rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
  3. Neuer Landtag in Brandenburg

Landtagswahl: Linke stürzt ab - AfD im Landtag

Brandenburger SPD kann sich den Partner aussuchen

Die SPD ist nach der Landtagswahl am Sonntag weiter stärkste Kraft in Brandenburg. Ministerpräsident Woidke kündigte an, in den nächsten Tagen mit der zweitplatzierten CDU und mit der Linken zu verhandeln. Der bisherige Partner stürzte dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge um mehr als 8 Prozentpunkte ab, für Rot-Rot würde es dennoch reichen. Die AfD kommt aus dem Stand auf mehr als 12 Prozent. Die FDP ist nicht mehr im Landtag vertreten.

Brandenburg bleibt fest in der Hand der SPD. Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge stimmten bei der Landtagswahl am Sonntag 31,9 Prozent der Wähler für die Sozialdemokraten - knapp ein Prozent weniger als 2009. "Es ist ein wunderbarer Abend für die Sozialdemokratie in Brandenburg", bilanzierte Dietmar Woidke am Abend.

Die SPD kann sich nun zwischen Linken und CDU als Koalitionspartner entscheiden. "Ich habe beiden heute schon Sondierungsgespräche angeboten. Meine Einladung steht", sagte Woidke.

AfD im Landtag

Hochburg der AfD liegt im Osten

12,2 Prozent der Stimmen hat die Alternative für Deutschland am Sonntag in Brandenburg für sich verbuchen können - und das aus dem Stand. Besonders viel Zuspruch bekam die Partei im Osten des Landes. In einem Wahlkreis lag der Wert sogar über 20 Prozent.

Die Linke, bisheriger Partner der SPD, verlor dem vorläufigen Endergebnis zufolge deutlich und liegt jetzt bei 18,6 Prozent. Bei der letzten Wahl erreichte sie noch Platz zwei hinter der SPD - mit 27,2 Prozent der Stimmen. Nun ist sie hinter die erstarkte CDU gerutscht. Für ein rot-rotes Bündnis, wie es Ministerpräsident Dietmar Woidke favorisiert, reicht es nach derzeitigem Stand aber: Von 88 Sitzen im Landtag gehen 30 an die SPD und 17 an die Linke.

AfD aus dem Stand bei fast 12 Prozent

Die CDU kommt laut vorläufigem Endergebnis auf 23,0 Prozentpunkte (21 Sitze). Sie legte damit zu: 2009 stimmten noch 19,8 Prozent der Wähler für die Christdemokraten.

Wie erwartet ist die Alternative für Deutschland (AfD) neu im Landtag vertreten: Sie holte vom Start weg 12,2 Prozent der Stimmen (11 Sitze).  "Ich habe das Gefühl, dass viele Brandenburger mit ihrer Vertretung im Landtag nicht zufrieden sind, weil die beiden großen Parteien nicht ansprechen, was die Menschen bedrückt", erklärte Spitzenkandidat Alexander Gauland am Abend den Wahlerfolg. "Wir sind in der deutschen Politik angekommen und es wird uns daraus keiner mehr verdrängen."

Die Grünen mit Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher, die die Forderung nach einem Braunkohle-Ausstieg im Wahlkampf herausstellten, konnten ihr Ergebnis verbessern und kommen auf 6,2 Prozent (6 Sitze). Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren lagen sie noch bei 5,7 Prozent. "Wir haben im Wahlkampf mit unseren Themen durchaus punkten können", freute sich Landesvorsitzende Petra Budtke.

Die FDP verpasste den Einzug in den Landtag – mit einem erwarteten, aber trotzdem bitteren Ergebnis: Nur 1,5 Prozent der Stimmen entfallen auf die Liberalen, 2009 waren es noch 7,2 gewesen. Spitzenkandidat und Landes-Vizechef Andreas Büttner reagierte am Sonntagabend trotzig auf das schlechte Ergebnis: "Die Brandenburger brauchen die FDP - sie haben sie einfach nicht gewählt", sagte er. "Die Ziele der FDP sind richtig." Sowohl Büttner wie auch der Landeschef Gregor Beyer gaben noch am Abend ihren Rücktritt bekannt.

Überraschend in den Landtag einziehen werden dagegen die BVB/Freie Wähler, auch wenn sie ganz klar unter der Fünf-Prozent-Hürde liegen: Der bekannteste Akteur der Freien Wähler, der frühere SPD-Mann und Flughafen-Rebell Christoph Schulze, gewinnt nach dem vorläufigen Endergebnis das Direktmandat im Wahlkreis 25 (Zossen/Teltow-Fläming). Damit setzt er nach Landeswahlgesetz die Fünf-Prozent-Hürde für die Partei außer Kraft und die BVB/Freien Wähler erhalten drei Mandate.

