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Audio: Antenne Brandenburg | 23.03.2020 | Autorin: Uta Schleiermacher | Quelle: dpa/Sophia Kembowski

Interview | Frauenhaus-Koordinatorin Laura Kapp

"Das beschleunigt die Gewaltspirale"

Frauenberatungsstellen befürchten einen Anstieg von häuslicher Gewalt, wenn sich der Alltag nur noch zu Hause abspielt. Nun kommt es besonders auf die Nachbarschaft an, sagt Laura Kapp vom Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser.

Mit großer Sorge blicken Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe auf die kommende Zeit und befürchten einen starken Anstieg von häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie. So auch Laura Kapp vom Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser e.V. [nbfev.de]. In dem Verein haben sich Frauenhäuser, Frauennotwohnungen und Frauenberatungsstellen im Land Brandenburg zusammengeschlossen. Den Verein gibt es seit 1995. Er ist in ganz Brandenburg aktiv und steht betroffenen Frauen mit Rat und Tat zur Verfügung.

rbb|24: Frau Kapp, warum ist häusliche Gewalt in Zeiten einer Corona-Pandemie ein Problem?

Laura Kapp: Häusliche Gewalt ist immer ein sehr großes Problem. Jetzt währdend der Pandemie wird es drastischer, weil sich viele Familien in häusliche Isolation begeben. Wir machen uns große Sorgen, dass die Gewalt schlimmere Formen annehmen und schneller eskalieren wird und wir nicht mehr an die Betroffenen herankommen, weil es keine Kontaktpunkte zur Außenwelt mehr gibt.

Weil die Menschen nun dichter aufeinander hängen, kommt es zu mehr Konflikten?

Wir reden nicht darüber, dass Paare, die normalerweise eine gesunde Beziehung haben, sich jetzt mehr streiten und vielleicht trennen. Sondern wir reden über Paare, die sowieso schon eine gewalttätige Beziehung leben. Es geht um Straftaten, Demütigung, Erniedrigung, Körperverletzung - bis hin zu Mord. Diese Paare haben jetzt überhaupt keine Pausen mehr, keine Fenster der Freiheiten, wenn einer oder beide auf der Arbeit sind. Stattdessen bringt die Isolation den Täter in eine Position, in der er die Betroffene komplett abschirmen und totale Kontrolle ausüben kann. Wo die Frauen vorher vielleicht doch mal die Gelegenheit nutzen konnten, heimlich zu telefonieren, sich an eine Beratungsstelle zu wenden oder mit einer Freundin zu sprechen, fallen diese Möglichkeiten immer mehr weg. Und das beschleunigt die Gewaltspirale.

Der Prozess, sich aus einer gewalttätigen Beziehung zu lösen, kann ja sehr lange dauern. Ist dafür ein kontinuierlicher Kontakt zu Beratungsstellen nötig?

Die Erfahrung zeigt in der Tat, dass Frauen oft mehrere Versuche brauchen, um sich aus gewalttätigen Beziehungen zu lösen. Wir reden über ganz komplexe psychologische Dynamiken, emotionale Abhängigkeiten, oft gibt es gemeinsame Kinder. Es ist also nicht so einfach zu sagen: Er hat mich geschlagen und jetzt gehe ich. Unsere Beratungsstellen arbeiten nicht therapeutisch mit regelmäßigen Terminen, wir sind vielmehr immer für die Frauen da, wenn sie den Moment haben, in dem sie sich lösen können. Aber wenn sie jetzt nicht mehr rauskommen, dann können sie auch nicht mehrere Versuche starten, und wie gesagt: Die Eskalation passiert einfach schneller.

Stützt sich Ihre Warnung auf eine Vermutung, die Sie auf die Pandemie-Zeit richten - oder auf Erfahrungen?

Wir beobachten schon in normalen Zeiten eine Häufung von Fällen an Feiertagen oder in den Ferien und es gibt jetzt bereits erste Erfahrungswerte aus China und Italien, also aus Ländern, die vor uns bereits massiv Menschen zu Hause isoliert haben. Dort sind die Fallzahlen bei häuslicher Gewalt stark angestiegen. Natürlich ist es auch eine Vermutung. Wenn ich falsch liege, dann freue ich mich sehr. Aber wir müssen uns darauf einstellen, dass wir mit unserer Vermutung richtig liegen.

