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Audio: Antenne Brandenburg | Uta Schleiermacher | 14.04.2020 | Quelle: rbb/Sabine Tzitschke

Infektionsgefahr in Gemeinschaftsunterkünften

Flüchtlingsrat fordert Unterbringung in Hotels

Zu Hause bleiben, Abstand halten, Hände waschen - viele dürften sich daran inzwischen einigermaßen gewöhnt haben. Doch was bedeutet das für Geflüchtete, die in großen Gemeinschaftsunterkünften leben müssen? Von Uta Schleiermacher  

Die zentrale Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt (ZABH) hat sich bereits Anfang März auf die Corona-Krise vorbereitet. Dort und in den Außenstellen sind rund 1.400 Menschen untergebracht. Neu in Brandenburg ankommende Flüchtlinge werden vor Ort untersucht. Außerdem hat die Behörde Quarantänecontainer bereitgestellt.

Olaf Jansen, der Leiter der ZABH, sieht seine Einrichtung gut auf das Coronavirus vorbereitet. "Wir haben vorgebeugt und schon Ende Februar angefangen, ältere Personen aus den Unterkünften heraus kommunal zu verteilen", sagte Jansen dem rbb Anfang April. "Jetzt sind wir zur Hälfte belegt und können mit der Situation gut umgehen."  

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Flüchtlingsrat fordert kommunale Unterbringung

Der Flüchtlingsrat Brandenburg gibt sich damit nicht zufrieden. Die Verteilung in die Landkreise sei längst ausgesetzt, kritisiert Sprecherin Lotta Schwedtler. Gemeinschaftsunterkünfte seien in der jetzigen Situation höchst ungeeignet. "In der Unterkunft in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) müssen sich 35 Menschen ein Bad teilen und 300 müssen zusammen in einer Kantine sitzen", sagt sie. Dort würden Infektionsschutzmaßnahmen nicht greifen.

Quarantänecontainer in der Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt | Quelle: rbb/Sabine Tzitschke

Erste Corona-Fälle in Gemeinschaftsunterkünften

Am 4. April wurden in der Unterkunft Doberlug-Kirchhain erste Menschen positiv auf das Coronavirus getestet. Inzwischen sind es fünf Personen. Sie wurden nun vor Ort unter Quarantäne gestellt, auch ihre Kontaktpersonen wurden ermittelt und isoliert.

Doch Quarantäne in einem Flüchtlingsheim sei etwas völlig anderes als Quarantäne in einer Wohnung oder einem Einfamilienhaus mit Garten, kritisiert der Flüchtlingsrat. "Quarantäne bedeutet für die Menschen zwei oder drei Metallbetten, ein Metallschrank und das war es. Es gibt kaum zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten, weil sie sozial absolut isoliert sind." Schwedtler fordert daher die Auflösung aller Gemeinschaftsunterkünfte. Die Menschen sollten stattdessen in Hotels und Ferienwohnungen unterkommen, sagt er.

Landkreisvertreter sieht keinen Handlungsbedarf

Für die Landkreise wie Oder-Spree oder Märkisch-Oderland sind Hotels und Ferienwohnungen keine Option. In Märkisch-Oderland leben derzeit ungefähr 1.000 Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften, in Oder-Spree sind es insgesamt 557 Menschen, von denen allein 130 in einer einzigen Unterkunft leben. "Es ist kurzfristig nicht denkbar, Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen", sagt Friedemann Hanke (CDU), der als 1. Kreisbeigeordneter in Märkisch-Oderland auch für Gesundheit und Soziales zuständig ist. "Wenn ich 70 Leute aus einer Unterkunft in ein Hotel umsetze, dann sitzen da auch wieder 70 Leute", meint er. Letzlich hätten, so Hanke weiter, Gemeinschaftsunterkünfte dieselben Probleme wie auch Altenpflegeheime. 

Oder-Spree hält Quarantäne-Wohnungen vor

Auch in Oder-Spree gibt es keine Pläne, die Menschen aus den Unterkünften in kleinere Wohneinheiten umziehen zu lassen. In den Unterkünften des Landkreises seien viele Plätze frei, daher die Belegung ausgedünnt. Bisher seien noch keine Bewohner positiv auf das Virus getestet worden.

Allerdings würden sich auch weiterhin Menschen ein Zimmer teilen, nicht nur Familien, sagt die  Amtsleiterin Amt für Ausländerangelegenheiten und Integration, Katja Kaiser. In den Unterkünften finde  weiter Beratung telefonisch und mit Abstand statt, für den Notfall halte der Landkreis Quarantäne-Wohnungen vor.

Beitrag von Uta Schleiermacher

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