Reaktionen

SPD

Die SPD hat es geschafft - sie bleibt stärkste Kraft in Brandenburg.

Dietmar Woidke:

"Es ist ein wunderbarer Abend für die Sozialdemokratie in Brandenburg. Wir haben geschafft, was ich vor 12 Monaten kaum für möglich gehalten hätte," jubelte der sonst so zurückhaltende Ministerpräsident auf der Wahlparty seiner Partei. "Brandenburg bleibt in guten Händen." Auch etwas später freute sich Woidke noch: "Wir sind mit Abstand – und zwar mit ca. 10 Prozent zum nächsten Mitbewerber – die stärkste Kraft im Brandenburger Landtag. Und das ist ein Abstand, von dem ich geträumt habe, aber den ich nicht für realistisch gehalten habe."

Mathias Platzeck:
Woidkes Vorgänger im Amt des Landeschefs zeigte sich über das Abschneiden der SPD erleichtert. "Bis heute, 18 Uhr, hatte ich zwar die Hoffnung [...], aber man weiß es erst um 18 Uhr. Und jetzt bin ich einfach froh." Angesichts des Erfolgs der AfD sprach Platzeck von einem "Kramladen" an Themen. Doch diese Themen dürfe man nicht ignorieren. "Sie haben Ängste aufgenommen und die müssen wir ernst nehmen."

Klara Geywitz:
"Das ist ein ganz klarer Arbeitssieg von Dietmar Woidke", freut sich die Generalsekretärin. In seinem Jahr als Ministerpräsident habe er sich bekannt und beliebt gemacht bei den Brandenburgern. "Wir haben einen sehr intensiven Wahlkampf geführt, der jetzt auch belohnt wurde.

Manfred Stolpe:
Neben der Freude über den Wahlsieg herrscht aber auch Ratlosigkeit über die geringe Wahlbeteiligung. Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe meint dazu: "Die lieben Medien haben seit Wochen verkündet, Woidke bleibt Ministerpräsident,...und dann war das Wetter nicht allzu toll, und dann kommen solche Ergebnisse zustande… Ich bin ganz unglücklich darüber.... Die Wahlbeteiligung und auch die Stärke der AfD wird eine ganz schwere Herausforderung für die SPD und auch für die anderen großen Parteien sein."

Günter Baaske:

Für Arbeitsminister Baaske war das Wahlergebnis nicht überraschend. "Ich hab die AfD zweistellig gesehen; ich hab uns (gemeint ist die SPD) gut über 30 Prozent gesehen. Insofern war das ein erwartbares Ergebnis." Jetzt gehe es darum, sich in den nächsten Tagen zügig zusammen zu setzen, sowohl mit den Linken wie auch mit der CDU. Der Erfolg der AfD ärgert Baaske nach seinen Worten, da den Leuten suggeriert wurde, dass in Brandenburg wieder die D-Mark eingeführt wird oder keine Asylbewerber mehr aufgenommen werden. "All das ist Quatsch", meint Baaske, "das wird so oder so nicht zu halten sein. Insofern ärgert mich so ein Populismus und dass man damit auch Wahlen gewinnen kann."

Linkspartei

Die Linke hat zwar genug Stimmen eingesammelt, um weiter mit der SPD regieren zu können - unter dem Strich aber deutlich verloren. Die Linke-Politiker waren sich in den ersten Reaktion einig, dass sie ihren Anteil an der Regierungsarbeit den Wählern nicht deutlich genug gemacht haben.

Christian Görke:
"Das ist ein schwerer Abend. Ich hatte ein Ergebnis deutlich über 20 Prozent als Ziel für mich und auch als Parteiziel fokussiert", zeigte sich der Finanzminister und Spitzenkandidat enttäuscht. "Es ist jetzt so wie in Sachsen und Thüringen, dass der kleinere Koalitionspartner verliert. Wir haben Erfolge in Brandenburg – wir haben das Land sozialer, nachhaltiger gemacht." Die Wähler hätten das leider bei den Sozialdemokraten verortet.

Andrea Johlige:
Ähnlich äußerte sich die Landesgeschäftsführerein: "Das was wir in den vergangenen Jahren mitgestaltet wird, wird wohl eher der SPD zugeschrieben."

Margitta Mächtig:
Die Landtagsabgeordnete sagte: "Es ist uns nicht gelungen, deutlich zu machen, dass wir unseren Teil zur Regierungsarbeit beigetragen haben." Mit Hinblick auf die gemeinsame Regierungsarbeit sagte Mächtig aber auch: "Rot-Rot hat eine gute Arbeit geleistet. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass genau das deutlich wird und dass wir dieses fortsetzen können, weil in fünf Jahren ist eben nicht zu schaffen, was in 20 Jahren vorher nicht realisiert werden konnte."

