rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: dpa/Mayall

Rechtsanwalt zu Kalayci-Vorstoß

"Alkoholverbot in Bars und Kneipen ist eine Schnapsidee"

Das von Berlins Gesundheitssenatorin avisierte Alkoholverbot in Gaststätten hält der Rechtsanwalt Ole Monert für wenig aussichtsreich. Es stehe in keiner Verhältnismäßigkeit. Weil einzelne Radfahrer über rote Ampeln fahren, verbiete man ja auch das Radfahren nicht.

Herr Monert, Berlins Gesundheitssenatorin erwägt, den Ausschank von Alkohol in Bars und Kneipen für eine Weile zu untersagen – zumindest, so hat sie es konkretisiert, dort, wo nicht "gepflegt am Tisch" gesessen und mit Abstand Wein getrunken wird. Ist das rechtlich gesehen eine Schnapsidee?

Ole Monert: Lacht. Das sehe ich so. Denn hier geht es – wie immer bei den Corona-Maßnahmen – um die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe. Vor dem Hintergrund des Gesundheitsschutzes und dem Schutz der Überforderung des Gesundheitssystems. Hier geht’s ja um die Umsetzung dieses Schutzes – nämlich vor allem um die Dokumentation der Besucher zur Nachverfolgung von Infektionsketten. Ein Alkoholverbot würde aber an den bestehenden Problemen, wenn sich da Leute gar nicht oder mit falschen Daten eintragen, gar nichts ändern. Und es würde auch nicht helfen, die Nachverfolgung zu verbessern.

Zur Person

Rechtsanwalt

Ole Monert

Ole Monert ist Rechtsanwalt bei der Berliner Kanzlei Buse, Herz, Grunst. Er ist dort unter anderem im Bereich Gaststättenrecht tätig.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung fragt man immer erst, ob das Mittel geeignet ist, um das Ziel – hier die Dokumentation zu verbessern, um Infektionsketten nachvollziehen zu können - zu erreichen. Das kann man mit Nein beantworten, denn es besteht kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Ausschank von Alkohol und der Qualität der Daten, die die Besucher in den gastronomischen Betrieben hinterlassen.

Ein Alkoholverbot in Bars und Kneipen ist eine politische Schnapsidee, das vor allem ein großes Drohszenario für die Wirte darstellt.

Aber es geht ja nicht nur um die Kontaktlisten, sondern auch um die Einhaltung von Abstand.

Auch da muss man sagen: in den meisten Gaststätten halten sich die Gäste an die Abstandsregeln und in einigen wenigen nicht. Da stellt sich die Frage, ob man der gesamten Branche einen so massiven Eingriff in die Berufsfreiheit auferlegen sollte. Es geht ja um nicht weniger als um eine faktische neue Schließung der Gastronomie. Denn viele Bars und Kneipen existieren nur durch den Alkoholausschank. Es ist doch eher die Aufgabe der Polizei, für die Durchsetzung der erlassenen Gesetze zu sorgen.

Man würde ja auch nicht, nur weil einige Fahrradfahrer über rote Ampeln fahren, das Fahrradfahren verbieten.

Haben sich bei Ihnen jetzt schon Gastwirte oder Barbetreiber gemeldet?

Bisher noch nicht. Aber in der Vergangenheit, während der Schließungen, haben sich viele gemeldet. Ich gehe stark davon aus, dass wir, wenn ein solches Alkoholverbot kommt, wieder einen ganz massiven Zuwachs an entsprechenden Fällen haben werden.

Mehr zum Thema

Mangelnde Disziplin bei Hygieneregeln

Kalayci erwägt Alkoholverbot für Berliner Kneipen und Bars

Und Sie würden davon ausgehen, dass man gegen ein Alkoholverbot in gastronomischen Einrichtungen erfolgreich vorgehen könnte?

Nachdem, was ich zu diesem Zeitpunkt über die Ausgestaltung der Maßnahme weiß, würde ich gute Chancen sehen, dass die Gerichte das anders sehen. Aber noch ist es ja alles recht vage.

Gab es so was in Berlin oder überhaupt in Deutschland schon einmal?

Nein, das ist mir nicht bekannt.

Denken Sie, dass das jetzt angedachte Alkoholverbot tatsächlich kommen wird?

Nicht in der pauschalen Art, wie es jetzt im Raum steht. Es wird wahrscheinlich maximal auf bestimmten Plätzen oder Straßenzügen der Ausschank zur Mitnahme untersagt – so wie in Hamburg oder Bayern. Da könnte ich mir vorstellen, dass man das als verhältnismäßige Maßnahme hinbekommen könnte. Der Anlass ist ja vermutlich gerechtfertigt.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Inforadio, 11.08.2020, 15:47 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen