Zunehmend "rassistisches Klima" - Drastischer Anstieg rechter Gewalttaten in Brandenburg

Mo 18.03.24 | 20:14 Uhr
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Symbolbild: Einsatzkräfte der Polizei Brandenburg im Einsatz. (Quelle: dpa/Hammerschmidt)
Audio: Antenne Brandenburg | 19.03.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Hammerschmidt

In Brandenburg gab es 2023 offenbar deutlich mehr rechte Gewalttaten als im Jahr davor. Das wird zunehmend auch an Schulen zum Problem. Dort werden Kinder und Jugendliche vermehrt attackiert.

  • Verein Opferperspektive zählt in Brandenburg im Jahr 2023 über 100 rechtsextreme Angriffe mehr
  • Meist sei Rassismus das Hauptmotiv, heißt es
  • Mindestens 390 Menschen Opfer von solcher Gewalt, darunter 133 Kinder
  • Die meisten Angriffe gab es im Landkreis Dahme-Spreewald

Die Zahl rechter Gewalttaten ist in Brandenburg nach Einschätzung des Vereins Opferperspektive im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Der Verein zählte 242 rechtsmotivierte Angriffe - nach 138 im Jahr 2022, wie er am Montag in Potsdam mitteilte. Seit Beginn der Zählung 2006 waren es nur 2016 mehr Angriffe gewesen.

Bei sechs von zehn Gewalttaten war demnach Rassismus das Hauptmotiv. Der Anstieg sei auf ein "zunehmend rassistisches Klima auch in Brandenburg zurückzuführen", sagte Geschäftsführerin Judith Porath. Die AfD habe dieses Klima angefeuert, andere Parteien hätten es mit "flüchtlingsfeindlichen Maßnahmen und Äußerungen gestärkt".

Es gebe auch vermehrt rassistische Übergriffe an Schulen. Der Verein sieht zudem eine sprunghafte Zunahme bei Körperverletzung.

"Zunehmende Dynamik der Enthemmung"

Porath erklärte anlässlich der Vorstellung der Jahresstatistik 2023, in Brandenburg erfordere es inzwischen viel Mut, sich gegen Rechtsextremismus zu positionieren: "Egal wo in Brandenburg sich Menschen gegen rechts engagieren, müssen sie mit Bedrohungen und Übergriffen rechnen." Umso mehr verdienten Demonstrationen und Kundgebungen, insbesondere in kleineren Orten, Anerkennung.

In Brandenburg waren im vergangenen Jahr nach Zählungen des Vereins mindestens 390 Menschen von rechter Gewalt betroffen (2022: 245, 2021: 215). Darunter waren 133 Kinder und Jugendliche (2022: 63).

In Bildungseinrichtungen ereigneten sich 15 Gewalttaten. Der Monitoring-Beauftragte der Opferperspektive, Joschka Fröschner, nannte die Vielzahl an Meldungen zu rassistischer Gewalt an Schulen ein "Zeichen einer zunehmenden Dynamik der Enthemmung". Der unzureichende Umgang von Schulen und Behörden mit Fällen wie Übergriffen eines Lehrers gegen ihm anvertraute Schüler in Cottbus mache deren Überforderung deutlich.

Flächendeckende Zunahme rechter Gewalttaten

Die nahezu flächendeckende Zunahme rechter Gewalttaten lege nahe, dass sich Rassisten durch die verbreitete Zustimmung zu rechten Positionen darin bestärkt sehen, ihre Überzeugungen mit Gewalt durch- und umzusetzen, warnte die Leiterin der Gewaltopferberatung des Vereins, Anne Brügmann. Besonders alarmierend sei dabei der Anstieg bei gefährlichen Körperverletzungen um 54 Prozent von 39 im Jahr 2022 auf 60 im vergangenen Jahr.

In so gut wie allen Brandenburger Landkreisen verzeichnete die Opferperspektive gestiegene Angriffszahlen. Die meisten Angriffe und stärksten Zunahmen gab es zwischen 2022 und 2023 demnach in Dahme-Spreewald von sieben auf 24, im Landkreis Oberhavel von sieben auf 25 und der Uckermark von acht auf 21 Fälle.

