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Rot-Rot und Rot-Schwarz im Koalitionscheck

Weitermachen oder zurück zur Ex?

Ministerpräsident Woidke und seine SPD haben die Wahl: Setzen sie die Koalition mit der Linken fort - oder schwenken sie um zur CDU, mit der sie bis 2009 regierten? Eine folgenschwere Entscheidung auch für alle Brandenburger, wie unser Koalitionscheck zeigt: denn Rot-Schwarz würde völlig andere Schwerpunkte setzen als Rot-Rot.

Innere Sicherheit

Die Ausgangslage

Mehr Autodiebstähle in der Grenzregion, mehr Wohnungseinbrüche im Speckgürtel – dieser Trend schürt im Land bei vielen Menschen den Frust über die bisherige Politik. Ein Indiz dafür: die AfD holte mit ihren markigen Forderungen zur Kriminalitätsbekämpfung in einigen Grenzregionen rund 20 Prozent der Stimmen. Die SPD steht deshalb unter Druck, die Anstrengungen im Bereich der Inneren Sicherheit zu erhöhen – und das ginge wohl eher mit der CDU.

So würden sich die Koalitionen unterscheiden

In einer Koalition mit der Linken würde die SPD wohl weiterhin den Innenminister stellen und könnte auch die Zielzahl der Polizeireform von 7.800 Beamten im Jahr 2020 (heute: 8.400 Polizisten) beibehalten, denn die wird von der Linken nicht in Frage gestellt. Sie müsste aber verhandeln um Mehrausgaben für die Präventionsarbeit bei der Polizei. Denn die SPD will die dafür eingesetzten Beamten von 50 auf 120 aufstocken und Einbruchsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen stärker fördern – die Linken haben keine entsprechenden Forderungen im Wahlprogramm.

In einer Koalition mit der CDU müsste die SPD dagegen wohl finanzielle Zugeständnisse machen und möglicherweise das Innenressort abgeben. Die CDU will bis 2020 im Vergleich zur SPD 200 Polizeistellen weniger abbauen und auch in der Grenzregion 100 Polizeibeamte mehr auf Patrouille schicken. Darüber hinaus fordert die CDU mehr qualifiziertes Personal, um die steigenden Internetkriminalität zu bekämpfen. Einig wäre man sich in einer rot-schwarzen Koalition, mehr Geld für Präventionsmaßnahmen gegen Wohnungseinbrüche einzusetzen.

Arbeit und Wirtschaft

Die Ausgangslage

Die Zeiten der Massenarbeitslosigkeit in Brandenburg sind vorbei. In den 90er Jahren waren zeitweise rund 20 Prozent ohne Job, im August 2014 betrug die Arbeitslosenquote 9 Prozent. Eine gute Ausgangslage, um jetzt verstärkt die Arbeitsbedingungen zu verbessern, meinen sowohl SPD als auch Linke. Die CDU dagegen sorgt sich eher darum, die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes zu verbessern. Dementsprechend unterschiedlich würden die jeweiligen Koalitionen wohl ihre Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik ausrichten.

In einer Koalition mit der Linken würde die SPD weiterhin viel Wert legen auf ein gutes Verhältnis zu den Gewerkschaften. Tarifverträge und Tarifbindungen wollen beide Parteien weiter stärken, das Bündnis für Fachkräftesicherung will die Linke zudem ausbauen zu einem Bündnis für gute Arbeit. Kaum Realisierungschancen hätte dagegen die Linke-Forderung, die Lohnuntergrenze für öffentliche Aufträge auf 10 Euro anzuheben. Schon eher könnte sich die SPD mit ihrem Vorschlag durchsetzen, dass die Zukunftsagentur die Unternehmen künftig stärker unterstützt als bisher. Bei der Förderpolitik wollen beide Parteien ansonsten im Wesentlichen wenig verändern.

In einer Koalition mit der CDU würde in jedem Fall eine neue Partei das bisher von den Linken geführte Wirtschaftsministerium übernehmen – und wenn es nach der CDU geht, soll dabei die Förderpolitik des Landes komplett auf den Prüfstand gestellt werden. Neue Förderprogramme für den Mittelstand sollen kompensieren, dass Brandenburg künftig weniger Geld aus dem europäischen Strukturfonds bekommt. Ob diese zusätzlichen Ausgaben auf die Zustimmung der SPD treffen, dürfte fraglich sein – denn im selben Atemzug kritisiert die CDU, dass zu viel Geld für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgegeben werde. Kürzungen in diesem Bereich dürften der SPD, die den Sozialminister stellt, jedoch gar nicht schmecken.

Bildung

Die Ausgangslage

Mehr Investitionen in Kitas, Schulen und Hochschulen – diese Versprechen stellte die SPD ins Zentrum ihres Wahlkampfes. Doch sowohl CDU als auch Linkspartei versprachen in ihren Wahlprogrammen noch deutlich mehr Lehrer und Erzieher. Hart verhandeln müsste die SPD also mit beiden Parteien. Klare Unterschiede gibt es dennoch: Während die CDU ein Stipendienprogramm für künstlerisch begabte Kinder und Jugendliche will, möchte die Linke Leistungs- und Begabtenklassen abschaffen.