Was raten Sie betroffenen Frauen, die vor der Situation einer Ausgangssperre oder Quarantäne stehen?

Kontakt, Kontakt, Kontakt. Reden Sie mit irgendjemandem, dem Sie vertrauen. Sei es eine Schwester oder Freundin, sei es die anonyme Beratungsstelle. Die gibt es in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt und die Telefonnummern sind im Netz zu finden. Es gibt das bundesweite Hilfetelefon, rund um die Uhr, kostenfrei und in 16 verschiedenen Sprachen für eine erste Beratung. Man muss dann auch nichts machen: Man muss niemanden anzeigen, man muss nicht gleich gehen, man kann erstmal nur anrufen und mit jemandem sprechen.

Wie Unterstützen?

Nebenan knallt es. Was kann ich tun? 1. Hinschauen: Augen auf, Ohren auf! Nicht ignorieren! Jetzt ist mehr denn je die Nachbarschaft gefragt. 2. Informieren: Drucken Sie Zettel mit der Rufnummer des bundesweiten Hilfetelefons 08000 116 016 aus und hängen Sie sie im Hausflur auf oder werfen Sie sie in alle (!) Briefkästen des Hauses. 3. Deeskalieren: Nur, wenn die eigene Sicherheit nicht gefährdet ist: unterbrechen Sie Konfliktsituationen mit einem harmlosen Anliegen. Wenn die Nachbarn schreien, gehen Sie klingeln und borgen sich Mehl. 4. Kontaktieren: Nehmen Sie Kontakt zu Betroffenen auf (Achtung: Nicht vor dem Täter!) und bieten Sie an, zuzuhören, Hilfe zu vermitteln, ein Telefon zu benutzen. Nicht wundern, wenn die Betroffene alles abstreitet. 5. Alarmieren: Wenn es richtig knallt hinter der Wand, dann zögern Sie nicht und rufen Sie die Polizei unter 110. Der Anruf kann ein Leben retten! Quelle: Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser e.V.

Wie können Dritte unterstützen?

Wir haben fünf konkrete Tipps für die Nachbarschaft zusammengestellt (Siehe Kasten). Auf diese Unterstützung sind wir jetzt mehr denn je angewiesen, weil wir sonst nicht an die Frauen rankommen. Als Beratungsstelle kommen wir in Kontakt mit den Frauen, weil sie sich außerhalb ihres Wohnumfelds bewegen können, etwa in Eltern-Kind-Gruppen, Kita, Schule oder Arbeit. Wenn all diese Kontaktpunkte wegfallen, bleiben uns nur noch die Menschen, die direkt darunter oder darüber wohnen. Wir als Sozialarbeiter*innen laufen ja nicht die Hausflure entlang.

Wie kann ich das einschätzen? Es kann ja auch einfach ein Streit sein. Gibt es etwas, woran ich erkenne, dass es ernst ist?

Ich glaube, die meisten von uns haben ganz gute Instinkte. Wir hören ja, ob sich da zwei gegenseitig anschreien oder ob ein Mensch einen anderen demütigt und klein macht. Vielleicht hören wir auch Geräusche, die auf tätliche Angriffe hindeuten. Wenn wir selbst ein Gefühl der Gefahr wahrnehmen und den Impuls haben, uns in Sicherheit zu bringen, dann wäre es ein guter Zeitpunkt, um aktiv zu werden.

Worauf bereiten sich Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen jetzt vor?