Die Opferperspektive erfasste diesmal Bedrohungen und Nötigungen analog zu Körperverletzungen nicht nur, wenn sich Betroffene an sie wandten, sondern auch bei der Erfassung durch die Polizei. Auch bei der bisherigen Zählweise wäre laut dem Verein aber mit 178 ein deutlicher Anstieg bei der Zahl der Gewalttaten erreicht worden. Die Zahlen der Opferperspektive unterscheiden sich von denen der Polizei. Der Verein berät nach eigenen Angaben Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Das Innenministerium hat die Bilanz politisch motivierter Straftaten für das vergangene Jahr noch nicht vorgestellt. Im Jahr 2022 war die Zahl der Straftaten mit rechtem politischen Hintergrund auf 2046 Fälle gestiegen - ein neuer Höchststand seit 2001.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.03.2024, 21:00 Uhr

43 Kommentare

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  1. 43.

    Gibt es schon eine Erklärung für die Zunahme rechter Gewalttaten?

  2. 42.

    Welches Menschenbild haben denn die Menschen, die hier anonym den Rassismus und die Übergriffe auf Mitbürger relativieren? Ich kann das moralisch und ethisch leider nicht einordnen, wie kann man sich so hässlich äußern, während andere Opfer von Gewalttaten werden, wo sind eure Sozialkompetenzen, euer Gewissen?

  3. 41.

    Sie machen es sich zu leicht. Lesen ja. Aber auch verstehen und richtig bewerten. Die Deutsche Welle hat letztens eine Statistik zu antisemitischen Gewalttaten rausgebracht. Nur 2% waren dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. Es gibt offensichtlich noch andere Bevölkerungsgruppen die in diesem Rahmen kriminell werden/sind.

  4. 40.

    Die meisten Rechtsextremen kommen gleichwohl weiterhin aus einem extremistisch geprägten sozialen Umfeld. Sie sind Teil von rechten Kameradschaften, Hooligan-Milieus, rechten Parteien oder der Reichsbürgerbewegung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von rund 32.000 rechtsextrem gesinnten Bundesbürgern aus, rund 8.000 mehr als im Vorjahr – darunter sind erstmals die schätzungsweise 7.000 Anhänger des "AfD-Flügels" und der Jugendorganisation "Junge Alternative“. Etwa 13.000 davon schätzt das Amt im März 2020 als gewaltbereit ein. Eine "gefährliche Dynamik“, die aus "vielen Quellen gespeist wird“, kommentiert Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. bpb

  5. 39.

    Ein wirklich unschöner und sinnfreier Kommentar, der nur eines möchte, den Rassismus relativieren. Er passt auf TikTok, hier ist er allerdings deplaziert, zu undurchdacht und er beleidigt tatsächlich meinen Intellekt.
    Wenn ich einen Rassisten steche, weil ich eine Mücke bin, steche ich einen Rassisten. Wenn ein Rassist einen Migranten physisch oder physisch attackiert, nehme ich die Aussage der Zeugen und des Opfers sehr ernst. Wenn Sie die Betroffenen nicht ernst nehmen wollen, reihen Sie sich ein in die Reihe von Björn und Steffen, die den Rassismus, der sie ja nicht betrifft, als nicht existent bezeichnen. Nur zu dumm, das es die Opfer gibt, gell.

  6. 37.

    Völkische Siedler tarnen sich so, da haben Sie vollkommen recht. Die tun so harmlos, als wollten sie nur Hühner füttern, der Menschenhass schlummert vor sich hin.

  7. 36.

    ....wie viele Ablenkungsversuche werden hier eigentlich von manchen Kommentatoren gestartet? Unfassbar. So blind kann man doch gar nicht sein. Und da man das nicht sein kann, muss ja dann eine bestimmte Absicht dahinterstecken.

  8. 35.

