligung.

Antragsunterlagen nachträglich geändert

Und tatsächlich seien die Antragsunterlagen geändert worden, erklärte Dr. André Zschiegner, der den Erörterungstermin als Mitarbeiter des LfU leitet. "Das ist Fakt", so Zschiegner. Dies sei jedoch zulässig und üblich. Zudem seien die vorgenommen Änderungen nur minimal und würden den Umfang des Antrages nicht verändern, wie auch Tesla dem rbb bestätigte. Die Behörden und Tesla müssten auch während des Verfahrens der Öffentlichkeitsbeteiligung, zu dem auch der Erörterungstermin gehört, weiterarbeiten können, da die Zeit für die Bearbeitung solcher Anträge begrenzt sei, erklärte Zschiegner zum Verfahren.

"Ich hätte mir eine Teilnahme der Umweltverbände gewünscht", sagte Zschiegner zu Beginn der Erörterung, der noch zuvor die Vertreter von Nabu und Grüne Liga von einer Teilnahme überzeugen wollte. Immerhin sei die Anzahl von über 1.000 Einwendungen ein Zeichen dafür, dass viele sich von den Ausbauplänen betroffen fühlten. Und darum gehe es in der Öffentlichkeitsbeteiligung.

Diese habe den Zweck, zusätzliche Bedenken bis zur Genehmigung aufzunehmen und in den Prozess einzubinden, betonte der LfU-Vertreter. Insbesondere Anwohner würden dabei als "zusätzliche Fachbehörde" mit den besten Vorort-Kenntnissen fungieren. Mögliche Fehler in den Antragsunterlagen könnten dadurch korrigiert werden.

Die veröffentlichten Unterlagen sollen eine Anstoßfunktion erfüllen, wie Zschiegner am ersten Erörterungstag mehrfach betonen musste. Das Vorhaben müsse als Ganzes für den Bürger ersichtlich werden, ohne dabei bereits Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Gemeinsam mit Einwendern, Fachbehörden und Tesla selbst werde das Vorhaben konkretisiert und angepasst.

Produktion soll auf eine Million E-Autos erhöht werden

Aus diesem Grund hat der US-Elektroautobauer daher zunächst das Vorhaben noch einmal vorgestellt. Die Änderung habe zum Ziel, die Produktion auf eine Millionen E-Autos zu erhöhen. Auch die Batteriezellenproduktion soll deutlich erhöht werden. Dafür sollen die bestehenden Anlagen zunächst modernisiert werden. Das solle bis zum ersten Quartal 2024 erfolgen, so Tesla. Erst anschließend sollen neue Gebäude im nördlichen und nordöstlichen Teil des Geländes entstehen.

Im Anschluss wurde daraufhin mit dem Vortragen der eigentlichen Einwendungen begonnen. Diese sind von Seiten des LfU in thematische Abschnitte aufgeteilt worden.

Im ersten Abschnitt wurden Einwendungen zum Verfahrensrecht diskutiert. Kritisiert wurde unter anderem der Zeitpunkt der Offenlegung in den Sommerferien und der Start des Erörterungstermins am ersten Tag der Herbstferien. Noch nie hätte es eine vollständige Zustimmung zu den Terminen der Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben, so Zschiegner.

Kritik an wenigen Daten zu Auswirkungen auf Trinkwasser

Auch das Thema Wasser wurde am ersten Erörterungstag ausgiebig diskutiert. Von der Grundwasserneubildung über die beantragten Pfahlgründungen bis hin zu Wasserverbrauch und Trinkwasserschutz wurden dabei unterschiedliche Einwendungen aufgerufen.

Kritisiert wurde unter anderem, dass Tesla zu wenige Gutachten und Daten zu den Auswirkungen seines Vorhabens auf das Wasser bereitgestellt habe. Insbesondere weil das Werk in Teilen in einem Trinkwasserschutzgebiet liegt. Die Datenlagen bewerten aber weder das Unternehmen selbst, noch die Fachbehörden als problematisch. Vielmehr hätten die Anträge verlässliche Aussagen zugelassen, die keine negativen Auswirkungen auf beispielsweise Trinkwasserförderung in der Region vermuten lassen.

Immer wieder wurden auch Punkte angesprochen, die nicht Teil der Antragsunterlagen waren, wie zum Beispiel die angespannte Wasserversorgung in der Region. Dennoch äußerten sich die Tesla-Vertreter dazu. Das Unternehmen verstehe die Sorge und versuche alles, um die Schutzmaßnahmen zu verbessern und den eigenen Wasserverbrauch zu verringern. Beispiel dafür sei die beantragte Wasseraufbereitungsanlage, die den Ausbau ohne zusätzliches Wasser ermöglichen soll.

