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Serie: Wahlkreisduelle | Gottfried Ludewig und Stefan Liebich

Aufsteiger fordert Platzhirsch in Pankow heraus

In Berlins größtem Wahlkreis tritt der Aufsteiger von der CDU gegen den Platzhirsch von den Linken an. Die Themen von Gottfried Ludewig und Stefan Liebich in Pankow könnten kaum unterschiedlicher sein. Von Agnes Taegener

Gottfried Ludewig beugt sich mit CDU-Kanzleramtschef Peter Altmaier über glänzende E-Bikes. Die beiden haben sich in dem schicken Pankower Fahrradladen getroffen, weil der 34-jährige Ludewig über Elektromobilität reden will. Aber es redet vor allem Altmaier. Er fährt kein E-Bike und will sofort eines ausprobieren. Ludewig kann noch schnell sagen, dass Elektro-Fahrräder ein "Riesen-Thema" in Pankow sind.

Dann schwärmt schon Altmaier: "Fahrräder sind einfach ein Lebensgefühl. Ich fahre schon seit 18 Jahren Fahrrad in Berlin. Mein erstes Fahrrad war vom Basar oder aus dem Supermarkt, für 119 DM. Das hat sich so gut gefahren, und dann wurde es geklaut." Der Kanzleramtschef guckt immer noch ganz betrübt. Ludewig guckt – etwas gequält. Altmaier will den Wahlkreis nicht holen. Er nutzt ihn als Bühne, um Wahlwerbung für die Bundespartei zu machen. Schon lässt er sich einen Fahrradhelm umschnallen. Auch Ludewig setzt einen auf. Gemeinsam machen sie eine Probefahrt, mit den E-Bikes zum CDU-Wahlkampfstand.

Direktkandidaten im Wahlkreis 76

Dr. Gottfried Ludewig (CDU) Klaus Mindrup (SPD) Stefan Liebich (Die Linke) Stefan Gelbhaar (Grüne) Georg Pazderski (AfD) Daniela Kluckert (FDP) Christian Rall (Die Partei) Clemens Herrmann (Freie Wähler) Thomas Kuhn (ÖDP) Kai-Uwe Ducke (BüSo)

Mit Altmaier am Wahlkampfstand

Auch dort trumpft Altmaier wieder auf. Redet mit Touristen, in jeder Landessprache: "Est-ce que je peux me présenter? Je suis Peter Altmaiieeeer" schmettert er überraschten Franzosen entgegen und drückt den Touristen CDU-Flyer in die Hand. Sie ziehen perplex von dannen.

Ludewig ist neben der Elektromobilität noch ein Thema wichtig. Eines, mit dem er in Pankow punkten kann. 2011 wurde er ins Abgeordnetenhaus gewählt und ist seitdem Sprecher für Gesundheit. "Mein Kernthema ist: Wie können wir gesund älter werden?" Der studierte Volkswirt will deshalb das Thema Gesundheit und Pflege auch zu seinem Schwerpunkt machen, wenn er in den Bundestag einzieht.

Flugzeuge im fünf-Minuten-Takt

Sein Kontrahent von der Linkspartei steht auf dem Pankower Anger, mitten in Pankow. Über ihm am blauen Himmel tosen im Minuten-Takt die Flugzeuge hinweg, im Landeanflug auf den Flughafen Tegel. Stefan Liebich hat den Ort für seinen Wahlkampf ganz bewusst gewählt, mitten in der Einflugschneise. Der 44-jährige Betriebswirt tritt zum vierten Mal in Pankow an. Die Initiative "Tegel schließen" steht schon bereit, mit deren Mitgliedern hat er sich verabredet. Die Linke will Tegel schließen, beim vom Fluglärm gebeutelten Pankower Bürger rennt sie damit offene Türen ein.

Ergebnisse 2013 Wahlkreis 76

Erststimmen: Liebich (Die Linke) - 28,3 % Zimmermann (CDU) - 23,9 % Mindrup (SPD) - 21 % Otto (Grüne) - 14,4 % Egg (AfD) - 4,1 % Do Canto (Piraten) - 3,4 %   Zweitstimmen: Die Linke: 25,5 % CDU: 23,5 % SPD: 22 % Grüne: 14,4 % Piraten: 3,9 % FDP: 2,5 %  

"Es gibt ja auch Pankower, die sagen, wir haben uns daran gewöhnt – das ist bei Ihnen offenbar nicht der Fall?" fragt Stefan Liebich einen Pankower, der vor ihm steht. "Nein, mir kommt da langsam die Galle hoch. Seit 38 Jahren wohne ich hier und kann diesen Lärm einfach nicht mehr ertragen" schimpft der Mann. Liebich nickt verständnisvoll: "Wir gefährden ja den neuen Flughafen, wenn wir sagen, Tegel bleibt offen. Der BER kann rechtssicher nur aufmachen, wenn Tegel geschlossen wird", sagt Liebich. "Niemand schlägt vor, Tegel zu schließen, ehe der neue Flughafen offen ist." Die Mitglieder der Initiative nicken.

Pflege gegen den Dauerbrenner Tegel

Zweimal hat Liebich den Wahlkreis bereits gewonnen. Er gibt sich sehr selbstbewusst, dass das mit dem "Dauerbrenner Tegel" ein drittes Mal klappt und er gegen den Aufsteiger Ludewig von der CDU gute Chancen hat. "Ich trete für soziale Gerechtigkeit und Umverteilung an, das tut die CDU nicht. Und da muss man sich überlegen, was einem wichtig ist."

Elektromobilität und Pflege gegen den Dauerbrenner Tegel. In einem Monat wird sich zeigen, wer das Rennen macht.

Beitrag von Agnes Taegener

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