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Video: Abendschau | 25.10.2019 | Gespräch mit Bezirksbürgermeisterin M. Herrmann | Quelle: imago images

Berlin auf Droge | Heroinspritzen in Hausaufgängen

Herrmann plant Drogen-Konsumraum am Kottbusser Tor

Spritzen in Hausaufgängen und auf Spielplätzen: Seit langem klagen Anwohner rund um das Kottbusser Tor über den Konsum harter Drogen im öffentlichen Raum. Die Bezirksbürgermeisterin will deshalb einen neuen Drogen-Konsumraum einrichten. Von Anja Herr

Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Die Grünen), will gezielter gegen Drogenkonsum im öffentlichen Raum vorgehen. Im Sommer 2020 soll am Kottbusser Tor ein Zentrum für Alkohol- und Heroinabhängige mit einem Konsumraum eröffnet werden, erklärte Herrmann im Gespräch mit rbb|24.

"Es geht tatsächlich darum, diejenigen, die fixen, von der Straße zu holen", betonte die Grünen-Politikerin. Geplant sei ein Gesundheits- und Sozialzentrum für Alkohol- und Heroinabhängige mit Beratung, Drogen-Konsumraum und Notübernachtungsmöglichkeiten. Der Verein "Fixpunkt" soll das Zentrum in der Reichenberger Straße 176 betreiben.

Bezirk zahlt die Miete, Senat den Umbau

Bereits seit März 2018 hat der Bezirk für das neue Sozialzentrum die erste Etage eines ehemaligen Seniorenwohnhauses mit einer Fläche von rund 400 Quadratmetern angemietet. Wegen langwieriger Verfahren zur Beantragung von Fördermitteln und zur Ausschreibung der Umbauarbeiten habe sich die Eröffnung des Zentrums verzögert, teilte Julia Thöns von der sozialraumorientierten Planungskoordination des Bezirksamtes mit. An dem Konzept werde bereits seit Ende 2016 gearbeitet.

Die jährliche Miete liegt im fünfstelligen Bereich; sie wird aus dem Haushalt des Bezirks finanziert, der Senat zahlt den notwendigen Umbau und die langfristigen Projektkosten. Auch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt und das Bundesprogramm Soziale Stadt unterstützen das Gemeinschaftsprojekt.

In der Reichenbergerstraße 130 gibt es bereits einen Konsumraum. Dieser soll erhalten bleiben, betonte Thöns.

Beschwerden von Anwohnern

Anwohner beklagen seit Jahren den weit verbreiteten Drogenkonsum auf Plätzen und U-Bahnhöfen rund um das Kottbusser Tor. Kritik gibt es auch immer wieder wegen herumliegender Spritzen auf Kinderspielpätzen. Zuletzt hatte das ARD-Politikmagazin Kontraste über zwei Eltern berichtet, die Anzeige wegen Körperverletzung durch Unterlassen gegen die Bezirksbürgermeisterin Herrmann und gegen den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) erstattet hatten. Die fünfjährige Tochter der klagenden Eltern war am Wassertorplatz unweit vom Kottbusser Tor barfuß in eine benutzte Spritze getreten.

Schutz vor Überdosen

Immer mehr Heroinsüchtige konsumieren ihre Drogen im öffentlichen Raum, bestätigt die Landesdrogenbeauftragte Christine Köhler-Azara. Eine Ursache dafür sei, dass wohnungslose Junkies zunehmend ihre Rückzugsorte verlieren. Denn leerstehende Gebäude gibt es in der Boom-Stadt Berlin kaum noch.

Konsumräume sollen die Menschen von der Straße holen, auch um die Drogenabhängigen selbst vor Überdosen oder Infektionen infolge verunreinigter Spritzen zu schützen. Im vergangenen Jahr starben in Berlin 71 Menschen infolge ihres Heroin-Konsums; bis Ende Juli dieses Jahres waren es bereits 39. Das geht aus Zahlen der Polizei hervor, die rbb|24 vorliegen.

Längere Öffnungszeiten geplant

In der ganzen Stadt gibt es derzeit nur drei feste Drogen-Konsumräume, die nur an wenigen Stunden tagsüber geöffnet sind. Am Wochenende haben sie komplett geschlossen. Allein im Konsumraum in der Birkenstraße im Stadtteil Moabit haben sich die Konsumvorgänge zwischen 2015 und 2018 mehr als verdoppelt, hat das ARD-Politikmagazin Kontraste recherchiert. Im Jahr 2018 hatte die Birkenstube 25.000 Konsumvorgänge. 

Laut Plänen des Senats sollen die Konsumräume ab 2020 an allen sieben Wochentagen öffnen, acht Stunden täglich. Zudem sollen im kommenden Jahr weitere Konsumräume eröffnen.

Beitrag von Anja Herr

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