Das Thema Wasser wird auch am Dienstag weiter diskutiert werden müssen. Dann stehen noch einmal Einwendungen zum Abwasser auf der Tagesordnung. Wie viele Tage für die Erörterung noch gebraucht werden, war am Montagabend noch nicht abzusehen. Pünktlich um 18 Uhr schloss André Zschiegner den ersten Tag der Erörterung. Am Dienstag soll es wieder um 10 Uhr weitergehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.10.2023, 20:30 Uhr

Beitrag von Martin Krauß

47 Kommentare

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  1. 47.

    Sie sagen es. Was wurde aber nicht alles schon vorfinanziert (Das Einmaleins reicht aus):
    280 Mille € Autobahnauffahrt
    100 Mille Umspannwerk
    60 Mille für einen Bahnhof bis 250 Mille in Summe für 2 Bahnhöfe die ohne Tesla so nicht angefallen wären. Gut, aber 60 Mille bleiben stehen.
    400 T€ Wassersuche
    Fernwasserleitungen, Rationierungen, Verteuerungen ...
    330 Mille für Energiepreisbeihilfen Tesla? Weil in den USA günstiger.
    Und: Das wird nicht reichen...
    Einnahmen?
    Steuern Tesla?

  2. 46.

    "Dann baut man erst recht nicht in diesen Ausmaßen..Das weiß doch jedes Kind."
    Unternehmer planen und verwirklichen Investitionen in der Höhe, die einen möglichst zeitnahen ROI ermöglicht. Das weiß doch jedes Kind. Dass Amerikaner größer denken als die meisten Deutschen, sollte auch jeder schon gemerkt haben. Ob das gut oder schlecht ist, mag jeder für sich beurteilen.

  3. 45.

    "natürlich gab es Alternativen zum Standort"
    Alfred Neumann fragte berechtigterweise "welche"? Ich schließe mich der Frage an: Welche Alternativen gab es denn, die den Kriterienkatalog Teslas für eine Standortentscheidung erfüllen konnten? wo sind diese alternativen Standorte?
    Butter bei die Fische ;-)

  4. 44.

    Dann baut man erst recht nicht in diesen Ausmaßen..Das weiß doch jedes Kind. Jetzt ist es wieder mal ein „BER“ geworden. Zum Nachteil aller.
    „Es war nichts anderes da...“ Nicht zu fassen....sofort ablösen.

  5. 43.

    "natürlich gab es Alternativen zum Standort" Wo gab es damals ein ähnliches Industriegebiet abseits der Stammtische?
    Alfred Neumann

  6. 42.

    was möchten Sie den hier weismachen ?natürlich gab es Alternativen zum Standort im Umfeld eines Naturschutzgebiets und Wasserschutzgebiets ,nur sind Nutzwälder eben billig zu erwerben und eine „imposante ,beeindruckende“(für simple Gemüter wohlgemerkt)Bahnlinie von ca.5km länge für Milliardäre „bezahlbar“wie so manches andere auch

  7. 41.

    Sorry, aber machen Sie sich doch nicht lächerlich! Mir zu unterstellen, ich sehe Stadtentwicklung als Versiegeln und Betonieren, ist an Naivität und Einfallslosigkeit fast nicht mehr zu überbieten. Bezogen auf das Pankower Tor empfehle ich dann mal die Studium der Flächenpläne und der Bebauungsunterlagen und Sie werden (vielleicht)erkennen, dass es hier nicht um Betonieren um jeden Preis geht, vielmehr aktive Flächen für die dort ansässigen, teils geschützten, weil bedrohten Arten erschlossen werden. Wenn man nicht in der Lage ist, Kompromisse zu finden, geht man eben irgendwann mal als Reaktionär, Berufsverhinderer und/oder Besserwisser durch ;-)

  8. 40.

    Ihr letzter Kommentarabsatz reicht doch aus um Sie zu entlarven.
    Stadtentwicklung besteht nicht nur aus versiegeln und betonieren, daher gebe ich das mit dem Besserwisser gerne an Sie zurück.
    Bleiben Sie gesund. Tschö mit ö.

  9. 39.

    "Alternativstandorte, die massig zur Verfügung stünden" Wo? 2019 konnte keiner benannt werden. Wissen Sie mehr? In Brandenburg ist es jedenfalls das einzige überplante Industriegebiet in der Größe gewesen, das frei gewesen ist.

  10. 38.

