Ernährung und Nachhaltigkeit - Das Mensch-Ei-Problem

Mi 27.03.24 | 18:58 Uhr | Von Markus Woller
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Hühnerstallung in Brandenburg. (Quelle: rbb/Woller)
Audio: rbb24 Inforadio | 26.03.2024 | Jennifer Timm | Bild: rbb/Woller

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt gesunden Menschen, nur noch ein Ei pro Woche zu essen – aus Nachhaltigkeitsgründen. Der Aufschrei ist groß. Ein Bio-Betrieb aus Wustermark will sich der Empörung nicht anschließen. Von Markus Woller

Die sechs grünen Stallgebäude der Brandenburger Bio-Ei GmbH stehen auf einem Feld bei Wustermark. Aus einer breiten Klappe in Bodennähe heraus wackeln Dutzende Hennen rund um den Stall. Der Auslauf ist um ein Vielfaches größer als die Fläche, die die Tiere tatsächlich nutzen. "Es ist zu sonnig - kein Hühner-Wetter", sagt Geschäftsführer Lasse Brandt darauf angesprochen.

Die Ställe sind sein ganzer Stolz. Stabil sehen sie aus, mit Metallgerüst, festen Türen, Solarplatten auf dem Dach. Platz für 1.000 Tiere. Und trotzdem kann man sie mit Traktoren verschieben, wenn das Gras herum weggepickt, der Boden nur noch sandig ist. Alle vier bis acht Wochen wird der Standort gewechselt.

"Es geht darum, Bewusstsein zu schaffen"

Bis zu 150.000 Eier pro Monat legen die 6.000 Hennen von Lasse Brandt. Bei industriell produzierten Bio-Eiern geht es nicht tier- und umweltfreundlicher. Das hat aber auch seinen Preis. 60 bis 75 Cent kostet ein Ei. Die Nachfrage ziehe gerade trotzdem wieder an, sagt Brandt.

Nun empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), pro Person nur noch ein Ei pro Woche zu verzehen. Die Portionsangabe beruhe nicht auf einer Begrenzung aus gesundheitlichen Gründen, etwa aufgrund von Cholesterin, heißt es auf der Website der Gesellschaft. Es sei eine Menge, die "für die Nährstoffzufuhr und Gesundheit ausreichend ist, zugleich die Umwelt nicht stärker als nötig belastet". Die Empfehlung der DGE hat bundesweit Diskussionen ausgelöst.

Laut Medienberichten hatte etwa der Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft die Anregungen mit der Begründung zurückgewiesen, sie gehe an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Vegane Unternehmen wie Oatly sollen Kritik geäußert haben, dass Ersatzprodukte nicht im überarbeiteten Ernährungskreis der DGE abgebildet seien.

Anders als andere mag sich Lasse Brandt darüber nicht aufregen. "Es geht für mich darum, ein Bewusstsein für Ernährung zu schaffen", so der Geschäftsführer. "Und wenn man seinen Konsum so weit reduziert, dann bleibt ja genug Geld übrig, um zu sagen, dann sollte es doch ein bewegtes Bio-Ei sein". Ähnlich sieht es Antje Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin im Verbraucherschutzministerium. Ihr Amt hat jüngst eine Ernährungsstrategie beschlossen, samt Empfehlungen für eine "Kantine der Zukunft". Hier hat man vor allem Groß- und Gemeinschaftsküchen im Blick. Gesünder, nachhaltiger, aber nicht unbedingt teurer, so das Ziel.

"Wir essen zu viele Eier, wir essen zu viel Fleisch. Davon wollen wir weg", so Töpfer. Es gehe nicht darum, Menschen etwas zu verbieten, sondern Alternativen attraktiver zu gestalten. Wenn die auch noch aus der Region kämen, sei das auch nachhaltiger und günstiger. "Lieber ein Ei weniger, dafür aber ein gutes Ei, wo ich weiß, dass die Hühner vernünftig gehalten werden und dass daraus auch noch ein Suppenhuhn entsteht", so Töpfer. So sei auch die DGE-Empfehlung aus ihrer Sicht zu verstehen.

Wertschöpfungskette in Brandenburg fehlt

Lasse Brandt sieht genau darin sogar sein Geschäftsmodell. Seine Bio-Eier vertreibt er unter dem Label "Das bewegte Bio-Ei" in Supermärkten. Auch einige kleine Restaurants und Küchen fragen direkt bei ihm an. Noch besser wäre es für Brandt, wenn die Wertschöpfungskette rund ums Huhn in Brandenburg noch besser wäre, sagt er. So gebe es kein Bio-Futtermittelwerk und auch keine Bio-Junghennen-Züchter. Männliche Tiere, die nicht mehr geschreddert werden dürfen, würden im Land Brandenburg momentan erst gar nicht gehalten, weil es an einer Schlachterei fehle, um "diesen Bruderhahn dann in ein verkaufsfähiges Produkt weiter zu veredeln", so Brandt.

Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) sieht das Problem. Entsprechende Förderprogramme für eine weitergehende Wertschöpfungskette gebe es. Es brauche aber auch Investoren, die solche Wagnisse auf sich nehmen würden. Wenn man aber weiter in der Nische agiere, dann werde sich wohl niemand finden, weil es sich nicht lohne. "Es wird daran hängen, dass wir unter anderem mehr solcher mobilen Hühnerställe haben und auch die Betreiber bereit sind, Bruderhähne aufzunehmen", so Vogel. In Brandenburg gebe es bislang nur etwa 15 Betriebe, die mit mobilen Hühnerställen arbeiteten. Die meisten deutlich kleiner als die Bio-Ei GmbH in Wustermark.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.03.2024, 14:50 Uhr

Beitrag von Markus Woller

32 Kommentare

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  1. 32.

