Jahresbericht - Berliner Polizeibeauftragter fordert besseren Umgang mit Fehlern

Do 18.04.24 | 16:19 Uhr
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Symbolbild: Polizisten sichern den Bereich rund um einen Einsatzort ab. (Quelle: dpa/Vorwerk)
Video: rbb24 Abendschau | 18.04.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Vorwerk

Wollen sich Bürger oder Einsatzkräfte über die Berliner Polizei beschweren, können sie sich an den Polizeibeauftragten wenden. Der stellt in seinem Jahresbericht der Polizei allgemein ein gutes Zeugnis aus - in der Fehlerkultur sieht er aber "Luft nach oben".

Der Bürger- und Polizeibeauftragte des Landes Berlin, Alexander Oerke, hat die Fehlerkultur der Berliner Polizei bemängelt.

Die Polizei habe zwar bei rund einer Million Einsätze im vergangenen Jahr ganz überwiegend eine gute und wichtige Arbeit geleistet, sagte Oerke am Donnerstag bei der Vorstellung seines Jahresberichtes im Berliner Abgeordnetenhaus. Beim Umgang mit Fehlern gebe es aber noch "Luft nach oben".

Strukturelle Probleme im Zusammenhang mit verhaltensauffälligen Menschen

Von den 174 Fällen, die dem Polizeibeauftragten im vergangenen Jahr auf den Tisch kamen, stamme jeder siebte von Polizeikräften, rund 84 Prozent von Bürgerinnen und Bürgern. Zwölf Prozent der Fälle hätten sich als begründet herausgestellt. Strukturelle Probleme gebe es zum Beispiel im Umgang mit verhaltensauffälligen beziehungsweise kranken Menschen.

In seinem Bericht führt Oerke den Fall eines psychotisch gestörten Mannes an, der bei einem Polizeieinsatz 2022 zusammenbrach und später starb. Gott sei Dank gebe es nur wenige Fälle, sagte Oerke den Abgeordneten, diese hätten aber erhebliche Folgen für die Betroffenen. Auch die Fürsorge der Polizeibehörde gegenüber den eigenen Beschäftigten sei verbesserungsbedürftig.

Der Berliner Polizeibeauftragte Alexander Oerke (Quelle: imago-images/Funke Foto Services)
Bild: imago-images/Funke Foto Services

Oerke fordert mehr Akteneinsicht

Mehr Befugnisse forderte Oerke erneut bei Fällen, die mit laufenden Strafverfahren zu tun haben, etwa wenn wegen Widerstands gegen die Vollstreckungsbeamte ermittelt werde. In solchen Fällen gestatte die Staatsanwaltschaft dem Polizeibeauftragten keine Akteneinsicht, beklagte Oerke. "Je gewichtiger der Beschwerdevorwurf, desto eingeschränkter sind die Aufklärungsmöglichkeiten des Polizeibeauftragten".

Unterstützung bekam Oerke bei dieser Forderung von Linken und Grünen, klar dagegen sprachen sich CDU und AfD aus. Eigene, möglichweise von der Staatsanwaltschaft abweichende Ermittlungen des Beauftragten kämen einem Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz gleich, sagte CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger. Die SPD will das Problem nach eigener Aussage weiter beobachten und gegebenenfalls in einem Jahr erneut diskutieren.

Mehr als 250 Bürgerbeschwerden über Verwaltung

Neben der Arbeit als Polizeibeauftragter haben Oerke und die neun Beschäftigten seiner Behörde auch die Aufgabe, Bürgerbeschwerden über die Berliner Verwaltung zu bearbeiten. Dabei gingen im vergangenen Jahr 255 weitere Fälle ein.

Fast alle hätten geklärt werden können, berichtete Oerke, in der Regel niederschwellig auf dem kurzen Dienstweg. Vor allem die Schwierigkeit, staatliche Leistungen zu beantragen, lange Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen und mangelnde Transparenz sowie schlechte Erreichbarkeit seien die wichtigsten Beschwerdegründe.

Sendung: rbb24 Abendschau, 18.04.2024, 19:30 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Der von Burkhard Dregger befürchtete Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz sehe ich nicht. Die unabhängige, doch eben auch weisungsgebundene Staatsanwaltschaft kann nicht mit den völlig unabhängigen Gerichten gleichgesetzt werden. Inwieweit etwas zur Anklageerhebung kommt - oder hier eben nicht - hängt auch vom Ausmaß einer Kameraderie zusammen, zu der jeder uniformierte Mensch in gewissem Grad neigen kann.

    Es geht nicht um pauschale Vorwürfe, es ginge auch nicht um fehlende Wertschätzung, vielmehr darum, dass das Ausmaß einer Kameraderie möglichst gering gehalten werden muss, sollen tatsächliche Vorkommnisse - so oder so - aufgeklärt und ggf. nicht unter dem Deckel gehalten werden.

  2. 16.

    Ich habe mich sehr intensiv mit den Fakten beschäftigt.
    U.a. musste ich dabei feststellen, dass die allermeisten Videos die "man im Netz besichtigen kann", so zusammengeschnitten sind, dass der gesamte Vorlauf fehlt und sie erst beginnen, wenn die Polizei Zwangsmaßnahen einsetzt/einsetzen muss.
    Von den "friedlichen Demonstranten", die z.B. Steine von Hausdächern, Brandsätze oder Pyro auf die Mitmenschen in Uniform werfen, ist da natürlich nichts zu sehen.

  3. 15.

