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Was Brandenburg bewegt: Mobilität | Serie "Wahlfahrt | 18.08.2014

Weite Wege, volle Züge, kaputte Straßen

Job um die Ecke, Schule nur die Straße runter - im Flächenland Brandenburg ist dies eben nicht die Regel. Die meisten Leute müssen weit fahren. In Müncheberg in Märkisch-Oderland zum Beispiel häufen sich die Verkehrsprobleme. Von Alex Krämer

Die Strecke Müncheberg-Berlin in 40 Minuten  - mit dem Auto ist das nicht zu schaffen. Mit der Regionalbahn aber schon, und deshalb sind die Züge beliebt - zu beliebt, finden die Pendler die morgens kurz vor sieben am Bahnhof Müncheberg warten. Mit Quetschen und Drücken kommt man schon irgendwie rein. "Aber das ist dann schon sehr eng", sagen Mitfahrer. Oder: "Sie müssen mal die Kämpfe erleben, die es da gibt." Oder: "Wenn man auf dem Bahnsteig in Lichtenberg kommt, dann ist das der Horror."

Kinder ohne Chance auf Eigenständigkeit

Voll ist es auf allen Strecken, die von und nach Berlin führen. Die Anbindung ist wichtig, auch für kleine Orte, in denen wenige einsteigen - so wie im Müncheberger Ortsteil Obersdorf. Der Bahnhof hier, nur ein Bahnsteig mit kleiner Schutzhütte, galt als Stillegungskandidat. Doch Cornelia Deutschmann gründete mit anderen eine Bürgerinitiative. "Der Bahnhof ist unsere Lebensader. Hier fahren die Leute zur Arbeit, die Kinder fahren zu den weiterführenden Schulen. In Münchehofe gibt es eine Jugendherberge, die Klassen kommen hier an und wandern dahin."

Was, wenn der Bahnhof geschlossen wäre? Wie würden die Kinder von und zur Schule kommen? "Wir müssten wir die Kinder nach Müncheberg fahren und müssten sie dann auch wieder abholen. Mich ärgert, dass die Kinder das nicht eigenständig machen können. Wir wollen ja, dass sie eigenständig werden, aber wenn sie ständig von ihren Eltern abgeholt werden müssen, dann können sie das nicht."

Die Ölwanne leidet unter Buckelpisten

Fünf Kilometer weiter: Im Stadteil Hermersdorf ist es eine Straße, die die Leute ärgert - die Landesstraße 362 Richtung Wulkow. Eine Buckelpiste, unebenes Kopfsteinpflaster, tiefe Schlaglöcher. Wer Richtung Oderbruch will, muss da durch, denn die Alternativroute ist 30 Kilometer länger.

Genervte Anwohner zu finden, ist dementsprechend in Hermersdorf kein Problem: "Darunter leiden natürlich die Traktoren und die ganze Anhängetechnik. Die muss laufend repariert werden, wir haben unheimliche Kosten. Und das alles wegen dieser Straße", sagt einer. Eine Frau beschwert sich: "Die Ölwanne hatte ich mir mal aufgeschlagen. Nachdem sie ein paar Mal geschweißt wurde, brauchten wir eine neue." Andere bemängeln: "Wenn die Stoßdämpfer ganz doll quietschen, dann weiß man, dass man dringend neue braucht."

Die L362 ist ist ein besonders krasser Fall. Aber etwa ein Drittel aller Landesstraßen in Brandenburg sind in schlechtem Zustand. Abhilfe versprechen zur Wahl viele Parteien. Vier Millionen Euro extra pro Jahr will die FDP ausgeben, die SPD 20, die CDU - als Opposition großzügiger, sogar 50 Millionen. Grüne und Linke sagen: Bevor wir neue Straßen bauen, erstmal die alten reparieren.

Nicht so konkret sind die Aussagen zum Bahnverkehr. Da ist allgemein von besseren Umsteigeverbindungen die Rede, von schnelleren Zügen Richtung Berlin - keine weiteren Stillegungen von Bahnhöfen und Strecken. Sagen die Grünen.

MOBILITÄT - DAS WOLLEN DIE PARTEIEN

Die Ausgangslage

Beim Straßenbau – und vor allem beim Straßenunterhalt -  hat Brandenburg in den vergangen Jahren gespart, und das merkt man: Jede dritte Landesstraße ist in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand, antwortete die Landesregierung im Frühjahr auf eine Anfrage der oppositionellen CDU. Blickt man nur auf die Ortsdurchfahrten, werden sogar zwei Drittel als schlecht oder sehr schlecht eingestuft. Einige wenige Straßenabschnitte sind sogar schon gesperrt.

Auch die Züge werden im Pendlerland immer voller, der Verkehrsverbund VBB freut sich über kontinuierlich steigende Fahrgastzahlen. Die Pendler freut das nicht immer – die Beschwerden über überfüllte Züge nehmen zu. Und trotz steigender Fahrgastzahlen gibt es auch eine Diskussion darüber, ob einzelne Strecken und Bahnhöfe geschlossen werden sollten, um das eingesparte Geld woanders einzusetzen – das betrifft vor allem ländliche Regionen.

