Nach Bürgerbefragung in Grünheide - Woidke: Tesla und Gemeinde müssen Bedenken ausräumen

Mi 21.02.24 | 19:26 Uhr
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Luftaufnahme von Tesla in Grünheide.(Quelle:imago images/R.Weisflog)
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Video: rbb24 | 21.02.2024 | Matthias Finger | Bild: imago images/R.Weisflog

Nach dem negativen Votum der Grünheider Bevölkerung gegen die Erweiterung des Tesla-Werks melden sich zahlreiche Politiker, Umweltschützer und Tesla zu Wort. Brandenburgs Ministerpräsident Woidke sieht nun Tesla am Zug.

  • Woidke: Nach negativem Votum muss Tesla selbst die Bedenken ausräumen
  • Brandenburger Umweltminister sieht bei Erweiterung keine Umweltprobleme
  • Linksfraktion spricht von "Erweiterungsfantasien"
  • Industriehandelskammer kritisiert Ergebnis der Bürgerbefragung

Nachdem die Einwohner von Grünheide (Oder-Spree) bei einer Bürgerbefragung gegen die Erweiterung des Tesla-Werks gestimmt haben, sieht Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) das US-Unternehmen und die Gemeinde am Zug.

Es sei gut, dass die Einwohnerinnen und Einwohner von ihrer Möglichkeit der Mitbestimmung Gebrauch gemacht hätten, sagte Woidke dem rbb am Mittwoch. Jetzt liege es an Tesla selbst, die offensichtlich vorhandenen Bedenken auszuräumen und offensiv mit den Menschen zu sprechen, so Woidke. "Die Bedenken kann nicht die Politik ausräumen. Die Bedenken muss das Unternehmen gemeinsam mit der Gemeinde ausräumen. Die Landesregierung kann nicht die Kommunikation für Tesla übernehmen. Das hat sie nie getan und das ist auch nicht ihre Aufgabe. Die Landesregierung sorgt dafür, dass es gute Rahmenbedingungen gibt", so Woidke.

Ein Ende der sogenannten Tesla-Geschwindigkeit in Brandenburg sieht der Ministerpräsident nicht: "Wir sind ein Land, das bewiesen hat, dass es Großprojekte schnell kann. Nirgendwo in Deutschland ist Ähnliches in ähnlicher Zeit passiert."

Umweltminister Vogel: Bedenken von Anwohnern ernst nehmen

Bei der Bürgerbefragung in Grünheide hatte sich eine Mehrheit gegen die geplante Erweiterung der Tesla-Fabrik ausgesprochen: 3.499 Einwohnerinnen und Einwohner stimmten mit Nein, 1.882 mit Ja. Das Ergebnis wurde am Dienstag bekanntgegeben. Tesla will auf zusätzlichen Industrieflächen einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten bauen. Dafür müssten aber mehr als 100 Hektar Wald gerodet werden. Das Ergebnis der Bürgerbefragung ist nicht bindend. Es soll den Gemeindevertretern aber eine Orientierung bieten.

Die Gegner der Tesla-Erweiterung kritisieren die geplante Rodung von Wald. Die Be- und Entladung auf zusätzlichen Logistikflächen könne zudem das Risiko des Austritts von Gefahrstoffen erhöhen. Die Bürgerinitiative Grünheide machte mit Flyern, Plakaten und Gesprächen an der Haustür gegen das Vorhaben mobil.

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) forderte die Bedenken der Anwohnerinnen und Anwohner ernst zu nehmen. Bei neuen Ansiedlungen müsse man die Kommunen künftig viel mehr mitnehmen, sagte Vogel dem rbb. Der Minister sagte aber auch, dass rationale Argumente häufig nicht durchdringen, etwa zum Wasserverbrauch der Fabrik. "Wir reden über 1,5 Millionen Kubikmeter Wasserversorgung für Tesla. Wenn wir Brandenburger Industriebetriebe betrachten, dann ist das eine relativ kleine Menge."

Tesla: Erweiterung würde Straßen entlasten

Das Unternehmen Tesla teilte mit, dass es plane, auf Basis des Feedbacks der vergangenen Wochen gemeinsam mit allen Beteiligten weitere Schritte abzustimmen. Außerdem sei man "nach wie vor überzeugt, dass die logistische Optimierung des Werks ein großer Gewinn für die Gemeinde ist", so Tesla.