In einer Koalition mit der Linken müsste sich die SPD zunächst damit auseinandersetzen, dass der Koalitionspartner den "Schulfrieden" aufkünden und eine Gemeinschaftsschule einführen will. Zudem will die Linkspartei Leistungs- und Begabtenklassen abschaffen - das lehnt die SPD ab. Verhandeln müssten die Partner auch über die Höhe der zusätzlichen Investitionen. Die Linken wollen nicht nur mehr Kita-Erzieher als die SPD, sondern auch gleich doppelt so viele zusätzliche Schullehrer, insgesamt 800. Auf mehr Geld als bei Rot-Schwarz könnten die Hochschulen hoffen: die Linke fordert 50 Millionen mehr als bisher, die SPD 75 Millionen.

In einer Koalition mit der CDU wären sich beide Partner grundsätzlich einig, den "Schulfrieden" zu bewahren, also an den bestehenden Schulformen nicht zu rütteln. In den Kitas will die SPD mehr Erzieherinnen für Unter-Dreijährige anstellen, eine Erzieherin soll künftig fünf statt sechs Kinder betreuen. Die CDU will das auch, fordert jedoch zusätzlich mehr Erzieherinnen für drei- bis sechsjährige Kita-Kinder. Auch an den Schulen toppt die CDU die SPD-Forderung von 400 zusätzlichen Lehrern, hält sich jedoch  andererseits mit Mehrausgaben-Wünschen für die Hochschulen zurück. Hier fordert die SPD 75 Millionen zusätzlich, hätte also Verhandlungsmasse. Strittig wäre auch, ob sich die CDU mit ihrer Forderung nach einem Stipendiensystem für künstlerisch begabte Kinder und Jugendliche durchsetzen kann.

Energie

Die Ausgangslage

Wie geht es weiter mit dem Ausbau der Windkraft? Und wird es weitere neue Braunkohle-Tagebaue geben? Diese Fragen würden eine rot-rote und eine rot-schwarze Koalition sehr unterschiedlich beantworten. Denn sowohl für die Förderung erneuerbarer Energien als auch für die Zukunft der Braunkohle haben CDU und Linke Vorstellungen, die meilenweit auseinander liegen.

In einer Koalition mit der Linken müsste die "Kohlepartei" SPD hart verhandeln über den Aufschluss von weiteren Braunkohle-Tagebauen in der Lausitz, die sie befürwortet. Denn die Linke lehnt diese Pläne ebenso ab wie den Neubau eines Kohlekraftwerks. Die Parteiführung steht bei diesem Punkt unter großem Druck der Basis und auch der Bundespartei, denn die empfand schon die Zustimmung zum Tagebau Welzow-Süd II als Zumutung. Die Linken wollen zudem ein Zukunftskonzept für die Lausitz für die Zeit nach der Braunkohle entwickeln – auch dagegen sträubt sich die SPD bislang noch. Wenig Differenzen gibt es dagegen beim weiteren Ausbau der Windkraft und der Biomasse: Beide Parteien wollen daran festhalten.

In einer Koalition mit der CDU wäre man sich beim Thema Braunkohle wohl schnell einig. Denn die CDU will den Braunkohle-Bergbau anders als die Linkspartei nicht bis 2040 auslaufen lassen, sondern befürwortet im Gegenteil sogar zusätzliche Investitionen in den Kraftwerkspark und die Braunkohleforschung. Dafür musste die SPD mit der Union über den weiteren Ausbau der Windkraft ringen. Die SPD bekennt sich klar dazu, während die Union den Ausbau deutlich verlangsamen will – schließlich ging man im Wahlkampf bei Windkraftgegnern auf Stimmenfang. Die Themen Klimaschutz, Energieeffizienz und Bürgerbeteiligung wären dagegen wohl schnell abgehandelt, denn sie interessieren die CDU offenbar nicht besonders: Zumindest findet sich hierzu nichts im Wahlprogramm.

Mobilität

Die Ausgangslage

Beim Unterhalt der Straßen hat Brandenburg in den vergangenen Jahren gespart, das rächt sich nun: Jede dritte Landesstraße ist in schlechtem Zustand. Auch die Pendlerzüge werden immer voller. Eine rot-schwarze Koalition wäre sich wohl schnell einig, hier Abhilfe zu schaffen, denn beide Parteien haben mehr Investitionen in diesen Bereichen versprochen. Die Linke setzte im Wahlprogramm dagegen andere Schwerpunkte.

In einer Koalition mit der Linken würden recht unterschiedliche Forderungen aufeinander prallen: Die SPD will 25 Millionen zusätzlich für Landesstraßen ausgeben, die Linke hat diesen Posten nicht im Wahlprogramm. Stattdessen möchte die Partei 100 Millionen Euro zusätzlich für Kommunalstraßen, Brücken, energetische Gebäudesanierung und die Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude ausgeben. Unterschiede gibt es auch beim öffentlichen Nahverkehr: Dem Investitionsprogramm der SPD, das vor allem Pendlern zugutekommen würde, setzt die Linke andere Schwerpunkte entgegen - sie fordert ein Mobilitätsticket und kostenlose Schülerbeförderung für Geringverdiener.

In einer Koalition mit der CDU würde wohl mehr Geld für die Sanierung maroder Landesstraßen fließen - geklärt werden müsste in den Koalitionsverhandlungen jedoch, wie viel. Die SPD veranschlagt 25 Millionen, die CDU 50 Millionen. Geklärt werden müsste auch, ob die SPD wie geplant weitere Bahnhöfe barrierefrei ausbauen kann und ob das Geld dann noch reicht, mehr Regionalzüge fahren zu lassen, wie von der CDU gefordert. Einig sind sich die Partner darin, mehr Park&Ride-Parkplätze und Radabstellplätze zu schaffen.

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