SPD

Besonderen Handlungsbedarf sieht die SPD bei den Landesstraßen, von denen etwa ein Drittel marode sind. Sie will ein Sonder-Investitionsprogramm auflegen und pro Jahr 25 Millionen Euro extra ausgeben, vorrangig für Ortsdurchfahrten.

Auch für den öffentlichen Nahverkehr soll es ein Investitionsprogramm geben, wie viel Geld fließen soll, lässt die SPD allerdings offen. Allgemein heißt es, dass Umsteigezeiten verkürzt, Busse und Bahnen besser vernetzt, Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut und Park&Ride sowie Radabstellplätze geschaffen werden sollen. Außerdem soll das Schülerticket bald das ganze Jahr über gelten.

Hier geht's zum Wahlprogramm der Brandenburger SPD

CDU

Der Zustand der Landesstraßen, kritisiert die CDU, habe sich auch deshalb verschlechtert, weil die Landesregierung seit 2009 rund zwei Drittel der Mittel gestrichen habe. Deshalb will die Union jährlich satte 50 Millionen mehr in Landesstraßen investieren. Das generelle Tempo-70-Limit auf Alleen soll aufgehoben werden, nur an Unfallschwerpunkten soll es entsprechende Tempolimits geben.

Im öffentlichen Nahverkehr will die CDU den Pendlern Erleichterung verschaffen. Wie die SPD will die Union mehr Park&Ride-Parkplätze, und zusätzlich Pendlerparkplätze ausbauen. Zudem sollen die Kapazitäten in den überfüllten Regionalzügen vergrößert werden, außerdem soll die Fahrtzeit der Züge verkürzt werden. Wie das geschehen soll, bleibt allerdings unklar.

Zudem will die CDU eine kostenlose Schülerbeförderung, die jedem Schüler in Brandenburg die kostenlose Fahrt zur Schule und wieder nach Hause ermöglicht.

Hier geht's zum Wahlprogramm der Brandenburger CDU

Linke

Zu den Landesstraßen findet sich nichts im Wahlprogramm. Stattdessen will die Linke zusätzliche Investitionen vorrangig in die Kommunalstraßen und kommunale Brücken sowie andere Infrastruktur stecken. Dafür soll ein kommunales Investitionsprogramm mit einem Volumen von 100 Millionen Euro jährlich aufgelegt werden. Dieses Geld soll allerdings auch in Vorbereitung der Schulen auf die Inklusion, Sportstätten, energetische Gebäudesanierung und Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude gesteckt werden.

Im öffentlichen Nahverkehr setzt die Linke teilweise andere Schwerpunkte als die politischen Konkurrenten. So will man sich dafür einsetzen, dass mehr Fernverkehrszüge in Brandenburg halten. Zudem setzt sich die Partei dafür ein, dass Geringverdiener bei der Schülerbeförderung entlastet werden und das Mobilitätsticket für Geringverdiener bald auch in Berlin gelten soll. Darüber hinaus will die Partei langfristig Debatten über einen gebührenfreien Personennahverkehr für alle führen. Man beachte dabei die Wortwahl: Die Linken wollen langfristig Debatten darüber führen.

Hier geht's zum Wahlprogramm der Brandenburger Linken

Grüne

Die Grünen legen den Schwerpunkt ganz klar auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Sie wollen, dass künftig 50 Prozent aller Wege in Brandenburg mit Bus, Bahn, Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden können. Für die Pendler wollen die Grünen kürzere Takte in den Hauptverkehrszeiten und mehr Züge auf den besonders ausgelasteten Linien. Außerdem sollen Bahnhöfe attraktiver werden und barrierefrei ausgebaut werden.

Wie die CDU wollen die Grünen einen kostenlosen Schülerverkehr, wie die Linke zudem das Mobilitätsticket für Geringverdiener auf Berlin ausweiten. Außerdem sollen Fahrradwege ausgebaut werden.

Das Thema Straßen taucht bei den Grünen ganz am Schluss ihres langen Kapitels über Mobilität auf. Hier fordern sie, die Priorität solle auf dem Erhalt von Straßen statt auf dem Neubau liegen, zudem soll es mehr Lärmschutz und Tempolimits geben.

Hier geht's zum Wahlprogramm der Brandenburger Grünen

FDP

Auch die FPD will deutlich mehr Geld in die Landesstraßen stecken – genau genommen pro Jahr satte 43 Millionen Euro zusätzlich, nämlich 60 Mllionen jährlich. Um sicherzustellen, dass diese Investitionen auf Dauer fließen, sollen sie in einem "Sondervermögen Landesstraßen" gesichert werden. Den Neubau von Landesstraßen lehnt die Partei ab.

Das war es dann aber schon zum Thema Mobilität. Denn zum öffentlichen Nahverkehr findet sich rein gar nichts im Wahlprogramm. Wirklich nicht - und wir haben intensiv gesucht.

Hier geht's zum Wahlprogramm der Brandenburger FDP

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Beitrag von Alex Krämer

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