Deutscher Landschaftspflegetag - Reiche Ernte auf trockenen Böden

Mi 27.09.23 | 06:09 Uhr | Von Katrin Neumann
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Symbolbild vom 05.07.2018, Brandenburg, Trebbin: Ein Mitarbeiter der Agrargenossenschaft Trebbin eG erntet mit einem Mähdrescher Weizen (Quelle: dpa / Patrick Pleul).
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 26.09.2023 | Nachrichten | Bild: ZB

Landwirte, Naturschützer und Politiker beschäftigen sich in Potsdam damit, wie Arten- und Landschaftsvielfalt trotz Klimawandels erhalten werden kann. In Brandenburg werden die Böden immer sandiger. Ein Landwirt aus Teltow-Fläming stellt Lösungen vor. Von Katrin Neumann

  • Brandenburger Böden versanden wegen steigender Trockenheit
  • Landwirte müssen Arbeitsweisen und Prozesse umstellen, um Böden fruchtbar zu halten
  • Auf dem Landschaftspflegetag in Potsdam werden Positivbeispiele vorgestellt

Tino Ryll bewirtschaftet 500 Hektar Ackerfläche in Teltow-Fläming. Dort baut der 41-Jährige zusammen mit seinem Bruder Ronny Ölpflanzen wie Senf, Raps, Lein, Sonnenblumen und Hanf an. Außerdem wachsen Gerste, Weizen, Roggen, Zuckerrüben und Mais auf seinen Feldern. Mit dieser Artenvielfalt will Ryll das Ausfallrisiko streuen, erklärt er.

Der Klimawandel mit überdurchschnittlicher Hitze und Trockenheit seit dem Jahr 2018 stellt den Landwirt vor große Herausforderungen. Viele Anbaupflanzen zu unterschiedlichen Aussaat- und Erntezeiten, mit unterschiedlichen Nährstoff- und Wasserbedürfnissen, verhindern Totalausfälle bei der Ernte. "Das hat uns in den letzten Jahren schon sehr geholfen", resümiert Ryll im Gespräch mit rbb|24.

Die Brüder Ronny (links) und Tino Ryll, Landwirte im Brandenburger Kreis Teltow-Fläming und Betreiber der Fläminger Genussland GmbH (Quelle: Privat).
Tino Ryll (rechts) und sein Bruder Ronny führen gemeinsam einen Betrieb in Niederer Fläming. | Bild: Privat

Brandenburg wird trockener

Weil es insgesamt zu wenig regnet und zu warm ist, sinkt der Grundwasserpegel - und es gibt dauerhaft Niedrigwasser. Während Privatpersonen ihre Rasenflächen, Blumen oder Gemüsebeete nicht ausreichend wässern können, steht für Landwirte wegen des Wassermangels mitunter die Existenz ihres Betriebes auf dem Spiel. Zwischenzeitliche Regenphasen in diesem Jahr konnten die trockenen und heißen Vorjahre nicht ausgleichen. Im Gegenteil, die Ackerböden versanden immer weiter.

Nährstoffreicher Mutterboden kann Wasser länger halten als Sand

Durchschnittlich 30 Zentimeter Mutterboden bieten Brandenburger Böden, eine vergleichsweise dünne Erdauflage. Darunter liegt Sand. Hinzu kommt, dass auch die Bodenqualität mit höchstens 35 von 100 möglichen sogenannten Bodenpunkten zu den schlechteren in Deutschland gehört. Es gilt also Methoden zu finden, die Wasser und Nährstoffe besser im Boden halten. Idealerweise soll die Mutterbodenschicht auch noch vergrößert werden. Jeder Zentimeter zähle, sagt Tino Ryll.

Er hat im Laufe der Jahre zahlreiche Methoden ausprobiert und etabliert, wie Ackerböden fruchtbarer gemacht und mit weniger Dünger rentabel bewirtschaftet werden können, erzählt Ryll. Regenerative Landschaft sei ein "Puzzlestück in der Klimakrise", für die man Ausdauer und Geduld brauche, sagt Ryll. Dabei sei der Humusaufbau ausschlaggebend, also die organische Substanz im Boden. Und den kann man durch Untersaaten und Zwischenfrucht fördern.

