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Kommentar | Abgeordnetenhauswahl

Wie aus dem Zufallsgenerator

Volksparteien? Davon kann in Berlin nicht mehr die Rede sein. Große Koalition? Weggefegt. Profillose Parteien, blasse Politiker und ein müder Wahlkampf haben die Berliner nicht von der Wahl abgehalten - mit einem Ergebnis so besonders wie diese besondere Stadt. Ein Kommentar von Anna Kyrieleis

Berlin ist besonders. Besonders lebenswert, besonders liebenswert, besonders cool, bunt, vielfältig. Obwohl die Verwaltung besonders überfordert ist, die Schulen besonders marode, die Flughafenbaustelle besonders absurd. Und was tut die Politik in Berlin?

Nichts Besonderes. Kreative Weltstadt meets ideenlose Landespolitiker. Die Unzufriedenheit mit der Landesregierung ist im bundesvergleich besonders groß.

Ja, die Bundespolitik gibt sicher zur Zeit keinen Rückenwind. Die Probleme in Berlin sind aber in erster Linie hausgemacht.

Die Parteien profillos, die Politiker blass, der Wahlkampf müde. Zu wichtigen stadtpolitischen Fragen fordern die Parteien mehr oder weniger das gleiche. Die Berliner Politik kann mit ihrer eigenen Stadt nicht mithalten.

Das heutige Wahlergebnis ist dafür die Quittung. Besonders für CDU und SPD. Es gibt keine großen Parteien mehr, keine Volksparteien. Nicht mal eine sogenannte große Koalition hat noch eine Mehrheit. Ein Ergebnis fast wie vom Zufallsgenerator ermittelt.

Die AfD hat von diesem blassen Parteieneinheitsbrei profitiert. Dabei macht man es sich zu leicht, wenn man ihren Wählern schlicht Fremdenfeindlichkeit vorwirft. Die AfD ist ein Sammelbecken Enttäuschter und Unzufriedener. Der AFD-Erfolg sollte allen Parteien eine Warnung sein.

Zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner sind der Meinung: Egal wer regiert, keiner bekommt die Probleme Berlins in den Griff.

Diesen Denkzettel sollten die Parteien als Ansporn nehmen, um ab morgen das Gegenteil zu beweisen.

Berlin, diese besondere Stadt mit besonders unzufriedenen Wählern hat es besonders nötig.

Anna Kyrieleis leitet die rbb Abendschau

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