Wir wollen so lange wie möglich noch Frauen aufnehmen. Es kann aber sein, dass wir auch relativ schnell einen Aufnahmestopp machen müssen. Frauenhäuser sind aber oft nur das letzte Mittel. Wir werden unsere Beratungsstrukturen so weit wie möglich per Telefon und E-Mail aufrechterhalten und wir werden noch enger mit der Polizei kooperieren. Denn es gibt ja ein Gewaltschutzgesetz, das sagt: Wer schlägt, der geht. Die Polizei kann den Täter also der Wohnung verweisen. Dieses Instrument muss jetzt stärker verwendet werden. Die Polizei kann Betroffene auch bitten, ihre Daten an uns freizugeben, dann melden wir uns bei der Frau. Wir wollen zu jeder Zeit unterstützen und helfen und gleichzeitig unsere Mitarbeiterinnen schützen, da werden wir kreative Lösungen finden. Wir hoffen, dass wir solidarisch durch die Krise kommen.  

Frau Kapp, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Uta Schleiermacher

FAQ zum Umgang mit dem Coronavirus

Ich fürchte, infiziert zu sein. Was tun?

Menschen, die befürchten, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, sollten vor allen Dingen zu Hause bleiben und telefonisch abklären, ob und wo sie auf das Virus getestet werden können.

Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat hierfür eine Hotline geschaltet. Unter der Telefonnummer 030/9028 2828 beraten Experten zwischen 8 und 20 Uhr.

In Brandenburg gibt es seit dem 5. März eine landesweite Hotline für Fragen: Sie ist montags bis freitags zwischen 9 und 15 Uhr unter der Nummer 0331/8683 777 zu erreichen.

Außerdem haben mehrere Landkreise Hotlines eingerichtet: 
In Cottbus können unter der Nummer 0355/632 339 von Montag bis Sonntag rund um die Uhr Fragen zu Symptomen gestellt werden.
Das Bürgertelefon für Dahme-Spreewald ist unter 03375/26 2146 zu erreichen (8 bis 18 Uhr). 
Für Elbe-Elster lautet die Nummer 03535/46 4600 (8 bis 15 Uhr). 
Frankfurt/Oder hat unter 0335/552 5300 eine Hotline eingerichtet.
Im Havelland wurde eine Hotline unter der 03385/551 71 19 eingerichtet, die täglich ab 9 Uhr erreichbar, an manchen Wochentagen aber nur bis 14.30 Uhr besetzt ist. 
In Märkisch-Oderland lautet die Nummer 03346/850 6790 (8 bis 16 Uhr).
Und im Landkreis Oberhavel gibt es ein Infotelefon, das unter der Telefonnumer 03301/601 3900 (8 bis 15 Uhr) zu erreichen ist.
In Potsdam-Mittelmark informiert die Hotline 033841/91 111 (9 bis 14 Uhr).
Das Gesundheitsamt Teltow-Fläming hat unter 03377/608 6666 ein Bürgertelefon eingerichtet (8 bis 18 Uhr).

Wer glaubt, betroffen zu sein, kann sich auch direkt an den Hausarzt wenden, sollte dies aber ebenfalls telefonisch tun. Ebenso können Symptome auch mit dem Kassenärztlichen Notdienst besprochen werden (deutschlandweit 116 117). In Berlin wird die Kassenärztliche Vereinigung von der Feuerwehr mit einem Fahrdienst für Corona-Verdachtsfälle unterstützt.

Zudem gibt es ein Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit (Telefon: 030/346 465 100). Auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland steht für Fragen zur Verfügung (0800/011 7722). Für Gehörlose und Hörgeschädigte ist ein Beratungsservice erreichbar per Fax: 030 340 60 66 – 07 oder E-Mail: (info.gehoerlos@bmg.bund.de). Zudem gibt es das Gebärdentelefon.

Wer zur Risikogruppe gehört, in einer Risikoregion [rki.de] war oder mit jemandem aus dieser in engerem Kontakt stand und unter Husten, Fieber oder Atemnot leidet, sollte vorsichtshalber den Kontakt zu anderen vermeiden und sich testen lassen.

Wie kann ich mich schützen?

Bleiben Sie zu Hause! Wichtigstes Ziel ist es aktuell, die Infektionskette zu unterbrechen und die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Das gesellschaftliche Leben wurde deshalb weitgehend stillgelegt: geschlossene Schulen, Kitas und Geschäfte - keine Kino-, Spielplatz- oder Restaurantbesuche.

