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Quelle: imago/Jürgen Ritter

Berliner Binnengewässer

Wassersportler verwirrt über Corona-Maßnahmen

Anfang April beginnt auf den Berliner Binnengewässern die Wassersportsaison. Aktuell führt dabei jedoch das Corona-Kontaktverbot zu Verwirrung - denn die Sportler werden ungleich behandelt. Von Till Oppermann

Mit den ersten warmen Wochen im April beginnt auf den Binnengewässern Berlins üblicherweise die Wassersportsaison. Paddel- und Rudervereine nehmen ihr Outdoor-Training auf. Segel- und Motorboote werden geslippt - von den Winterlagern an Land zurück auf die Liegeplätze im Wasser. Eigentlich ganz einfach, doch das Corona-Kontaktverbot und die daraus folgenden Bestimmungen führen an den Ufern der Stadt aktuell zu Verwirrung.

Zu derart großer Verwirrung, dass Vereine nicht wissen, woran sie sind. Dass die Wasserschutzpolizei und der Landessportbund (LSB) sich auf Anfrage des rbb nicht äußern wollen. Und dass Bootsbesitzer allein wegen der Lage ihres Liegeplatzes unterschiedlich behandelt werden. Abhängig davon, ob ihr Boot bei einem Verein oder in einer gewerblichen Marina ankert.

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Eigentlich ist die Sache klar: "Rechtlich gesehen fallen Schwimmen, Kanufahren oder Segelbootfahren unter den Ausnahmetatbestand des § 14 Abs. 3 SARS-CoV-2-EindMaßnV", schreibt die Berliner Polizei auf ihrem Infoblatt mit dem Titel "Wassersport trotz COVID-19" [berlin.de] vom 7. April. Dieser Ausnahmetatbestand besagt, dass sportliche Aktivitäten unter freiem Himmel allein, mit Angehörigen des eigenen Haushalts und zu zweit - ohne weitere Gruppenbildung - auch während der Kontaktsperre erlaubt bleiben. Von den Betreibern eines Bootshauses in Treptow-Köpenick hört man: "Das ist die dritte bearbeitete Fassung." Ihren Namen möchten sie an dieser Stelle lieber nicht lesen. Zu groß die Unsicherheit, was nun erlaubt und was verboten ist.

Wasserschutzpolizei und LSB schweigen

Das gilt auch für Vereinssportler. Lutz Samel, der Vorsitzende der Wassersportvereinigung am Langen See, erzählt zwar: "Es gibt vom Seglerverband und vom Sportbund eine eindeutige Verfügung dazu, dass jeder Sportbetrieb einzustellen ist." Doch manche Vereine erreicht am ersten April-Samstag eine widersprüchliche Nachricht der Polizei über eine Lockerung dieser Verfügung. Eine Wassersportlerin schreibt in ihrer Unsicherheit sogar dem rbb auf Instagram. Sie bittet den Sender, der Sache nachzugehen. Oliver Weiß, der Pressesprecher des LSB, schreibt in einer Mail am Montag erklärend: "Die Informationen der Wasserpolizei hatten bei Vereinen am Wochenende zu Irritationen geführt." Die Senatsverwaltung des Innern sei nun gefragt, eine eindeutige Entscheidung zu treffen. Telefonieren will man da beim LSB nicht. Man verweist auf das Corona-FAQ auf der Website.

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Gewerbliche Marinas sind keine Sportstätten

Dort ist auch das aktuelle Infoblatt der Berliner Polizei verlinkt. Von der dritten Überarbeitung erhofft diese sich endlich Klarheit. Nach mehreren Telefonaten, Mails und vorformulierten Fragen nimmt man auch hier Abstand von einem Gespräch mit dem rbb. Die Pressestelle bittet um Entschuldigung, aber leider stünden die Kolleginnen und Kollegen bis auf Weiteres nicht für Interviews zur Verfügung. Der Grund: "Die aktuell verbleibenden Umstände." Also bleibt nur das Infoblatt. Und obwohl das Schwimmen, Kanu- und Segelbootfahren als Individualsport rechtlich zulässig ist, gilt das nicht für alle Eigner. Die Polizei unterscheidet bei den Einschränkungen nämlich zwischen Booten auf gewerblichen Liegeplätzen - wie Bootshäusern - und Booten an Liegeplätzen von Vereinen. Laut der Polizei handelt es sich bei gewerblichen Marinas nicht um Sportstätten. Das Ablegen ist erlaubt. Wer jedoch von einem Vereinsanleger allein, mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder mit einer anderen Person aufs Wasser fährt, verstößt gegen das Betretungsverbot von Sportstätten. "Aus Gründen der Kontrollierbarkeit ist das nicht zulässig."

Die ungleiche Behandlung der Wassersportler

Durchsetzen müssen das die Segelvereine. Der "Leute-Newsletter" des "Tagesspiegels" berichtet sogar von Vorständen, die die Schlösser austauschen mussten. Einige Segler würden nicht einsehen, dass sie auch zu zweit und allein nicht zu ihren Booten dürfen. Im ersten Schreiben vor drei Wochen sei das noch gestattet gewesen, berichtet Lutz Samel.

Anders sieht das bei den Bootshäusern aus. "Wir verstehen das so: Man kommt, geht zu seinem Boot und fährt weg. Das darf man den ganzen Sommer", erzählen die Treptow-Köpenicker Bootshausbetreiber. "Das neue Infoblatt der Polizei bestätigt uns." In den vergangenen Wochen habe man Regeln eingeführt, die Bootseigner sollten den Abstand einhalten, man durfte nur maximal zu zweit kommen, sich nicht zusammensetzen. Jeder konnte zu seinem Boot - das war es. So würde man das auch bei den Seglern am Langen See handhaben. "Die Trennung kann ich schlecht nachvollziehen", sagt Samel.

Kuriose Blüten der Verordnung

Aber natürlich müsse man sehen, dass Betriebe, die noch Arbeit haben, weiterarbeiten können. Dazu gehört auch das Slippen. Zumindest das ist nach neuer Verordnung - sofern gewerblich durchgeführt - auf Marinas und den eigentlich gesperrten Vereinsgeländen erlaubt. Sogar wenn mehr als zwei Personen beteiligt sind, die aber dem beauftragten Betrieb angehören müssen. Beim Bootshaus in Treptow-Köpenick läuft das so ab: "Wir slippen die Boote ohne den Eigner." Man habe eine Firma, die das Boot ins Wasser bringe, das Slippen gehe über Tage und werde relativ teuer. Es wird genau eingetaktet, wann wer kommt. "Die Eigner warten draußen, dürfen wenn das Boot im Wasser ist nach vorne kommen und das Boot allein in ihre Liegebox fahren." Danach müssen sie wieder gehen.

Auch den Vereinen steht dieser Weg offen. Benutzen dürften die organisierten Wassersportler ihre Boote erstmal trotzdem nicht. Samel befürchtet, dass das so bleibt. "Persönlich glaube ich, dass wir diese Saison nicht aufs Wasser gehen werden." Ein bisschen Hoffnung bleibt trotzdem. Laut "Tagesspiegel" antwortete LSB-Vizepräsident Klaus Finger auf die Anfrage eines Rudervereins. Gerade verhandele man mit dem Senat über Öffnungsklauseln für Sportstätten. Da sei auch der Wassersport inbegriffen. Helfen könnten dabei die guten Erfahrungen der Bootshäuser. Hier hielten sich alle an die Regeln, berichten die anonymen Besitzer: "Die Leute freuen sich alle, dass sie wenigstens auf ihr Boot können und fahren."

Beitrag von Till Oppermann

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