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"Parteien, Politiker, Positionen" | 06.09.2016 | Moderation Sabine Dahl & Sascha Hingst | Quelle: (Quelle: rbb)

Erste Talkrunde vor der Abgeordnetenhauswahl

Spitzenpolitiker ringen um Abgrenzung

Die Spitzenkandidaten der fünf umfragestärksten Parteien in Berlin haben sich am Dienstagabend im Live-Talk "Parteien, Politiker, Positionen" im rbb gestellt, um ihre Pläne zur Integration, Inneren Sicherheit, Bildung und dem Berliner Wohnungsmarkt offenzulegen. Größte Gemeinsamkeit: die Ablehnung der AfD.

In der heißen Wahlkampfphase zwölf Tage vor der Abgeordnetenhaus-Wahl haben die Vertreter der fünf großen Parteien am Dienstagabend beim Live-Talk im rbb Fernsehen ihre Ideen und Pläne für Berlin diskutiert. Dabei wurde vor allem bei den Themen Integration und Wohnungsbau eine lebendige Diskussion geführt.

Kommentar

Kommentar zur Wahldebatte in Berlin

Keine Alternative für Berlin

    

AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski sprach sich in der Sendung dafür aus, Flüchtlinge zwar auszubilden und Flüchtlingskinder zur Schule zu schicken, nicht aber zu integrieren. Sie müssten darauf vorbereitet werden, in ihre Heimat zurückzukehren, wenn der Fluchtgrund vorbei sei. "Wir können aber nicht sagen, dass die alle hier bleiben", so Pazderski. Dem widersprachen alle seiner Kontrahenten. Während CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel eine Integration für alle Menschen befürwortete, die auch eine Bleiberechtsperspektive haben, forderte Grünen-Spitzenkandidatin Ramona Pop eine Integration vom ersten Tag an - und zwar mit Hilfe von Sprachkursen und eigenen Wohnungen statt Massenunterkünften.

Wie steht's um die Sicherheit in Berlin?

Von rbb-Moderator Sascha Hingst gefragt, warum er trotz anderslautender Statistiken immer auf "den kriminellen Ausländern rumreitet", antwortete Pazderski, dass es nicht um Statistik, sondern um die Empfindungen der Bürger ginge. "Das, was man fühlt, ist auch Realität", so Pazderski. Hier trat ihm Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) entgegen: "Man sollte keine Angsträume schaffen, indem man sie herbeiredet. In dieser Stadt gibt es keine No-Go-Areas", sagte Müller. "Auch die Zuwanderer sind unsere Nachbarn und nicht irgendwelche Schwerkriminellen, mit denen man nicht zusammenleben kann."

Auch CDU-Chef Henkel betonte, die Politik dürfe nicht mit den Ängsten der Menschen spielen. Die Polizei müsse aber in der Lage sein, einzugreifen, wo es nötig sei. Er hätte gern in der ablaufenden Legislaturperiode den Ausbau der Videoüberwachung auf den Weg gebracht, sagte Henkel. Dagegen wiederum verwehrte sich Linkenpolitiker Klaus Lederer: "Wir sollten nicht suggerieren, dass ein Mehr an Überwachung und Datenerhebung tatsächlich mehr Sicherheit bringe. Wenn ich eine Nadel im Heuhaufen suche, dann darf ich nicht den Haufen vergrößern, sondern muss die Leute für die Suche qualifizieren", so Lederer.

AfD für mehr Wohneigentum

Beim Thema Wohnen waren sich alle Kandidaten einig - mit Ausnahme erneut von AfD-Chef Pazderski: Er forderte in der Talkrunde mehr Eigentums- statt Mietwohnungen. Dies sei der beste Schutz gegen Mieterhöhungen. Dafür erntete er Empörung von seinen politischen Gegnern. "Was Sie wollen, bedeutet, dass Wohnungen dauerhaft dem Mietwohnungsmarkt entzogen werden", kritisierte SPD-Chef Müller diese seiner Meinung nach unsoziale Mietenpolitik.

Neben Müller setzten sich auch Pop und Lederer für mehr bezahlbare Mietwohnungen ein - bestenfalls mit Hilfe der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. CDU-Chef Henkel reicht das nicht: "Wichtig ist für uns der Mix aus städtischen Genossenschaften und privaten Baugesellschaften."