Außerdem gelten weiterhin folgende Grundregeln:

- Verzichten Sie auf das Händeschütteln, waschen Sie sich gründlich die Hände und halten Sie Abstand - nach Einschätzung von Experten mindestens 1,5 Meter.

- Auch die sogenannte Husten- und Nies-Etikette sollte eingehalten werden:Beim Husten oder Niesen mindestens einen Meter Abstand von anderen Menschen halten und sich wegdrehen.
- Am besten ein Einwegtaschentuch benutzen - nur einmal verwenden und anschließend in einem Mülleimer mit Deckel entsorgen. Wird ein Stofftaschentuch benutzt, sollte dies anschließend bei 60°C gewaschen werden.
- Nach dem Naseputzen, Niesen oder Husten gründlich die Hände waschen.
- Ist kein Taschentuch griffbereit, kann in die Armbeuge geniest werden.

Desinfektionsmittel sind eine gute Unterstützung beim Händewaschen. Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt dazu:

"Zur chemischen Desinfektion sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit, mit dem Wirkungsbereich 'begrenzt viruzid' (wirksam gegen behüllte Viren), 'begrenzt viruzid PLUS' oder 'viruzid' anzuwenden."

Generell werden die Maßnahmen empfohlen, die grundsätzlich bei ansteckenden Krankheiten ratsam sind. So sollten akut Erkrankte möglichst zu Hause bleiben, um sich auszukurieren, damit das Virus nicht weiterverbreitet wird.

Ist das Virus meldepflichtig?

Ja. Die Ärztin oder der Arzt, der bei einem Patienten den Verdacht auf eine Erkrankung mit dem neuartigen Coronavirus stellt, muss dies unverzüglich (binnen 24 Stunden) dem Gesundheitsamt gemäß Coronavirus-Meldepflichtverordnung melden. Auch das Labor, das das neuartige Coronavirus bei einem Menschen nachweist, muss dies dem Gesundheitsamt melden.

Was ist das Coronavirus?

Das Wort Corona stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Krone oder Heiligenschein. Aufgrund ihrer vielen Fortsätze erinnern die Erreger dieser Virengruppe unter dem Mikroskop an eine Krone oder an die Strahlen der Sonnenkorona.

Die Coronavirus-Familie hat viele Typen, die den Mensch befallen können. Einige lösen eine gewöhnliche Erkältung aus, während andere, die ihren Ursprung in Fledermäusen, Kamelen und anderen Tieren haben, in schwere Krankheiten wie Sars oder Mers (Mittlerer-Osten-Atemwegsyndrom) ausgeartet sind.

Das nun erstmals in China entdeckte Sars-CoV-2 ist ein neuer Virenstamm, der zuvor noch nicht beim Menschen aufgetreten war. Es gehört, wie das Sars-Virus, zu den beta-Coronaviren und hat zu 80 Prozent das gleiche Erbgut wie Sars. Die Proteine, mit denen das Virus an menschliche Zellen andockt, unterscheidet sich jedoch wesentlich von Sars.

Die ersten Fälle traten im Dezember 2019 in Wuhan auf, einer Millionenmetropole in der zentralchinesischen Provinz Hubei. Viele Betroffene konnten als Besucher oder Arbeiter eines Markts identifiziert werden, auf dem Wildtiere lebend verkauft oder zum Schlachten angeboten worden. Offensichtlich spielt dieser Markt eine wichtige Rolle beim Überwinden der Arten für das Virus. Von welchem Tier Sars-Cov-2 zuerst auftrat, ist noch unklar. In Wuhan fanden erste Übertragungen von Mensch zu Mensch statt.

Der offizielle Name für die neue Krankheit lautet inzwischen Covid-19. CO steht für Corona, VI für Virus, D für Krankheit (disease) und 19 für das Jahr, in dem es auftauchte.

Woher kommt das Virus?

