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Video: Abendschau | 16.12.202 | L. Kraemer | Quelle: dpa/Britta Pedersen

Digitaler Fernunterricht

Schulplattform "Lernraum Berlin" zum Lockdown-Beginn nicht erreichbar

Ob man es Remote-Learning, Hybridunterricht oder Home-Schooling nennt: Ohne digitale Unterstützung ist in der Pandemie kein Schulunterricht aufrechtzuerhalten. Genau dafür gibt es die Plattform "Lernraum" des Berlin Senats. Nur diese war ausgerechnet zum Lockdown ... down. Von Sebastian Schöbel

Die Server der digitalen Schul-Lernplattform "Lernraum Berlin" sind am Mittwoch kurz nach Unterrichtsbeginn um 8 Uhr nicht mehr erreichbar gewesen. Wie die Verantwortlichen auf Twitter mitteilten, gab es Verzögerungen bei der Anmeldung. "Die Senatsbildungsverwaltung und die zuständigen externen Dienstleister arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung", teilte ein Senatssprecher auf rbb-Nachfrage mit. Die Schulen sind seit Mittwoch zur Eindämmung der Corona-Pandemie geschlossen, der Unterricht soll aber digital weiter stattfinden.

Wie die Bildungsverwaltung am späten Nachmittag mitteilte, lag es offenbar nicht an zu vielen Zugriffen; am Montag und Dienstag hätten jeweils mehr als 32.000 Nutzer die Plattform genutzt, ohne Probleme. "Die Login-Störung ist offenkundig nicht auf Kapazitätsprobleme zurückzuführen", so ein Sprecher der Bildungsverwaltung. Es stünden genügend Ressourcen am Standort der Server im Zuse-Institut zur Verfügung. "Die Firewall des Zuse-Institute Berlin wird derzeit erneut überprüft und mit weiteren Ressourcen ausgestattet." Man bedauere die Störung sehr.

Das Zuse Institut wies die Darstellung allerdings zurück. Es sei "keine der Plattformkomponenten verstärkt oder überarbeitet" worden, sagte der IT-Leiter, Carsten Schäuble, dem rbb. "Auch nicht die Firewall. Die Anlage ist selbst zu Spitzenzeiten wenig bis mittel belastet und ist in der Hardwaretechnik problemlos höher skalierbar."

Der "Lernraum Berlin" ist die zentrale Online-Lernplattform des Landes Berlin für die allgemeinbildenden Schulen. 108.000 Nutzerinnen und Nutzer sind dort aktuell angemeldet. Nach rbb-Informationen wird das Programm von über 600 Berliner Schulen zumindest teilweise genutzt, es kommen aber auch andere Systeme wie die vom Hasso-Plattner-Institut entwickelte "Schulcloud" zum Einsatz. "Die Nutzung des datensicheren 'Lernraum Berlin' ist nicht verpflichtend, wird aber vom Land Berlin empfohlen", so ein Sprecher der Bildungsverwaltung.

Leitprojekt für digitalen Unterricht

Das Projekt "Lernraum" steht seit 2005 allen Berliner Schulen zur Verfügung und wird als Leitprojekt des eEducation-Masterplans geführt. Die Server im Zuse-Institut der TU-Berlin bieten datenschutzkonforme Dienstleistungen an - im Gegensatz zu zahlreichen anderen Onlineservices wie Whatsapp oder Zoom. Seit Beginn der Pandemie war die Zahl der Anmeldungen stark gestiegen, zuletzt waren täglich rund 25.000 Nutzer auf der Plattform aktiv. In diesem Jahr wird mit Kosten von rund 470.000 Euro gerechnet.

Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisierte, dass der Lernraum nur als Modellprojekt für 32 Schulen entwickelt worden sei. "Es ist versäumt worden, den Lernraum rechtzeitig so auszubauen, dass er die Belastungen eines erneuten Lockdowns trägt", so GEW-Sprecher Markus Hanisch. "Abgesehen davon ist der Lernraum auch immer noch nicht durch die Beschäftigtenvertretungen mitbestimmt."

Bildungsverwaltung soll Positivliste mit Programmen erstellen

"Das ist natürlich mehr als ärgerlich, die Lehrkräfte haben sich darauf verlassen", sagte die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Regina Kittler. Sie kritisierte, dass die Bildungsverwaltung noch immer keine Liste mit zulässigen digitalen Lernmttel erstellt hat. "Ich kann die Lehrkräfte und Schulen damit nicht alleine lassen. Es ist wichtig, dass die jetzt eine Positivliste bekommen."

Auch die Datenschutzbeauftragte von Berlin, Maja Smoltczyk, hatte Anfang Dezember das Fehlen einer solchen Liste mit freigegeben Lern- und Unterrichtsprogrammen kritisiert. Anbieter gibt es viele, nicht nur für spezielle Lernsoftware, sondern zum Beispiel auch für Videokonferenz-Dienste und cloudbasiertes Dokumentenmanagement. Bislang aber habe die Bildungsverwaltung die Anbieter nicht evaluiert. "Kinder und Jugendliche benötigen einen geschützten Raum zum Lernen", so Smoltczyk. "So wie ihnen im Klassenzimmer kein Unternehmen über die Schulter guckt, müssen sie auch im digitalen Raum sorglos und unbeobachtet lernen dürfen." Smoltczyk verwies darauf, dass sie bereits diverse Videokonferenzanbieter geprüft habe und es durchaus datenschutzkonforme Produkte gebe.

Auch andere Lern-Plattformen hatten zum Beginn des Lockdowns Probleme. So brach etwa das System "Mebis" der bayerischen Landesregierung am Mittwoch unter der Vielzahl von Zugriffen zusammen.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikel hatten wir berichtet, dass das Zuse Institut dur TU Berlin gehöre. Dem ist nicht das, das Institut gehört zu keiner Universität. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

Sendung: Inforadio, 16.12.2020, 10 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

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