Die Erweiterung würde ein Gros des Frachtverkehrs von und zu dem Werk auf die Schiene bringen und dadurch die Straßen entlasten, antwortete Rohan Patel, bei Tesla für Unternehmensentwicklung zuständig, auf rbb-Anfrage bei x.com (früher Twitter). "Dies wird keinen Einfluss auf zukünftige Erweiterungen haben", so Patel. Tesla respektiere die Abstimmung, das Ergebnis begreife das Unternehmen als Chance die Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu intensivieren.

Automobilexperte Ferdinand Dudenhöfer sagte rbb24 Brandenburg aktuell, große US-Konzerne würden sich nur selten an Bürgerbeteiligungen wie nun in Grünheide gebunden fühlen. Ob Tesla die Meinung der Anwohner berücksichtigen werde, hänge zudem hauptsächlich vom Unternehmenschef ab. "Bei Tesla ist es so, dass Tesla ziemlich selbstbestimmt, das macht, was Elon Musk für richtig hält", so Dudenhöfer. Wenn Musk den Weiterbau wolle, werde er versuchen dies durchzusetzen. "Rücksichtslos einfach seine Entscheidungen durchdrücken, wenn er glaubt, er ist auf der richtigen Seite."

Linke und Wassertafel kritisieren Erweiterungspläne

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Brandenburger Landtag, Sebastian Walter, zeigte sich mit dem Ergebnis der Bürgerbefragung zufrieden und forderte eine Kursänderung der Landesregierung in Bezug auf Teslas "Erweiterungsphantasien". Walter kritisierte, dass Tesla-Chef Elon Musk "der rote Teppich ausgerollt wird, während die Menschen vor Ort nicht ernst genommen werden." Der Linken-Politiker betonte die Bedeutung des Arbeitsschutzes, verlässlicher Trinkwasserversorgung und intakter Wälder.

Das Votum der Bürger sei zu akzeptieren und umzusetzen, forderte die Initiative Wassertafel Berlin-Brandenburg. Die Initiative verlangte auch, dass die Gemeindevertreter wie geplant bei der kommenden Sitzung am 14. März über den Bebauungsplan abstimmen und die Abstimmung nicht auf einen "günstigeren" Zeitpunkt nach den Kommunal- und Landtagswahlen verschoben werden solle. Es müsse endlich Transparenz über die Ausbaupläne herrschen sowie über "Messdaten von Luftgüte und Grundwasserbeschaffenheit, auf die nur Tesla Zugriff hat", sagte Heidemarie Schröder von der Wassertafel.

"Ein Votum gegen die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes"

Laut Brandenburgs CDU-Landeschef Jan Redmann müssten die Leute vor Ort spüren, dass sie von der Tesla-Ansiedlung profitieren würden. "Das ist eine Aufgabe, die in allererster Linie beim Unternehmen liegt. Außerdem muss die Gemeinde ausreichend darüber informieren, was geplant ist. Die Mehrzahl der Dinge in dem Bebauungsplan ist ja positiv. Aber am Ende ist die Stimmung entstanden: Wir tragen eine Last für alle anderen und profitieren nicht genug davon. Das ist etwas, das die Politik insgesamt unterschätzt hat.", so Redmann.

Die Industriehandelskammer Ostbrandenburg kritisierte das Ergebnis der Bürgerbefragung: "Das Votum gegen die Erweiterung der Tesla Gigafactory ist ein Votum gegen die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes", sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Gundolf Schülke. "Offenbar ist zu wenigen klar, welch ein enormer Wirtschaftsmotor dieses Vorzeigeprojekt weltweit ist." Politik, Kommune und Unternehmen sei nicht gelungen, "die Chancen der Erweiterungspläne aufzuzeigen." Schülke hofft, dass die Verantwortlichen eine zukunftstaugliche Entscheidung treffen.

Tesla hatte Ende vergangenen Jahres erklärt, im ersten Halbjahr 2024 mit dem Ausbau des Werks auf dem Stammgelände starten zu wollen. So soll die Produktion in Grünheide von angepeilten 500.000 Autos im Jahr auf eine Million jährlich verdoppeln. Dazu hatte das Unternehmen Anträge beim zuständigen Landesamt für Umwelt auf eine umweltrechtliche Genehmigung gestellt.