    Gibt es so etwas wie eine Liste der Brandenburger (u.a.) Orte, die man als eindeutig in den Händen von Rechtsextremen und deren Sympathisanten, Befürwortern und Verharmlosern bezeichnen kann? Die würde ich dann meiden.


















  9. 34.

    Rechtsextreme sind die Täter. Menschenfreunde machen so etwas nicht. Menschenhass kommt aus dem Rechtsextremismus, Definition lesen. Geschichtsbücher lesen.

  10. 33.

    Prawda wäre ja dann die Wahrheit und leider, leider sind Ihre Worte unwahr. Wie kommt das nur?
    Der Rassismus hat extrem zugenommen, aber Ihre Wahrheit sieht das ganz anders. Weil Sie die Menschen, die von Rassismus betroffen sind, nicht mögen? Ist das dann schon Menschenhass? Würden Sie wegschauen, wenn jemand eine rassistische Straftat begeht? Würden Sie dem Opfer helfen?
    Die Wahrheit bitte.

  11. 32.

    Ich schließe mich Ihrer Bitte an, bin mir allerdings ziemlich sicher, dass da keine konstruktive Antwort mehr kommen wird. Aber mal schauen, vielleicht werde ich ja überrascht.

  12. 31.

    Nope, dass ist kaum zu glauben, denn eigentlich müssten Sie doch erschrecken, dass der Rassismus zugenommen hat, stattdessen kommen Sie mit diesen Relativierungen. Aber nur, weil Sie das denken, ist es doch nicht wahr. Warum können Sie keine Stellung gegen Menschenhass einnehmen, was fällt Ihnen denn daran so schwer, sich gegen Menschenhass zu positionieren?

  13. 30.

    Interessant wäre eine Statistik darüber von wem die rassistischen Straftaten ausgehen. Hat nur eine kleine Gruppe der Straftäter einen deutschen Hintergrund? Oder eine große Gruppe?

  14. 29.

    Sagt Ihnen der Ort "Burg" etwas? Ich habe das zweifelhafte Vergnügen fast täglich von Bürgermeistern, Lehrern usw. zu lesen, die sich bedroht fühlen von AFDlern und Reichsbürgern und Identitären.
    Lesen Sie doch mal die Zeitungen und nicht nur TicToc. (Schauder)

  15. 28.

    "Hier gibt es keine Nazis mehr, die sind tot."
    Au weia! Ihrer Meinung nach gibt es keine Nazis mehr. Was genau bedeutet Ihre Wortschöpfung "Neosozialisten"???
    Und die sind dann auch noch von Linksextremisten nicht zu unterscheiden???
    Das sind denn doch ziemlich steile Thesen die Sie hier verbreiten. Mich würde interessieren, wie Sie zu diesen Ergüssen gekommen sind. Wären Sie so nett und würden das bitte etwas ausführlicher begründen?

  16. 26.

    BRÜSSOW ZUM BEISPIEL UND RUTENBERG/LYCHEN usw.! Gibt jede Menge, meiner!

  17. 25.

    Danke für Ihre schöne Formulierung! Es beschreibt wunderbar das/ein Grundproblem.

    In meinem Alltag erfahre ich jede Woche den sogenannten Alltagsrassismus, es nimmt zu. Das solch ein Umgang beginnt zum normalen Ton zu werden ist beunruhigend und menschlich sehr daneben. Die Gedanken sind ja frei! Sollten sie auch. Aber nicht das Verhalten untereinander. Von mir/„uns“ wird erwartet, sich vorbildlich zu verhalten, aber mir/„uns“ wird nicht der selbe Anspruch an das Gegenüber eingeräumt. So kann Hass unter Menschen entstehen. Völlig unnötig.

    Vielleicht braucht die Menschheit ein gemeinsames Feindbild um ihren Frust zu entladen?

  18. 24.

    Jede Straftat, die irgendwie politisch motiviert sein könnte, und wo kein Täter ermittelt und kein Bezug hergestellt werden kann, wird als "Rechts " motiviert in der Kriminal-Statistik geführt. Darüber hat sogar Markus Lanz in einer seiner Sendungen gestaunt !

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