Alle gegen die AfD

Alle Vertreter der etablierten Parteien nutzten die Runde am Ende, um sich von der AfD zu distanzieren. "Mit der AfD gibt es keine Zusammenarbeit. Sie vertritt ein undemokratisches Gesellschaftsbild, was mit der Sozialdemokratie nicht zu vereinbaren ist", sagte Müller. CDU-Spitzenmann Henkel sagte, er unterscheide zwischen den AfD-Funktionären und den AfD-Wählern mit ihren Sorgen. Eine Kooperation mit Rechtspopulisten schließe er aber aus. "Das hat mit unserem christlichen Menschenbild nichts zu tun. Wer Gedanken formuliert, etwa an der Grenze auf Kinder zu schießen, kann niemals ein Partner der Union sein und wird es auch nicht sein", sagte Henkel im rbb.

Neben Ramona Pop machte auch Linken-Spitzenkandidat Lederer klar, dass man sich mit der AfD politisch auseinandersetzen müsse, aber nicht zusammenarbeiten könne. "Wir sind eine linke Partei und mit der AfD in so ziemlich allen Fragen unterschiedlicher Ansicht", sagte Lederer. Pazderski hielt dagegen: "Wir werden versuchen, konstruktiv mitzuarbeiten, wenn man uns denn mitarbeiten lässt."

Müller hält an BER-Eröffnung 2017 fest

Neben weiteren Themen wie Bildung und Berlins überlasteten Bürgerämter durfte natürlich auch der BER-Flughafen nicht fehlen. Müller hielt trotz jüngster Spekulationen zur Eröffnung des BER-Flughafens am Termin Ende 2017 fest. Keiner könne sich seriös auf die Woche genau festlegen - die Bautätigkeit sei aber im Wesentlichen abgeschlossen, und auch die letzten Genehmigungsverfahren verliefen positiv. "Wir können das begleiten, so dass die Baukatastrophe endlich zu Ende gebracht wird", sagte Müller, der auch BER-Aufsichtsratsvorsitzender ist.

Am Dienstag hatte der Marketingchef der Fluglinie Ryanair, Kenny Jacobs, auf einer Pressekonferenz gesagt, dass er von einer Eröffnung im März 2018 ausgehe. Flughafenchef Karsten Mühlenfeld sagte daraufhin dem rbb, über den Eröffnungstermin werde im Oktober auf einer Aufsichtsratssitzung entschieden.

Ticker: Das sagt das Netz zur #rbbwahl

TV-Talk zum Nachschauen und Live-Reportagen bei Facebook

Während die Spitzenkandidaten die Gelegenheit hatten, ihre Pläne und wichtigsten Themen darzustellen, konnten die Zuschauer und Internetnutzer live mitdiskutieren. Neben der Ausstrahlung im rbb Fernsehen wurde der Talk auch auf rbb24.de und bei Facebook im Videostream übertragen. Im Liveticker und via Twitter konnten die User zudem mit Hilfe des Hashtags #rbbwahl kommentieren und über die Sendung diskutieren. Die Talkrunde ist auch nach der Live-Ausstrahlung hier im Beitrag im obenstehenden Videoplayer sowie unter www.facebook.com/rbb24.de in voller Länge zum Nachschauen abrufbar.  

Bei Facebook gibt es zudem weitere Live-Reportagen der rbb-Reporter Florian Eckardt und Jade-Yasmin Tänzler rund um das TV-Wahlhearing zu sehen. Sie begeleiteten am Dienstag die Talk-Veranstaltung und gaben Einblicke ins Studio, befragten die Moderatoren zur Sendung und sprachen mit Zuschauern, die die TV-Sendung im Fernsehstudio mitverfolgten.

Nach der ersten Talkrunde folgt am Donnerstag um 20:15 Uhr das zweite Streitgespräch. Dann haben die Vertreter der kleinen Parteien Gelegenheit in einem 90-minütigen Wahlhearing, ihre Parteiprogramme zu erklären. Welche Chancen rechnen sie sich aus? Und was wollen sie besser machen als die "Großen"?  

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