Sendung: rbb24, 21.02.2023, 21:45Uhr

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Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es, der Brandenburger Umweltminister Axel Vogel (Grüne) sagte, es gebe keine Umweltprobleme. Dies war nicht richtig wiedergegeben. Der Minister sagte, dass rationale Argumente häufig nicht durchdringen, etwa zum Wasserverbrauch der Fabrik. "Wir reden über 1,5 Millionen Kubikmeter Wasserversorgung für Tesla. Wenn wir Brandenburger Industriebetriebe betrachten, dann ist das eine relativ kleine Menge." Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

87 Kommentare

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  1. 87.

    Davon abgesehen wird sich Woidke nie zu etwas konkret äußern, dessen zugrundeliegender Prozess noch nicht abgeschlossen ist und Verlustriskien beinhalten.
    Woidke führt, analog zu Merkel, Scholz, etc., von hinten. Das scheint nach Gerhard Schröder jetzt der neue Politikstil, der offenbar das persönliche politische Beharrungsvermögen maximieren soll.

  2. 86.

    Sie kappieren es nicht, oder? Man baut keine Fabs und erst recht nicht Gigafabs in TrinkwasserSCHUTZgebiete.
    Von mir aus können sie mit ihren Akkus, es sind Akkus und keine Batterien, zum Mond fliegen, wenn es ihnen Spass macht.

  3. 85.

    Bei uns in Brandenburg an der Havel sind Zehntausende Industrie-Arbeitsplätze, seit der Wende, zerstört und abgebaut worden - danach fragt bis Heute, Niemand von der Brandenburger Politik.
    Dadurch Kaufkraft-Verlust und Abwanderung von
    30/40 000 Menschen aus unserer Stadt.
    Wenn natürlich nur, der Osten/Südosten von Brandenburg politisch unterstützt und mit Gewerbe/Industrie zugepflastert wird - wehren sich die Menschen irgendwann, in den betroffenen Kommunen/Regionen.

  4. 84.

    Ich frage mich sowieso laufend, warum überhaupt noch jemand in Deutschlans investiert (wir wissen es ja; Subventionen). Bei so einer verwöhnten Quängelgesellschaft braucht man keine feinde mehr. Das zieht sich durch alle Lebensbereiche wie etwa Deutsche Wohnen und Co enteignung, Deckel und noch alles mögliche und dann jammern, dass niemand mehr Mietwohnungen baut sondern nur noch die, die es selber nutzen werden. Das erinnert mich immer total an das Ende der Geschichte vom Schlaraffenland. Gebratene Tauben fliegen einem in den Mund, Puddingberge, Milchflüsse, Mietpreisdeckel, Kündigungsschutz, Bonbonbäume, Bürgergeld.. man liegt beweungslos und wohlstandsgesättigt, träge in der Ecke.
    Man hat sonst nichts zu melden im Leben und dann kann man mal so richtig seinen Frust abreagieren. Wie die Diskussion über den abgeholzten Nutzwald der nur genau dafür angepflanzt wurde. Plötzlicht wird diese Monokultur als unverzichtbares Biotop dargestellt.

  5. 83.

    Bloß ne Liefernplantage, Forst, kein Wald... Wenn Sie das so sehen, kann ja ganz Brandenburg abgeschoren werden. Auf ne Wüste mehr oder weniger kommt es Ihnen wohl nicht an? Aber Zustand und Abholzung von Park- und Straßenbäumen in Berlin beklagen, das geht immer, stimmt's?

  6. 82.

    Nein, Tesla muss weg und die verantwortlichen Politiker müssen hart bestraft werden. Alles andere ist Unsinn.

  7. 81.

    Sie können davon ausgehen, dass Hr.Woidke sich zu keiner Seite hin äußern wird. Einerseits will er bestimmt nicht die "Investoren" verärgern und andererseits sind dieses Jahr Wahlen in Brandenburg, also die Wähler kann man auch nicht verstimmen.

  8. 80.