Empfehlung: Gras drüber wachsen lassen

Das funktioniert so: Bei der Untersaat wird mit der Hauptkultur, Getreide oder Ölpflanze, Gras ausgesät. Erntet man dann die Hauptkultur ab, bleibt das Gras stehen, bekommt Licht und fängt an zu wachsen. Über die Wurzeln geben die Graspflanzen Zucker an den Boden ab und "füttern so das Bodenleben", erklärt der Landwirt Ryll. Bakterien, Pilze und Regenwürmer können sich vermehren, die organische Masse im Boden wächst. Ein Prozess, der sich über Jahre ziehen kann. Die Erfolge sprächen jedoch für sich, sagt Tino Ryll. Die verbesserte Bodenqualität lässt Pflanzenwurzeln kräftiger werden und kann Wasser länger speichern. Ein deutlicher Vorteil, wenn beispielsweise das Winterwasser einige Wochen länger im Boden bleibt, um Trockenphasen im Frühling zu überbrücken.

Der gleiche Effekt kann mit Zwischenfrüchten erzielt werden. Nach der Drusch, dem Abmähen der Hauptkultur, bringt man Zwischensaaten in die Erde, Erbsen, Klee und Buchweizen zum Beispiel. Auch das helfe, den Boden nährstoffreicher zu machen und Humus aufzubauen. Das sei wie bei der menschlichen Ernährung, sagt Tino Ryll: "Wenn man einseitig isst, dann ist das nicht gut für den Magen." So sei das eben auch beim Ackerboden.

Komposttee – Gesundmacher für Pflanzen

Ein "besonderes Gebräu" für die Vitalisierung seiner Pflanzen stellt Landwirt Ryll selbst her, aus Kompost und Wasser. Ein Sack Kompost "blubbert 24 Stunden lang in einem 1.000-Liter-Wasserbehälter vor sich hin", erklärt Ryll. Den daraus entstehenden Komposttee trägt er dann auf die Ackerpflanzen auf und lässt sie so kräftiger gedeihen. Die Wurzeln würden gestärkt und könnten mehr Nährstoffe aus dem Boden ziehen. In Brandenburg seien sie mit ihrem Betrieb einer der ersten gewesen, die diese Art der biologischen Düngung wiederentdeckt hätten, sagt Ryll und klingt dabei stolz.

Ein weiteres Puzzleteil sei das bewusste und gezielte Düngen mit herkömmlichen Düngemitteln. Mit Bodenproben aus seinen unterschiedlichen Feldern stellt Tino Ryll sehr präzise fest, was seinen Böden wo fehlt oder im Überfluss vorhanden ist. Diese Bodenproben sein "wie Blutproben beim Menschen". Der Mangel oder ein Zuviel an bestimmten Nährstoffen, beispielsweise Kalzium oder Magnesium, könne punktuell ausgeglichen werden. Das verursache weniger Unkraut und verbrauche weniger Dünger. Eine flächendeckende Düngung mit Einheitsmitteln bringe weit weniger Ertrag. Das weiß Tino Ryll aus seiner Zeit, als er herkömmliche Landwirtschaft betrieben hat, sagt er, und er sehe es an seinen Nachbarbauern, deren Pflanzen kleiner und weniger ertragreich seien.

Vortrag beim Deutschen Landwirtschaftstag in Potsdam

Mit den Maßnahmen, die Tino Ryll auf seinen Feldern für fruchtbaren und damit wasserspeichernden Boden ergreift, ist er ein Vorreiter im Land. Andere Landwirte kämen zu ihm in den Betrieb und profitierten von seinen Erfahrungen, erzählt er. Sicher ist: Die Nachfrage nach Know-how zum Thema Landwirtschaft und Trockenheit wächst. Auf dem Deutschen Landschaftspflegetag in Potsdam wird Ryll am Mittwoch dazu einen Vortrag halten und sein Wissen an Naturschützer, Landwirte und Politiker aus ganz Deutschland weitergeben.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.09.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Katrin Neumann

15 Kommentare

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  1. 15.

    Ihr Kommentar beweist, dass sie die Komplexität nicht verstehen. "ein gutes Jahr" soll ihnen was bringen, wenn die Wahrscheinlichkeit für Ernteausfälle trotzdem steigt?

  2. 14.

    Sie beschreiben Wetter und nicht Klimawandel. Klimawandel bedeutet nicht, dass es überall nur noch Ernteausfälle gibt.

  3. 13.

    Klimakrise, lol, wer sowas schreibt sollte sich mal durchchecken lassen.

  4. 12.

    Regenerative Landwirtschaft kommt aus der Permacultur.wer mehr über regenerative Landwirtschaft in extrem trockenem Klima erfahren will,sollte nach Colin Seis und psturecropping im Internet schauen

  5. 11.