Helmuth Markov:
Der Justizminister ist der Meinung, "Rot-Rot hat Brandenburg gut getan. Der SPD-Wähler scheint das ja auch so zu denken und zu honorieren, denn die SPD hat ja nicht verloren. Wahrscheinlich hat der linke Wähler von uns noch mehr erwartet in dieser einen Legislatur. Und deswegen ist er dann ein Stück enttäuscht, weil wir nicht weit genug gekommen sind."

CDU

Die CDU hat die Linke überholt und ist nun zweitstärkste Kraft im Land - und ein möglicher Koaltionspartner für die SPD.

Michael Schierack:
Der Landeschef und Spitzenkandidat feuerte dann auch nach den ersten Ergebnissen eine deutliche Breitseite in Richtung Linkspartei: "Wir haben mit unseren Themen überzeugt und Rot-Rot ist abgestraft worden - besonders die Linkspartei - für Ignoranz, Inkompetenz und insbesondere Überheblichkeit." Darin sieht Schierack ein starkes Signal - auch für die CDU. Mit seinem Auftreten als Spitzenkandidat ist der Arzt zufrieden: "Ich bin jetzt seit einem halben Jahr Spitzenkandidat gewesen. Ich war vorher nicht so sehr bekannt im Land. Aber von Woche zu Woche habe ich meine Arbeit gemacht und die Menschen haben gesehen, dass gute Politik zu guten Ergebnissen führt."

Dierk Homeyer:
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Brandenburger CDU sieht nach dem guten Abschneiden seiner Partei die Zeit für eine neue Koalition gekommen. "Ich leite daraus ab einen Auftrag zu einem Regierungswechsel und zwar hin zu Rot-Schwarz." Er hoffe, dass Ministerpräsident Woidke ernsthafte Sondierungsgespräche mit der CDU führen werde.

Grüne

AfD

FDP

Von der SPD, die schon seit 1990 Brandenburg regiert und erneut ihren Stand verteidigen konnte, kamen begeisterte Reaktionen auf das Ergebnis. Zehn Prozent zum nächsten Mitbewerber - "das ist schon ein Abstand, von dem ich geträumt habe", sagte Woidke auf der Wahlparty seiner Partei. "Wir haben geschafft, was ich vor zwölf Monaten kaum für möglich gehalten hätte."

Der Wahltag in Bildern

Jubel, Enttäuschung, Entsetzen

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat allen Grund zur Freude: Seine SPD hat das Wahlergebnis von 2009 gehalten und kann weiter regieren. Aber mit wem? Die CDU hat den jetzigen Koalitionspartner Linke überholt. Und eine neue Partei mischt im Landtag mit: Die AfD - während die FDP den Einzug nicht schaffte.

Bei den Linken sank dagegen die Stimmung nach Bekanntwerden der ersten Zahlen schlagartig: "Klar sind wir jetzt enttäuscht, weil ich nach wie vor der Auffassung bin, dass Rot-Rot eine gute Arbeit gemacht hat in Brandenburg", sagte Justizminister Helmuth Markov. Sebastian Walter, stellvertretender Landeschef, sagte: "Wir haben ziemlich viel durchgesetzt als Linke. Unser Problem war, dass wir nicht deutlich machen konnten, was unser Anteil war."

"Abgestraft für Inkompetenz und Überheblichkeit"

CDU-Spitzenmann Schierack stellte am Wahlabend selbstbewusst klar: "Wir haben deutlich gewonnen." Im Wahlkampf noch sehr zurückhaltend, holte Schierack nun doch gegen die bisherige Regierung aus: "Rot-Rot ist abgestraft worden - besonders die Linkspartei - für Ingnoranz, Inkompetenz und insbesondere Überheblichkeit." Jetzt stehe die CDU als zweitstärkste Kraft hinter der SPD zu Sondierungsgesprächen bereit.

Wahlbeteiligung auf historischem Tiefstwert

Einer Analyse von infratest dimap vom Sonntagabend zufolge ist bei den Bürgern keine eindeutige Präferenz für eine bestimme Koalition erkennbar. Für ein SPD-geführtes rot-rotes Bündnis sprechen sich demnach 45 Prozent aus, für eine Koalition aus SPD und CDU 46 Prozent.

Thema in den nächsten Tagen dürfte neben der Regierungsbildung auch die Wahlbeteiligung sein: Nur 47,9 Prozent der 2,1 Millionen Stimmberechtigten gingen wählen - ein historischer Tiefstwert. Erstmals durften auch gut 38.000 Jugendliche ab 16 Jahren wählen, bundesweit eine Premiere in einem Flächenland.

Artikel im mobilen Angebot lesen