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Brandenburger Grüne vor der Landtagswahl

Grüne Randpflanzen in rot-rot-schwarzer Landschaft

Hauptsache, eine "5" vor dem Komma: Die Brandenburger Grünen haben bei der Landtagswahl eher bescheidene Ziele. Sie wollen vor allem wieder dabei sein, von Größerem wagen die beiden Spitzenkandidaten kaum zu träumen. In Umfragen sieht es für die Grünen knapp aus – und das Wählerpotential ist nach Expertenmeinung klein. Von Sebastian Schöbel-Matthey

Vermutlich haben die Brandenburger Grünen in diesen Wahlkampftagen weder Zeit noch Nerven, einmal kurz nach Sachsen zu schauen. Dabei würde sich das durchaus anbieten, als Motivation: Denn ihre Parteikollegen in Dresden führen nach der Landtagswahl im Nachbarbundesland inzwischen sogar Sondierungsgespräche mit dem Wahlsieger CDU. Obwohl die Grünen nur 5,7 Prozent geholt haben. Doch in Sachsen reicht das schon, um jetzt nun als neuer Regierungspartner infrage zu kommen. Theoretisch zumindest.

Wahlkampf unter dem olympischen Motto

In Brandenburg sind die Grünen von solchen koalitionstaktischen Farbenspielen weit entfernt: 5,7 Prozent erreichten sie bei der letzten Brandenburger Landtagswahl 2009 zwar auch, doch um die Regierungskoalition pokern damals wie heute nur SPD, Linke und CDU. Laut ARD-Trend vom 4. September können die Grünen auf 6 Prozent der Stimmen hoffen.

Für die Grünen geht es also nur darum, weiter mit dabei zu sein. Es ist ein Kampf um ein bisschen grüne Randbepflanzung im rot-rot-schwarzen Potsdamer Landtag. "Wir sind keine Partei, die zweistellige Werte einfahren wird", gibt Spitzenkandidatin Nummer 1 Ursula Nonnemacher im rbb zu. "Wir sind vom Status einer Volkspartei noch entfernt", erklärt Spitzenkandidat Nummer 2 Axel Vogel.

Die AfD: Das Problem der Anderen

Trotzdem sagt Parteienforscher Jürgen Dittberner: Wenn er in diesen Tagen Wahlkampf machen müsste mit einer Partei, die nicht SPD, Linke oder CDU heißt, wäre seine Wahl klar. "Wenn überhaupt, dann nur für die Grünen."

Denn die müssen den Aufstieg der Alternative für Deutschland (AfD) am wenigsten fürchten, erklärt Dittberner, der jahrelang an der Universität Potsdam gelehrt hat. Während die anderen Parteien befürchten, frustrierte Wähler an die AfD zu verlieren, sind "die Grünen gerade in Brandenburg relativ eigenständig". Anders als zum Beispiel die FDP, bei der Politologe Dittberner übrigens bis heute Mitglied ist und für die er einst unter anderem Staatssekretär in Manfred Stolpes Ampelkoalition von 1990 war.

Die Jugend wählt mit - aber nicht unbedingt grün

Im Gegensatz zu den Liberalen hätten die Grünen zumindest ein festes Wählerpotential in der Mark. Allerdings kein sehr großes, meint Dittberner. Daran ändere auch das Wahlrecht ab 16 nichts, das die Grünen zusammen mit Linken und Sozialdemokraten durchgeboxt haben – gegen den Widerstand der CDU. Um die U-18-Wählerschaft buhlten die Grünen dann auch besonders intensiv, zum Beispiel mit einer "Tierschutztour" durch Brandenburger Schulen. Nonnemacher gehört auch zu den aktiveren Politikern in Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter. Doch so jung, sagt Dittberner, sind die typischen Grünenwähler inzwischen gar nicht mehr.  "Es sind das vor allem gut ausgebildete Akademiker, die nicht so materiell eingestellt sind, in der Mitte des Lebens stehen. Davon gibt es nicht so viele in Brandenburg."

Die Spitzenkandidatin der Grünen

Spitzenkandidaten | Ursula Nonnemacher (Grüne)

Die resolute Rekord-Rednerin

Ihre Stimme ist im Landtag am häufigsten zu hören. Immer etwas hessisch eingefärbt wirbelt Ursula Nonnemacher mit Zahlen um sich: steigende Frauenquoten, sinkende Fördergelder. Jetzt ist die fraktionsübergreifend Geschätzte selbst zu einer Zahl geworden, einer Rekordzahl: 267 Mal stand Nonnemacher am Pult – mehr als jeder andere Abgeordnete in den letzten Jahren. Von Tina Rohowski

Im Orbit der Hauptstadt gefangen

Man findet sie vor allem im Speckgürtel der Bundeshauptstadt, wo die Grünen inzwischen auch gute Ergebnisse einfahren. Zu denen passt auch Spitzenkandidatin Nonnemacher, eine Ärztin mit Wahlkreis im Falkensee. Doch im Rest Brandenburgs tun sich die Grünen schwer, obwohl einer ihrer Schwerpunkte im Wahlkampf die Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen raum war. Mit ihren anderen Themen, zum Beispiel Ökolandbau, punkten sie auch bei Brandenburgs Landwirten nicht automatisch. Und als größter Gegner der Braunkohletagebaue hätte die Partei zwar ein klares Profil, so Dittberner. Doch ob das außerhalb der eigenen, kleinen Klientel Wählerstimmen einbringt, bezweifelt er.

Zuletzt nur noch 5,5 Prozent

Zum Wahlkampfabschluss haben sich die Grünen noch einmal Bundesprominenz eingeladen. Am Freitag trat der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir in Potsdam auf, an der Seite des Spitzenduos Nonnemacher-Vogel. Ob das im Endspurt für den Einzug in den Landtag reichen wird, vermag auch Politologe Jürgen Dittberner nicht zu sagen. Im ZDF-"Politbarometer" vom Freitag jedenfalls kommen die Grünen noch auf 5,5 Prozent. Es wird wohl knapp.

Beitrag von Sebastian Schöbel-Matthey

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