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Quelle: dpa/Daniel Bockwoldt

Kranken- vs. Altenpflege

Nicht alle profitieren vom Corona-Bonus für Pflegekräfte

Kurz nach dem Ausbruch des Coronavirus in Deutschland verkündete Bundesgesundheitsminister Spahn eine Prämie für Pflegekräfte, die in dieser Zeit viel geleistet haben. Nun wird klar: Vor allem das Krankenhauspersonal geht so gut wie leer aus.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte Anfang April Bonuszahlungen für Pflegekräfte angekündigt, die während der Hochzeit der Corona-Pandemie besonders viel geleistet haben. Auf einer Pressekonferenz Anfang April sagte er: "Ich möchte, dass es diesen Bonus gibt. Wir müssen aber darüber reden, wie er diejenigen erreicht, die er erreichen soll." Gemeint seien damit "die Pflegekräfte, die jeden Tag diese schwierige Arbeit machen".

In Berlin bekommt man weniger

Nun wird klar, wer damit nicht gemeint ist: medizinisches Personal in Krankenhäusern oder Arztpraxen. Denn §150 des elften Sozialgesetzbuches [sozialgesetzbuch-sgb.de], in dem der Pflegebonus gesetzlich verankert wurde, gilt nur für Kräfte in Altenpflege oder ambulanter Pflege.

Somit können Pflegekräfte in Berlin und Brandenburger Pflegekräfte steuer- und abgabenfrei bis zu 1.500 Euro erhalten, sofern sie eine dreimonatige Vollzeittätigkeit zwischen März und Oktober 2020 ausüben. Zwei Drittel davon stammen vom Bund, ein Drittel von den Ländern. Theoretisch soll die komplette Summe als Einmalzahlung geleistet werden, Berlin hat aber beispielsweise noch keine Regelung zur Auszahlung des Länderanteils getroffen.

Wer mindestens ein Viertel seiner Arbeitszeit mit Pflegebedürftigen verbringt, bekommt in Brandenburg 1.000 Euro, in Berlin sind es 667 Euro. Teil- und Kurzzeitarbeitende erhalten entsprechend ihrer Stunden einen prozentualen Anteil: Wer also eine 50-Prozent-Stelle füllt, erhält einen halben Bonus. Auszubildende erhalten 900 Euro, in Berlin 600 Euro. Und jene, die einen Freiwilligendienst ausüben, erhalten in Brandenburg 150 Euro.

Zahltag für jene, die bis dahin drei Monate gearbeitet haben, ist der 15. Juni. Wer den Dreimonatsoll nicht erfüllt hat, erhält die Einmalzahlung am 15. Dezember. Selbst aktiv werden müssen die Berechtigten übrigens nicht. Die Boni werden mit dem Gehalt ausgezahlt.

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Ungleiche Gehälter als Begründung

Als Grund für die Ungleichbehandlung von Fachkräften im Krankenhaus- und Altenpflegebereich bei den Bonuszahlungen gibt das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite an, dass "die Entlohnung in der Altenpflege aktuell noch nicht so hoch ist wie z.B. die Entlohnung von Pflegekräften in Krankenhäusern" [bundesgesundheitsministerium.de]. Eventuelle Boni an Berufsgruppen außerhalb der Pflege "können die jeweiligen Arbeitgeber und ihre Verbände vereinbaren", so weiter. Das heißt, es handelt sich um freiwillige Bonuszahlungen.

Beim Brandenburger Gesundheitsministerium heißt es dazu [msiv.brandenburg.de]: Beschäftigte in Krankenhäusern erhalten keine Boni, "auch wenn allen bewusst ist, dass Beschäftigte in anderen Gesundheits- und Pflegebereichen in der Corona-Pandemie ebenfalls tagtäglich rund um die Uhr einen wertvollen Dienst für die gesamte Gesellschaft leisten und häufig über ihre Belastungsgrenzen hinausgehen, um die Versorgung gerade auch in dieser besonderen Zeit zu gewährleisten."