    Wenn es so schlimm ist und solche Angst herrscht, dann frage ich mich warum wir täglich angegriffen und beleidigt werden. Und nahezu alle verfahren diesbezüglich eingestellt werden, es sei halt unser Berufsrisiko.

  4. 14.

    Es steht ihnen jederzeit frei sich über das Thema Polizeigewalt zu informieren. Statt hier persönliche Überzeugungen als Grundlage einer Meinung zu präsentieren, halte ich es für angebracht sich mit den Fakten auseinanderzusetzen.
    Es gibt jährlich mehrere Todesfälle im Zusammenhang mit Polizeigewalt. Rechtswidrige Einkesselung von Demonstranten , überzogene Gewalt und wie man im Netz besichtigen kann, auch immer wieder provozierende Polizisten. Das kann man nicht einfach wegdiskutieren, denn es bedroht die demokratische Ordnung .

  5. 13.

    Na klar!
    Immer trifft es Unschuldige und natürlich ist immer die böse Polizei schuld.
    *Ironie aus*
    Ich danke allen Polizisten (generisches Maskulinum!!) für ihren täglichen Einsatz für uns!
    Polizisten sind auch Menschen!

  6. 12.

    Polizisten sind Dauerwaffenträger. Hier sollte die Meßlatte auch entsprechend sehr hoch liegen - trotz des, zugegebenermaßen, harten Jobs.

  7. 11.

    Problem ist, dass es oft Antragsdelikte sind.

    Das bedeutet, dass man 3 Monate Zeit hat, Anzeige zu erstatten. Reicht man zuerst Beschwerde ein, könnten die 3 Monate beendet sein, bevor das Beschwerdeverfahren beendet ist.

    Also ist man eigentlich gezwungen, auch Anzeige samt Strafantrag zu stellen--auch um Beweise sichern zu können..
    Sobald Anzeige erstattet ist, wird sich der "Beschuldigte" dann aber nicht mehr äußern.--Das ist sein Recht.

    Ich würde mir wünschen, dass man, wenn Polizisten, Feuerwehrleute oder Personal des Rettungsdienstes betroffen sind, eine andere Verfahrensweise hätte. Die Aufklärung müsste im Vordergrund stehen--nur so kann man zukünftig Fehler verhindern. Auch sollte ein Fehler nicht sofort den Jobverlust/eine Verurteilung bedeuten. Jeder sollte eine zweite Chance haben--auch wenn die Fehler gravierend sind. Diese Menschen stehen Tag und Nacht unter extremen Stress--das sollte auch beachtet werden.

  8. 10.

    Sollen die 88% deren Beschwerden abgelehnt werden, Angst haben vor möglichen Konsequenzen (falsche Beschuldigungen usw)?

  9. 9.

    Dass es bei Pronzent- und Verhältnisrechnung zuweilen schwierig wird, ist nichts, wofür man sich schämen muss. Gestatten Sie die Hilfestellung. 12% von 174 Fällen sind rund 21 Fälle, von denen jeder siebte der Polizei zuzuordnen ist; das wären demnach 3 Fälle. Diese 3 Fälle nunmehr bezogen auf rund 1 Million Einsätze macht 0,0003%. Ich schätze mal, dass die Fehlerquote in öffentlicher Verwaltung generell sowie auch in der Privatwirtschaft nicht besser ist.

  10. 7.

    Sie sollten sich einfach besser informieren. Immer wieder kommt es zu Todesfällen durch Polizeigewalt.
    Die Dunkelziffer bei solchen Straftaten ist hoch, da die Betroffenen Angst vor Repressalien haben .
    Die Staatsanwaltschaften stellen die Ermittlungen oft vor der Anklageerhebung ein. Staatsanwälte sind übrigens nicht unabhängig!

  11. 6.

    Bisher bekommt die Polizei ja immer Dresche und nicht der Bürger ! Es wird soweit kommen, dass die Polizei zum zahnlosen und entrechteten Tiger verkommt, die sich alles gefallen lassen muss. Immer in der Angst vor einem Disziplinar-Verfahrens.

  12. 5.

    Für was brauchen wir denn all diese Beauftragten, An...App, Beschwerde App(AMS) und ähnliche. Kann es sein, dass, dem Bürger hier ein wenig Mitbestimmung vorflunkert. Recherchiert mal bei den Behörden wie oft hier die Stellen mit Beschwerden missbraucht werden. Es ist doch das selbe wie der Mißbrauch von Notruf- Nummern. Und wenn jetzt auch bänochbdie Gerichte der Unabhängigkeit geraubt wird, wird noch viel viel dunkler. Ja, ich bin für Kontrollen und Prüfungen aber nicht Realitätsfern.

  13. 4.

    "Als sehr ordentliche Bürgerin werde ich weiterhin, sogar noch mehr als bisher, versuchen kein Kontakt mit die Polizei zu haben!"
    Angesichts zunehmender Polizeigewalt ist das sicher eine gute Idee.

  14. 2.

    » Andere Länder haben "unabhängige" Instanzen für solche Aufgaben, wäre das was für Deutschland?«

    Diese unabhängigen Instanzen nennt man in Deutschland Gerichte.

    Hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.

  15. 1.

    12% der Fälle begrundet, also 88% unbegründet. Beschweren sich die Leute aus Spaß, vielleicht? ("Ironie" aus)

    Als sehr ordentliche Bürgerin werde ich weiterhin, sogar noch mehr als bisher, versuchen kein Kontakt mit die Polizei zu haben!

    Andere Länder haben "unabhängige" Instanzen für solche Aufgaben, wäre das was für Deutschland?

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