    Schön für Rewe.
    Btw: Hennen mit weisser Ohrscheibe legen weisse Eier, Hennen mit brauner Ohrscheibe legen braune Eier.

  2. 31.

    Auch wir von der JA Brandenburg sind für Bioeier, am liebsten die braunen.

  3. 30.

    Na sicher kannst Du essen was Du willst und alle auch, wer behauptet das Gegenteil, Aber auch Du könntest ,al über Deine Essgewohnheiten nachdenken - tut nicht weh.

  4. 29.

    Ich sags allen: Bioeier, Bioeier, Bioeier und nix anderes! Keine Bodenhaltung oder der Horror, Käfighaltung! Es gibt tatsächlich Leute (sehe ih ständig im Supermarkt) die wegen 1E Eier aus Massenhühnerfabriken kaufen - völlig gedanken-und teilnahmslos!? Meine Meinung.

  5. 28.

    Dass die meisten Menschen das Maß verloren haben, sieht man ja wohl an vielen Orten. Statt weniger Eier und anderes zu essen, werden dann lieber bunte Tabletten geschluckt und rumgejammert. Und nur weil weniger Eier essen empfohlen wird, werden wir noch lange nicht wieder auf Bäumen leben ;-)

  6. 27.

    Ich blicke nicht mehr durch - die Bauern wollen mehr Geld für Nahrung, die wir nicht mehr essen dürfen, weil ich mich denen, die das propagieren, das Tier Nichtmensch über das Tier Mensch stellen, an zu schließen habe und mich von proteinreichen Kakerlaken und Ameisen zu ernähren habe, bis auch diese zu den gefährdeten Tierarten zählen, ihre Zucht im Freigehege notwendig wäre bis zu ihrem Tode, welches dann zu früh kommt ob Wolf und Kolkrabe worüber dann wieder der Bauer ... Ameisenhügel aus Protest vor dem Brandenburger Tor ausschüttet ....und was für Barbaren all diese 'Menschen' vor dieser 'Letzten' Generation waren

  7. 26.

    Ich nehme mal an, diese Empfehlungen sind für Menschen, die jedes Maß verloren haben. Warum manche Kommentatoren hier solche Art von Berichterstattung persönlich nehmen, gibt mit Recht.
    Die Menge macht das Gift!

  8. 25.

    'Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) sieht das Problem. Entsprechende Förderprogramme für eine weitergehende Wertschöpfungskette gebe es.'

    Weniger Eier essen benötigt also Förderung - Cool diese grüne Wirtschaftslogik.

    Übrigens - ich esse was ich will.

  9. 23.

    Als Abschluss für mich bei dem Ei- Thema, die Kommentare von 1 bis 8 waren herrlich erfrischend über das „Ei“ gebracht. Ich musste schallend lachen wie die Diskussion humorvoll begann. Da waren sich alle einig, über das Ei. Gut so. Lachen ist gesund.

  10. 22.

    Experten empfehlen wieder, mit derweile hatte ich die letzten 4 Jahre zuviele Experten die emfehlen, nicht nur bei der Ernährung....zum Glück immer mein eigenes Ding durchgezogen.....

  11. 21.

    Das ist aber auch nicht DIE Lösung. Eine einseitige Ernährung, egal welche Richtung, bringt immer irgendwo Nachteile.

    Deshalb gibts ja auch Schnittlauch zum Rührei, Salat zum Steak, Quark zur Ofenkartoffel, Lachs zum Puffer .... ;-)

  12. 20.

    Ich frage mich nach dem Sinn solcher Institutionen wie der GSE.
    Was haben die Empfehlungen der Ernährungswissenschaftler bis dato überhaupt bewirkt ?
    Fakt ist doch, dass Adipositas und einhergehende Erkrankungen wie z.B. Diabetes 2 in den letzten Jahren weiter zunehmen und unser Gesundheitssystem erheblich belasten.

  13. 19.

    Was Sie nicht sagen (schreiben) Seit wann ist es Voraussetzung dafür, das man hier seine Nörgeleien ablassen kann?

  14. 18.

    …. vermutlich weil Sie das Original von den Comedian Harmonists noch nie gehört haben …. dann würden Sie die Version von Chris bestimmt auch als tonale Umweltverschmutzung bezeichnen ;-)

  15. 17.

    Hi, ich backe Ostern Blech "Eierschecke", Omas Rezept. Und ne Meißener Quarktorte, da müssen 6 Eier rein..... Meine Eier kommen aus der Uckermark. Pünktlich vor Ostern kommt der erziehende Eierberater in den Medien. Na denn.

  16. 16.

    Vielleicht liegt es daran, dass uns Manchereiner zum Affen machen will … :-)

  17. 15.

    Danke für den erläuternden Artikel. Ich finde es interessant, tiefer in die Thematik der Lebensmittelproduktion einzusteigen. Was läuft gut, was kann verbessert werden. Man sieht so viele ungesund ernährte Menschen auf der Strasse ( Mehrgewicht , kaputte Gelenke, Bluthochdruck, Diabetes ) Nachdenken hat noch keinen Eierliebhaber geschadet. Gehen sie doch mal in einen Eier produzierenden Betrieb, öffnen Augen und Ohren und starten das
    Nachdenken und schauen Sie in Ihren
    Einkaufswagen.

  18. 14.

    Da gibt es kein Problem. Eier muss niemand essen. Einfach auf vegane Ernährung umsteigen.

  19. 13.

    "Wir essen zu viele Eier, wir essen zu viel Fleisch. Davon wollen wir weg", so Töpfer.
    Wir? Sie können gerne davon weg, aber lassen Sie andere Menschen machen wie sie es wollen.

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