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Audio: Inforadio | 08.04.2019 | Markus Streim | Quelle: ZB/Patrick Pleul

Infos zur rbb|24-Datenauswertung

So berechnen Forscher das Klima der Zukunft

Wo ist der Unterschied zwischen Klima und Wetter? Was bedeutet "wärmer als vorindustriell"? Und wie berechnet man das Klima der Zukunft? Wissenswertes zur Klimaforschung und den rbb|24-Daten. Von Friederike Steinberg

Für die Datenauswertung über das Klima in Berlin und Brandenburg hat rbb|24 zwei Quellen genutzt: historische Messdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und Klimaprojektionen des Landesamtes für Umwelt Brandenburg (LfU). Die DWD-Daten wurden ab dem Jahr 1881 erhoben und reichen bis 2018. Die Daten des LfU stammen überwiegend aus dem Jahr 2016, einige sind auch jünger.

Datenauswertung

rbb|24-Datenauswertung

Klimawandel: Das erwartet Berlin und Brandenburg bis 2100

    

Daten Klimavisualisierungen

Die verwendenten Daten stammen vom DWD und vom Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU).

Wetter - Klima: Wo ist der Unterschied?

Als Klima gilt, knapp gesagt, eine Zusammenfassung von Wettererscheinungen in einem bestimmten Gebiet. Wetter beschreibt den Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort über einen kurzen Zeitraum, wie Stunden oder Tagen - Klima ist dagegen der mittlere Zustand der Atmosphäre über einen längeren Zeitraum.

Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) empfiehlt, bei Aussagen über das Klima mindestens 30 Jahre, also ein Tricennium, zu betrachten. Es können aber auch längere Zeitabschnitte sein.

Klima der Wetter: Wo ist der Unterschied?

Als Klima gilt in knapp gesagt eine Zusammenfassung von wettererscheinungen, die über einen …

Um herauszufinden, ob sich das Klima verändert hat, vergleichen die Forscher reale oder errechnete Daten mit langjährigen  Messwerten  aus der Vergangenheit.

 
Der Zeitraum von 1961 bis 1990 wurde jedoch als Standardreferenzzeitraum für die langfristige Bewertung des Klimawandels beibehalten.

Wärmer ... im Vergleich zu was?

Um herauszufinden, ob sich das Klima verändert hat oder noch verändern könnte, vergleichen Forscher solche langjährigen Werte miteinander. Dies können reale Messwerte aus der Vergangenheit sein oder auch errechnete Daten für die Zukunft. Als Bezugsperioden in der Vergangenheit werden laut DWD bestimmte Zeitabschnitte besonders häufig herangezogen:

- Bei der Aussage "Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau" beziehen sich die Klimaforscher auf den Zeitraum 1850-1900. Das ist auch der Vergleichswert in den Berichten des Weltklimarats (IPCC) und die Bezugsgröße, wenn vom 1,5-Grad- oder 2-Grad-Ziel die Rede ist.

- 1961-1990 wurde nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bislang sehr häufig als sogenannte klimatologische Referenzperiode herangezogen. Das heißt: Angaben zum beobachteten Klimawandel werden auf diesen Zeitraum bezogen. rbb|24 hat in der Grafik zu den historischen Jahresmitteltemperaturen diese Referenzperiode genutzt.

- 1981-2010 hingegen dient als sogenannte klimatologische Standardnormale: beispielsweise um Aussagen über das aktuelle Wetter zu treffen ("wärmer/trockener/kälter als normal"). Dieser Zeitraum wird regelmäßig verschoben: In Kürze wird der Zeitraum 1991-2020 neuer Vergleichswert. Auf diesen Zeitraum bezieht sich auch der DWD-Wert von 9,3 Grad Jahresdurchschnittstemperatur in Berlin-Brandenburg.

- Klimaexperten arbeiten aber auch mit anderen langjährigen Perioden - darunter dem 30-Jahres-Zeitraum 1971-2000. Grund sind unter anderem eine höhere Datendichte als im Tricennium 1961-1990. Auch der Bezugszeitraum für die LfU-Projektionen in der rbb|24-Datenauswertung ist 1971-2000.

Um herauszufinden, ob sich das Klima verändert hat, vergleichen die Forscher reale oder errechnete Daten mit langjährigen Messwerten aus der Vergangenheit. 

Video

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Was bedeuten Szenario, Projektion und Modell?

Um Aussagen über das Klima der Zukunft treffen zu können, erstellen Forscher Klimaprojektionen. Es gibt auch Klimavorhersagen oder -prognosen, bei diesen Berechnungen spielt aber der Ausgangszustand die zentrale Rolle - bei Klimaprojektionen dagegen sind die externen Einflussfaktoren bedeutsamer.

Für ihre Projektionen haben Klimaforscher auf internationaler Ebene zunächst verschiedene Zukunftsszenarien entworfen: Wie entwickelt sich die Zahl der Menschen auf der Erde? Wie erzeugen sie künftig ihre Energie? Was werden sie konsumieren? Was könnte es für technische Neuerungen geben? Es gibt eine Vielzahl von Szenarien, die verschiedene klimarelevante Faktoren berücksichtigen. 