Manche Kliniken zahlen freiwillige Boni

Einzelne Krankenhausmitarbeiter in Brandenburg profitieren dennoch. Auf Anfrage von rbb|24 teilte das besonders vom Coronavirus betroffene Ernst-von-Bergmann-Klinikum mit, dass die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam einen Beschluss gefasst hat, nach dem eine "Helferzulage für das Klinikpersonal" in Höhe von 900.000 Euro bereitgestellt wurde. "Nach Rücksprache mit dem Gesellschafter hat die Geschäftsführung entschieden, die Prämie der Landeshauptstadt Potsdam dem im stationären Bereich patientennah tätigen Personal zugutekommen zu lassen, und damit auch Mitarbeitende der Tochtergesellschaften am Standort Potsdam mit einzubeziehen", teilte Pressesprecherin Theresa Decker mit.

So sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die patientennah in Vollzeit gearbeitet haben, sowie jene aus Laboren, medizinisch-technischem Dienst, Reinigungs- und Sevicebereich, Logistik und Transport eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro erhalten. Davon ausgenommen sind Chefärztinnen und -ärzte, außertarifliche Führungskräfte und Verwaltungsangestellte. Teilzeitkräfte erhalten anteilige Boni entsprechend ihrer Arbeitszeit.

In Berlin bekommen Krankenhausmitarbeiter nur dann einen Corona-Bonus, wenn sie bei der Charité oder Vivantes arbeiten. Die Kliniken zahlten ihren Mitarbeitern bereits drei Monate lang jeweils 150 Euro für ihren Einsatz in Coronazeiten. In Summe bekamen sie also 450 Euro. Leer aus gehen bislang die Mitarbeiter aller anderen Krankenhäuser der Stadt, also aller kirchlichen, privaten oder gemeinnützigen Häuser. Die Berliner Krankenhausgesellschaft beklagt das als ungerecht. So bekämen rund 50 Prozent aller Krankenhäuser in Berlin keine Prämie, obwohl sie die gleiche Belastung hatten und haben.

Kein Unterschied beim Ausbildungsgang

Bei den Auszubildenden kommt es darauf an, dass sie in einer Pflegeeinrichtung lernen. Dann aber wird kein Unterschied zwischen der Ausbildung zur Altenpflege, Krankenpflege und zum Pflegefachpersonal gemacht. Von dem Bonus sollten die Azubis "unabhängig von dem konkreten Pflege- Ausbildungsgang, in dem sie sich befinden," profitieren, wie das Brandenburger Gesundheitsministerium am Montag auf Anfrage von rbb|24 antwortete.

Laut Gesundheitsministerium sollen auch Pflegekräfte in Wohneinrichtungen für Menschen, die aufgrund einer Behinderung einen Pflegebedarf haben, von den Bonuszahlungen profitieren.

Nach Zahlen des Statistikamtes Berlin-Brandenburg [statistik-berlin-brandenburg.de] gab es 2015 rund 8.900 Ärztinnen und Ärzte in Berliner und 4.700 in Brandenburger Krankenhäusern, sowie 36.000 Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Berlin und 21.000 in Brandenburg. Davon werden etwa die Hälfte der Beschäftigen dem Pflegebereich zugeordnet.

Korrektur:

In einer ersten Version dieses Artikels hieß es, Altenpflegekräfte aus Berlin würden nur 1.000 Euro Bonus erhalten. Tatsächlich erhalten aber auch Berliner Pflegekräfte 1.500 Euro, wie Alexander Demos, der Sprecher des Senatsverwaltung für Finanzen, dem rbb mitteilte.

Außerdem hieß es, dass Personen, die in Berlin einen Freiwilligendienst ausüben, einen Bonus über 50 Euro erhielten. Das ist allerdings noch unklar.

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