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Audio: Inforadio | 30.04.2020 | Maria Ossowski | Quelle: dpa/Emmanuele Contini

Europakonzert der Philharmoniker

Zwei Meter zwischen den Streichern, fünf zwischen den Bläsern

Seit dem 1. Mai 1991 findet das Europakonzert der Berliner Philharmoniker in einem anderen Land statt. Coronabedingt wurde der diesjährige Auftritt in Tel Aviv abgesagt. Das Konzert findet trotzdem statt - unter besonderen Bedingungen. Von Maria Ossowski

Die Melodie ist die gleiche und das Orchester auch - nur wird Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 4 beim diesjährigen Europakonzert der Philharmoniker nicht ganz so üppig klingen. Kirill Petrenko wird wegen der Abstandsregeln und Hygieneanforderungen eine kammermusikalische Fassung dirigieren. Und die Musiker, schildert Intendantin Andrea Zietzschmann, spielen zwar gemeinsam, sitzen aber vereinzelt auf der Bühne.

Das traditionelle Europakonzert der Philharmoniker sollte in diesem Jahr eigentlich aus Tel Aviv kommen, musste aber Corona-bedingt abgesagt werden. Nun treten die Musikerinnen und Musiker in der Berliner Philharmonie auf - vor leeren Rängen.

Live dabei

Das Erste überträgt das Europakonzert im Fernsehen und im Livestream.

"Riesenabstände" zwischen den Musikern

"Wir haben Sicherheitsabstände - erstmal zwischen dem Dirigenten und den ersten Pulten - von zwei Meter, dann zwischen den Pulten der Streicher ebenfalls zwei Meter", so Zietzschmann. Die Bläser seien die größte Herausforderung. "Wir haben nur drei Bläser für dieses Programm, und die haben zwischen sich jeweils einen Abstand von fünf Metern." Auch zu den Streichern gibt es fünf Meter Abstand. Für den normalen Orchesterbetrieb sind das "Riesenabstände". In der Fernsehübertragung am Freitag könne man sehen, wie gut isoliert die Bläser. "Für das Zusammenspiel ist das eine echte Herausforderung", erklärt die Intendantin weiter.

Das Jetzt in die Musik gegossen

Neben Gustav Mahlers Symphonie Nr. 4 G-Dur in der Bearbeitung für Kammerensemble von Erwin Stein stehen auf dem Programm "Fratres" von Arvo Pärt, "Ramifications für Streicher" von György Ligeti sowie Samuel Barbers "Adagio für Streicher".

Ob auf Beerdigungen der US-Präsidenten Kennedy und Roosevelt, ob in den Filmen "Platoon" oder "Die fabelhafte Welt der Amelie" - Barbers berühmtes "Adagio für Streicher" klingt auch ein wenig nach diesen Zeiten und einer Philharmonie mit 2.200 leeren Plätzen. Dieses Lied spiegele den Jetzt-Zustand sehr gut wider, meint der Solo-Cellist Olaf Maninger. "Dieses vereinsamte, dieses besondere Momentum, dieses Nachdenken über das, was bisher passiert ist. Wie wird es weitergehen? Das ist natürlich in dieser Musik unglaublich verankert."

Selbstgenähte Masken von der Geigerin

Während der Probentreffen trugen die Musiker teils auch Masken. Gelbe - passend zum Logo des Orchesters und zum Haus, selbst genäht von der Geigerin Anna Mehlin. Während des Konzerts legen alle Künstler die Masken ab. "Sie sehen es am Dirigenten natürlich am augenscheinlichsten: Physionomie, die Augen, die Mundbewegungen. All das ist irgendwie ein Ausdruck menschlicher Kommunikation, auch gerade in der Musik. Und das braucht man, und ohne das wäre irgendwie auch ein Fernsehbild, ein bisschen bisschen sehr komisch", so Maninger.

Das Konzert ohne Publikum wird in 80 Länder der Welt übertragen. Dieses Konzert aus der Berliner Philharmonie wird auch zeigen, wie wichtig die Kultur für unser Leben ist - und welche Möglichkeiten einer vorsichtigen Öffnung es geben könnte.

Sendung: Inforadio, 30.04.2020, 09:55 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

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