Bei dem Klimaszenario RCP8.5 - oder auch "Weiter-so-Szenario" - wird angenommen, dass die Treibhausgase in der Atmosphäre weiterhin ansteigen wie bisher. Im Szenario RCP2.6, dem "Klimaschutz-Szenario", wird dagegen davon ausgegangen, dass die menschengemachten Treibhausgas-Emissionen schnell sinken - bis zum Jahr 2100 auf Null.

Die Zahlen 2.6 und 8.5 beschreiben, wie hoch der Strahlungsantrieb ist - das ist die Energie, die dem Klimahaushalt durch die zusätzlichen Treibhausgase im Jahr 2100 zugeführt würde - verglichen mit dem vorindustriellen Wert. Berechnet wird der Strahlungsantrieb in Watt pro Quadratmeter.

Auf Basis von Szenarien werden mit Hilfe von Computerprogrammen die Projektionen errechnet. Diese Programme werden als Klimamodelle bezeichnet. Es gibt Globalmodelle und Regionalmodelle. Die damit errechneten Klimaprojektionen zeigen dann, wie sich das Klima in einzelnen Parametern, wie zum Beispiel bei der Anzahl heißer Tage, entwickeln könnte.

Hintergrund

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Was ist mit den Jahren 2051 bis 2070?

Das LfU hat für die beiden genannten Szenarien, RCP 2.6 und 8.5, Klimamodelle für Berlin und Brandenburg ausgewertet - für zwei Zeitabschnitte: 2021-2050 und 2071-2100. Diese Zeitabschnitte repräsentieren die nahe und die ferne Zukunft. rbb|24 spricht in der Datenauswertung auch von "Mitte des Jahrhunderts" und "Ende des Jahrhunderts".

Um gegenzuchecken, ob die Ergebnisse plausibel sind, hat das LfU diese sozusagen in die Vergangenheit zurückgerechnet: Sowohl für das Szenario 2.6  wie für 8.5 hat das LfU solche Vergangenheitswerte errechnet. Als Vergleichszeitraum dient das Ende des 20. Jahrhunderts (1971-2000). Der Wert liegt extrem nahe an den real gemessenen Werten, entspricht aber diesen nicht zu hundert Prozent.

Zu den zwei Zukunftsprojektionen liegen rbb|24 entsprechend auch zwei rückgerechnete Werte zur Vergangenheit vor. Da diese Werte fast gleich sind, zeigt der rbb|24 der Verständlichkeit halber den Mittelwert daraus. Einzige Ausnahme ist die Grafik zu Niederschlagsmengen und saisonaler Verteilung: Hier ist der Vergangenheitswert der 8.5er-Wert.

Warum gibt es bei den Daten Spannen?

Meist werden mehrere Klimamodelle zusammen, im Ensemble, betrachtet, um Fehler abzufedern und möglichst realistische Werte für einen Klimafaktor zu ermitteln. In die LfU-Daten für das Szenario 2.6 flossen 14 Global-Regional-Modelle ein. Die Angaben für das Szenario 8.5 beruhen auf 26 Modellen.

Daraus ergibt sich eine Spanne zwischen Mindest - und Maximalwert. Ein Beispiel: Modell X errechnet, dass es Ende des Jahrhunderts 35 heiße Tage im Jahr geben könnte, Modell Y berechnet 15 (Minimum), Modell Z 40 Tage (Maximum). Der Durchschnitt wären 30 Tage.
Auch das LfU hat Minimal-, Maximal- und Durchschnittswerte errechnet.

Die errechneten Werte sind faktisch punktuelle Werte - auch wenn sie sich auf 30-Jahres-Zeiträume beziehen.

In diesem Diagramm ist beispielhaft zu sehen, wie sich Projektionswerte des LfU aus verschiedenen Modellen zusammensetzen:

Quelle: LfU Brandenburg

In diesem Bild ist das Gesamtergebnis der Modellberechnungen für RCP 8.5 ferne Zukunft (2071-2100) dargestellt. Ein Punkt im Diagramm gibt an, welche Temperatur und welche Niederschlagsentwicklung durch jeweils eine Globalmodell-Regionalmodell-Kombination berechnet wird.

So stellt beispielsweise das rote Viereck dar, dass sich die Temperatur im Vergleich zum Zeitraum 1971-2000 bis zum Zeitraum 2071-2100 im "Weiter-so-Szenario" um 2,8 Grad erhöhen wird und der Niederschlag um 8,6 Prozent zunimmt. Der lila Punkt rechts unten in der Ecke sagt: Es wird 4,7 Grad wärmer und der Niederschlag nimmt um 8,7 Prozent ab.

Das blaue Fadenkreuz zeigt den Mittelwert aller Modelle zusammen. Dieser liegt hier bei einer Zunahme der Jahresmitteltemperatur um 3,9 Grad und des jährlichen Niederschlags um rund 6,8 Prozent.

Die Bezeichnungen in der Legende stehen für die Globalmodelle und Kopplungen mit den Regionalmodellen, zum Beispiel ist HG2 das Globalmodell des Met Office Hadley Centre for Climate Science and Services und W13 das Regionalmodell WettReg vom CEC Potsdam.

Daten internationaler Forschungsinstitute

Die vom LfU ausgewerteten Modelle stammen von renommierten internationalen Forschungsinstituten wie beispielsweise dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), dem National Center for Atmospheric Research (NCAR, USA), dem schwedischen Institut für Meteorologie und Hydrologie oder dem Atmosphere and Ocean Research Institute der Universität Tokio.

Beitrag von Friederike Steinberg

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