    R hat trotz Klimawandel die Rekordernte von 157,7 Mio Tonnen Getreide hingelegt. Ist der Klimawandel nur in Europa? Gleiche Meldungen aus der Ukraine und auch für Raps. Es soll ja Länder geben, die die Einfuhr von Getreide und anderen Landwirtschaftsprodukten aus anderen Ländern gegen den Willen aus Brüssel verbieten um ihren Märkten nicht zu schaden der damit… jetzt kommt’s… überschwemmt wird.

  6. 10.

    Lustiger Weise habe ich vor 2 Tagen ein Video aus einer Landtagssitzung gesehen (Bundesland weiß ich nicht mehr) in dem ein AfD Abgeordneter, der Hauptberuflich noch Bauer ( nicht Anwalt, nicht Studienabbrecher, nicht Parteikarriere) ist, der nach Rücksprache mit anderen Landwirten behauptet, das dieses Jahr ein gutes Jahr war. Und jetzt kommt’s (!) Er hielt eine Landwirtschaftszeitung hoch, in der genau das gleiche stand und jetzt wird’s noch lustiger (!) unser toller Landwirtschaftsminister gibt darin einen Kommentar ab, der genau das gleiche ausdrückt. Wo ist eigentlich eure Katastrophe fragte der Abgeordnete. Das frage ich mich auch. Bis auf wenige Gebiete ist Dank des Regens der Boden gut durchfeuchtet. Ich lasse mir da auch nicht zubetonierte und von Radfahrern totgetrampelte Stadtbäume einreden. Oder die von RRG auf der FF Allee angelegten toten Stroh Blühwiesen.

  7. 9.

    „als Hauptaufgabe sieht sondern den Erhalt und den Ausbau der bestehenden Ackerböden in Zeiten des Klimawandels und der zunehmenden Bodenerosion“
    Ihre Zeitrechnung stimmt nicht in der Wahrnehmung. Das was Sie fordern, die Bodenverbesserung, ist seit den 70igern ein Dauerthema. Von denen die damit arbeiten und davon leben müssen. Ganze Herrschaften von Agraringenieuren beschäftigen sich seit Jahrzehnten damit.
    Leute die „Das Grün eines Rasens“ festlegen wollen, um Sprengverbote auszurufen, kommen nicht weit.

  8. 8.

    Zu Zeiten des "Alten Fritzen" wusste man nicht, dass Stickstoff beim Pflanzenwuchs hilft.
    Man goss die Gülle der Tiere halt irgendwo hin.
    Dann entdeckte man, (mit dem Verbot der Tierhaltung in der Stadt), dass Gülle ja wohl voll der Booster ist.
    Sprich: Der alte Fritz hatte weder Hochleistungslandwirtschaft noch Biochemiker und Agrarwissenschaftler am Start.
    Und andere Leute, die trotz hervorragender Böden im Bestand, auch nach Osten wollten, gab es genug.
    Der Artikel hier zeigt auf, dass diese Form des Landwirtschaft, eine Ertragsmaximierung pro Hektar nicht als Hauptaufgabe sieht sondern den Erhalt und den Ausbau der bestehenden Ackerböden in Zeiten des Klimawandels und der zunehmenden Bodenerosion.

  9. 7.

    Das muss nicht so bleiben.
    Gehen Sie mal auf sekem.com. Da können Sie sehen wie Wüste urbar gemacht wird. Humusaufbau ist halt das Zauberwort.

  10. 6.

    So geht moderne Landwirtschaft, man muss sich nun mal den Klimagegebenheiten anpassen.
    Daumen hoch!!!

  11. 5.

    Bravo, endlich mal ein Landwirt der nicht nur meckern kann sondern selbst was probiert .

  12. 4.

    Warum hat sich der Alte Fritz Schlesien einverleibt.
    Weil der Boden in Preußen nicht besonders fruchtbar ist einfach zu trocken. Das war schon früher so und wird auch so bleiben. Da könnt ihr Forschungen anstellen soviel ihr wollt.

  13. 3.

    Klingt logisch, mit der Natur zu arbeiten statt gegen alles und jedes irgendwelche Mittel einzusetzen. Humusaufbau hilft in jedem Fall die Sandböden zu verbessern, aber es dauert und man braucht Geduld. Dass unterschiedliche Kulturen ebenfalls besser und nachhaltiger sind als Monokulturen, sollte doch inzwischen jeder mitbekommen haben. Aber die meisten Landwirte wollen den Aufwand nicht, und am liebsten weiter so machen wie bisher.

  14. 2.

    Damit ist widerlegt, dass alle Bauern dumm sind, wie schon öfter von hochspezialisierten Spezialspezialisten mit Balkon/Kleingarten zu lesen war.
    Perfekt, Männer!

  15. 1.

    Klingt nach Konzepten der Permakultur.

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