    …wenn Arbeitslose einen Job finden, hat das wohl nicht mit Verschiebung zu tun.

  9. 79.

    Wie nennt man eigentlich simple Analyse einer komplexen Thematik anhand 2 Zahlen?
    Wie wäre die Zahl der SV Beschäftigten ohne Tesla?
    Wie wäre der Bevölkerungszuwachs ohne Tesla?
    Sind die kürzlich informierten ca. 20Mio/a
    Gewerbesteuereinnahmen ein Argument oder nur eine Zahl?

  10. 77.

    Manu Heuer von der Bürgerinitiative: Das Land macht nix für uns:"
    Das Land lockt den aktuell reichsten Mann ins Lnad und der bringt Arbeitsplätze mit. Was will die Dame noch? Weil irgendwo noch ne Strasse holprig ist wird rumgeweint... Das Arbeitsplätze das nonplusultra für die Entwicklung einer Region sind, scheint bei der Dame nach fast vierunddreissig Jahren Bundesrepublik immer noch angekommen zu sein. Stichwort Kaufkraft und Gewerbesteuern ..

  11. 76.

    Tesla hat und wird vertragsgemäß das dreifache an Fläche aufgeforstet. Hätten Sie das auch getan, wenn der Nutzforst, angebaut zum abholzen, dami die Holzindustrie Taschentüher für Sie draus basteln kann, stehengeblieben wäre?

  12. 75.

    Tesla hat und wird vertragsgemäß das dreifache an Fläche aufgeforstet. Hätten Sie das auch getan, wenn der Nutzforst, angebaut zum abholzen, dami die Holzindustrie Taschentüher für Sie draus basteln kann, stehengeblieben wäre?

  13. 74.

    Dann veröffentliche mal Zahlen seit 2020. Seit Tesla her ist.

  14. 73.

    „Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Textes war von einer zusätzlichen Fläche von rund 170 Hektar die Rede. Richtig ist: Der Güterbahnhof, Lagerhallen und Betriebskindergarten sollen auf einer Fläche von rund 100 Hektar gebaut werden. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.“

    Hinweis an rbb24: Eine Entschuldigung ist nicht notwendig. Ich prognostiziere, nächstes oder übernächstes Jahr um diese Zeit können sie die alte Version wieder vorkramen. Es könnte sein, dass sie für die 170 ha an erster Stelle nur eine 2 oder 3 einsetzen müssen. In den Köpfen der Brandenburger Politiker schwirrt bestimmt schon eine Industrieerweiterung östlich der L 23 herum. Nur so macht die geplante Verkehrsertüchtigung rund ums Tesla-Gelände Sinn. Ansonsten führt der Neubau der L 386, und der Umbau der L 23 und L38 zum Verkehrsinfakt in Hangelsberg, Spreeau, Fangschleuse und Grünheide. Pläne sind schon im Umlauf, in denen das Gelände östlich der L 23 als Industriefläche eingezeichnet ist.

  15. 72.

    Mein Auto kaufe ich seit Jahren im Autohaus um die Ecke und arbeiten gehe ich seit 30 Jahren ins Büro.
    Mein Haus ist abbezahlt und meine Kinder und Enkel sind gut ausgebildet und dadurch versorgt.
    Wer braucht da, eine Autofabrik mit Fließband-Arbeit und Stress ???

  16. 70.

    Akku -> Wasser, sie kennen den Zusammenhang?
    Ich schrieb ja bereits sinngemäß, dass falsche Standorte hier offenbar gute Tradition sind?
    Das ist genauso jenseits von gut und böse, als wenn man, wie Korte’, AKW‘s im Spreewald bauen wollte. Wahrscheinlich kühlen dann die Spreearme :-)))

  17. 69.

    Ich schrieb ja bereits sinngemäß, dass falsche Standorte hier offenbar gute Tradition sind?
    Das ist genauso jenseits von gut und böse, als wenn man, wie Korte’, AKW‘s im Spreewald bauen wollte. Wahrscheinlich kühlen dann die Spreearme :-)))

  18. 68.

    „Industriehandelskammer kritisiert Ergebnis der Bürgerbefragung“

    Von dieser Truppe war keine andere Reaktion zu erwarten. Sie wird doch ihren Geldgeer nicht denunzieren.

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