Die WHO sucht noch nach der tierischen Quelle für das neue Virus. Bekannt ist: Das Reservoir aller Coronaviren sind bestimmte Fledermaus-Arten, die Hufeisennasen-Fledermäuse. Da Fledermaus und Mensch nicht so eng in Berührung kommen, dass eine Übertragung stattfinden könnte, geht die Wissenschaft von einem Zwischenwirt aus.

Christian Drosten, Virologe von der Charité, sprach sich gegen die Theorie chinesischer Wissenschaftler aus, dass das "Schuppentier" oder Tannenzapfentier dieser Zwischenwirt sein könnte: "Schuppentiere fressen keine Fledermäuse, und wir würden schon eher eine carnivore (fleischfressende, Anm. d. Red.) Tierart vermuten, die Fledermäuse jagt", sagte Drosten.

Auch bei Sars und Mers hatten Tiere das Virus an den Menschen weitergegeben: Sars ging 2002 von Schleichkatzen oder Marderhunde auf den Menschen über, ebenfalls in China. Bei Mers waren zehn Jahre später Kamele die Ausgangstiere, das Ursprungsland war Saudi-Arabien.

Wie geschieht die Krankheitsübertragung?

Vermutlich wird Covid-19 auf dem Luftweg weitergetragen. Menschen atmen sogenannte Aerosole ein, winzig kleine mit Erregern bestückte Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen entstehen. Offenbar können auch scheinbar Gesunde die Krankheit übertragen. Die Zahl derjenigen, die zwar von dem Virus befallen sind, aber keine Symptome zeigen, wird auf etwa 80 Prozent der Infizierten geschätzt. Viele Menschen können die Krankheit also weitergeben, ohne davon zu wissen.

Zudem ist die Inkubationszeit der Krankheit - also die Zeit, in der die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist, vergleichsweise lang. Bis zu 14 Tage können zwischen Infektion und den ersten Symptomen liegen. Dadurch ist das Virus schwer einzudämmen.

Auch Flächen und Griffe, die zuvor von Infizierten angefasst wurden, gelten als Infektionsquellen.

Wie ansteckend ist das Virus?

Im Schnitt steckt ein Infizierter zwei bis drei Menschen an. Ob das so bleibt, hängt davon ab, wie gut die Eindämmungsmaßnahmen sind – die Rate der Weitergabe muss unter den Faktor 1 fallen, um die Ausbreitung von Sars-Cov-2 zu stoppen.

Zum Vergleich: Ein Grippekranker gibt Influenzaviren an zwei bis drei Leute weiter. Besonders ansteckend sind Masern: zwölf bis 18 Personen werden durch einen Infizierten krank.

Die Übertragbarkeit dieses neuartigen Virus ist höher als anfangs gedacht, da es sich ähnlich wie das Grippe- oder Influenzavirus bereits im Rachen vermehrt - und nicht erst in der Lungentiefe wie Sars. Das vereinfacht den Nachweis mit Hilfe von Rachenabstrichen - verkürzt aber auch den Übertragungsweg und erklärt die hohe Ansteckungsgefahr.

Wer ist besonders gefährdet?

Zu den Risikogruppen gehören diejenigen, die schon vorher krank waren. "Eine besondere Risikogruppe sind zudem ältere Menschen, dabei gebe es eine Betonung auf das männliche Geschlecht", so der Berliner Virologe Christian Drosten.

Mit Vorerkrankungen sind vor allem solche Erkrankungen gemeint, die die Immunabwehr schwächen, wie chronische Lungen- oder Nierenkrankheiten. Gefährlich werden könne das Virus auch für Menschen mit transplantierten Organen oder denen, die an einem Tumor leiden, sagte der Leiter der Infektiologie des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main, Antoni Walczok, dem Hessischen Rundfunk.

Für die meisten Kinder, jungen Menschen und Menschen im mittleren Alter ist das Coronavirus aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lebensgefährdend, wenn sie grundsätzlich gesund sind. Das ist der aktuelle Stand der Forschung. Für Infizierte sei vor allem entscheidend, wie der Körper mit dem Virus fertig werde, sagt Torsten Bauer, Chefarzt für Pneumologie am Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin-Zehlendorf, im rbb.