    Herzlichen Dank für den Link, der nur das Gesagte im Text bestätigt.
    "Die Funktion des Erörterungstermins liegt unter anderem darin, potentiell Planbetroffenen das rechtliche Gehör zu gewähren. Es steht jedoch im jeweiligen Ermessen des Verhandlungsleiters (§ 68 Abs. 2 und 3 VwVfG), in welchem Umfang er Wortmeldungen im Rahmen der gebotenen gestrafften Verhandlungsführung zulässt."
    Wer nicht an der Erörterung teilnimmt, um sich Gehör zu verschaffen, sondern vor dem Gebäude gegen die Erweiterung protestiert, dem ist auch nicht zu helfen.

  11. 37.

    Bei den einen sind es die Frösche bei den anderen Vögel und dann halt das Wasser. Augenscheinlich schafft es Tesla genügend Fachkräfte in der Metropolregion für eine Expansion zu bekommen. Das Wasserproblem, wenn es denn wirklich eins ist, lässt sich sicher auf technischen Weg lösen. aber es gibt immer regionale Widerständler. Ohne diese wäre die Nord-Süd Stromtrasse längst gebaut und wir hätten weniger Energieprobleme.

  12. 36.

    "Es hätte genug Industriebrachen für Tesla gegeben," Seit Ende 2019 haben das viele behauptet, aber niemand solche benennen können. Ist das bei Ihnen anders?

  13. 35.

    "Dass Sie Betongold und Umweltvernichterfreund sind, beweisen Sie ja immer wieder gerne."
    aha.. sowas aber auch... bitte zitieren Sie mich gerne, um Ihre Behauptung zu untermauern.

    "Freifläche vernichtet und versiegelt werden. "
    Standortentscheidungen treffen Unternehmen bzw. Unternehmer nach ihrem Kriterienkatalog... zum Glück keine Immer-Besserwisser von Extern.

    "Das regt Widerstand"
    Ihr gutes Recht... gleiches gutes Recht haben Unternehmen und Behörden. Wenn Sie diesen ihr gutes Recht streitig machen wollen, steht Ihnen der Rechtsweg offen.

    "Und ich hoffe übrigens auch darauf, dass das Pankower Tor nicht kommen wird. "
    Nun, ich hoffe, dass es kommt. Nennt sich Stadtentwicklung. Kann durchaus nicht Ihr Interesse sein, nur gibt es eben Interessensgruppen, die es befürworten.


  14. 33.

    Dass Sie Betongold und Umweltvernichterfreund sind, beweisen Sie ja immer wieder gerne. Mir sind in der aktuellen Lage Arten- und Naturschutz allemal lieber als jede Versiegelung und Naturzerstörung zugunsten einer angeblichen Klimaverbesserung.
    Es hätte genug Industriebrachen für Tesla gegeben, aber es musste ja Freifläche vernichtet und versiegelt werden. Das regt Widerstand, capice? Das hat nix mit Blockade zu tun, sondern etwas mit Nachdenken, falls Ihnen diese Gabe zuteil ist. Und ich hoffe übrigens auch darauf, dass das Pankower Tor nicht kommen wird.

  15. 31.

    Naja, wer nur den schnöden Mammon sieht.... Wer unreflektiert ohne Alternativstandorte, die massig zur Verfügung stünden, auf die Zerstörung und Vernichtung von Freiflächen besteht, dem darf gerne Kritik vorgehalten werden. Aber das verstehen die nicht, die so selbstlos an die Wirtschaft denken.

  16. 30.

    Dem Großinvestor ist ein falsches Grundstück verkauft worden. Steuern hat er bis jetzt nicht gezahlt. Gewinne braucht er für die Wassersuche? Und die Kennzahlen der Arbeitsplätze bestätigen Ihre Vermutung des Wohlstandes nicht. Wo soll der denn eingetreten sein? Die Leute haben vorher woanders gearbeitet und die Lohnsteuereinnahmen sagen nichts Gutes aus. Wir werden es beim Finanzausgleich erleben. Was Brandenburg dann fordert.
    Der Wohlstand wäre aber möglich gewesen...

  17. 29.

    Und einen josti, der nicht lesen kann und Tatsachen versucht zu verdrehen, auch.
    Tschüß.

  18. 28.

    Es ist immer leicht, sich alles schönzureden und hinter Vorschriften zu verstecken, nur um für alles ne Ausrede zu haben. Hier mal ein Link zur Grundlage, um Ihnen mal ein wenig den lauen Wind aus denm schlaffen Segel zu nehmen:
    https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/33-planfeststellungsrecht-1-durchfuehrung-der-anhoerungstermine_idesk_PI17574_HI14747308.html

    Demnach darf nach wie vor festgestellt werden, dass das Vorgehen perfide war, ist und bleiben wird.

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