Wie funktioniert der Test?

Beim Verdacht auf das Coronavirus Sars-Cov-2 wird der Erreger in der Regel mit einem molekularbiologischen Test nachgewiesen. Zunächst nimmt ein Arzt eine Probe aus den Atemwegen eines Patienten - entweder einen Abstrich oder ausgehusteten Schleim. Spezialisten bereiten diese Probe dann im Labor auf und suchen mit einem sogenannten PCR-Test nach dem Erbmaterial des Virus. Vereinfacht gesagt wird dabei ein bestimmter Abschnitt des Viren-Erbguts millionenfach kopiert.

Die Kopien werden mit einer sogenannten Sonde farblich markiert. Diese Farbmarkierung kann dann mit komplexen Geräten sichtbar gemacht werden. Sind entsprechende Farbsignale vorhanden, handelt es sich um eine "positive Probe". Unter idealen Bedingungen dauert ein solcher Test im spezialisierten Labor drei bis fünf Stunden.

Getestet werden nach Angaben von Stephan Hofmeister, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, nur ernsthaft Erkrankte, die auch Kontakt zu infizierten Personen hatten. Die Kosten für die Tests übernehmen die Kassen.

Was sind die Symptome?

Husten und Fieber sind die häufigsten Anzeichen für Covid-19, aber auch andere Erkältungssymptome wie Schnupfen oder Halskratzen oder Fieber können Anzeichen sein. Laut RKI leiden einige Betroffene auch an Durchfall.

Die Erkrankung tritt in der Regel als Erkältungskrankheit in Erscheinung. Kinder sind praktisch nicht betroffen. Die besondere Risikogruppe sind ältere Patienten. Es erkranken mehr Männer als Frauen.

Bei einigen Patienten nimmt die Erkrankung einen schwereren Verlauf und führt dann zu Atemproblemen und einer Lungenentzündung. Bei Menschen mit einem schweren Krankheitsverlauf dauert die Krankheit drei bis sechs Wochen, bis sie wieder abklingt. Wahrscheinlich sind die Betroffenen während der gesamten Erkrankungszeit ansteckend. Leichter Betroffenen erholen sich innerhalb von zwei Wochen

Todesfälle traten bisher vor allem bei Patienten auf, die älter waren und/oder bereits zuvor an chronischen Vorerkrankungen litten.

Welche Behandlung gibt es für Infizierte?

China vermeldete im Januar erste Erfolg bei der Behandlung betroffener Patienten - Fieber und Atemwegssymptome seien zurückgegangen, das Virus nicht mehr nachweisbar. Allerdings ist unklar, womit die Chinesen behandelt haben.

Der WHO zufolge gibt es bislang weder eine Impfung noch eine spezielle Therapie gegen Sars-CoV-2. Vielmehr werden die Patienten symptomatisch therapiert: mittels Gabe von Sauerstoff, Antibiotika, fieber- und schmerzsenkenden Therapien sowie Stabilisierung des Flüssigkeitshaushaltes.

Weltweit sind Wissenschaftler mit der Entwicklung eines Impfstoffes beschäftigt.

Doch das Robert Koch-Institut hat Hoffnungen auf einen baldigen Impfstoff gedämpft. Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) mahnt zu Geduld. "Die Entwicklung braucht ihre Zeit", sagte sie. Es gebe bei der Entwicklung von Medikamenten hohe Sicherheitsstandards. "Soweit wir es verantworten können, beschleunigen wir die Verfahren."

Gibt es Immunität gegen das Virus?

Viele Experten sind der Meinung: Ja, nach überstandener Covid-19-Erkrankung ist man immun gegen den Erreger."Wir wissen aber nicht, wie lange die Immunität hält", so RKI-Präsident Wieler. Es würden viele Tests entwickelt, um eine Immunität nachzuweisen. Etwa die Hälfte der Menschen, die sich angesteckt haben, bemerkten das gar nicht.

Von denjenigen, die etwas merken, werden laut RKI vier von fünf nur leicht krank.

Beitrag von Uta Schleiermacher

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