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Quelle: dpa/Wüstneck

Unterrichtsausfall wegen Corona

Berliner Schüler protestieren gegen Abiturprüfungen

Kann man mitten in der Corona-Krise sein Abitur schreiben? Nein, sagt der Berliner Landesschülerausschuss - und fordert von der Bildungssenatorin, alle Prüfungen abzusagen. Doch die ist an einen bundesweiten Beschluss der Kultusministerkonferenz gebunden.

Der Berliner Landesschülerausschuss verlangt, dass die Abiturprüfungen dieses Jahr ausfallen. Das sagte Landesschülersprecher Miguel Góngora am Mittwoch. Die Forderung gelte nicht nur für das Abitur, sondern etwa auch für den Mittleren Schulabschluss. Der Landesschülerausschuss richtet sich damit gegen die Kultusministerkonferenz, die sich dafür ausgesprochen hat, die Schulabschlussprüfungen stattfinden zu lassen. Dieser Position hatte sich auch die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) angeschlossen.

Der Landesschülerausschuss hat Berliner Schülerinnen und Schüler jetzt dazu aufgerufen, gegen diese Entscheidung zu protestieren - allerdings nicht bei Demonstrationen im öffentlichen Raum. Die lehnt der Landeschülerausschuss wegen der Gesundheitsgefahren ab. Stattdessen forderte er dazu auf, "Senatorin Scheeres mit Mails zu bombardieren", wie es in einer Mitteilung vom Mittwoch heißt. "Wir hoffen, dass die Bildungssenatorin die Berliner Schülerschaft nicht im Stich lässt", so die Schülervertretung, "denn sie braucht uns für ihre Arbeit und sie macht sich derzeit so unbeliebt wie noch nie zuvor".

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Prüfungen wie nie zuvor

Mehr als 500 Protestmails seien bereits an Scheeres geschickt worden, sagte Góngora. "Und es werden ständig mehr." Für den Fall, dass die geltenden Ausgangsbeschränkungen nach den Osterferien aufgehoben sein sollten, haben die Schülervertreter für den 20. April eine Versammlung von Schulsprechern vor der Senatsverwaltung für Bildung angekündigt.

Die Schülervertretung hat nach eigenen Angaben außerdem einen Brief an die im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien - bis auf die AfD - verschickt. Darin bittet sie die Politiker um Hilfe. "Es melden sich täglich weinende, wütende und enttäuschte Schüler*Innen bei uns, die erhebliche Nachteile bei ihrem Abschluss befürchten", heißt es in dem Schreiben. "Wir empfangen Anrufe von Schüler*Innen in Risikogruppen, welche zum Beispiel Krebs, Asthma oder andere Vorerkrankungen hatten und nun Angst um ihr Leben haben." Die Schüler seien stark belastet durch den Druck der Ausgangsbeschränkungen. "Prüfungen werden dieses Jahr niemals die gleichen wie zuvor oder danach für uns sein."

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Kein Berliner Alleingang möglich

Der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW in Berlin, Tom Erdmann, sieht die Abiturprüfungen nach eigener Aussage ebenfalls kritisch. Die Bildungssenatorin ist nach seiner Einschätzung allerdings die falsche Adressatin für Protestschreiben - sie sollten besser an die Kultusministerkonferenz gehen. Denn wenn Berlin sich nicht an eine bundeseinheitliche Regelung halte und die Abiprüfungen einfach streiche, werde das Berliner Abitur in anderen Bundesländern möglicherweise nicht anerkannt, sagte er.

Das ist auch für die Bildungssenatsverwaltung ein wichtiges Argument: "Ein Alleingang Berlins würde die Zukunftschancen eines ganzen Abiturjahrgangs einschränken", sagte Beate Stoffers (SPD), Staatssekretärin in der Bildungsverwaltung, am Mittwoch. Priorität habe selbstverständlich die Gesundheit der Schüler und Lehrkräfte. Doch wenn es - wie nach der aktuell geltenden Verordnung - rechtlich möglich sei, die Abschlussprüfungen durchzuführen, dann werde es sie auch geben, sagte Stoffers. "Eine gemeinsame Abstimmung mit den anderen Bundesländern ist dabei ganz wichtig."

Beginnen die Prüfungen am 20. April?

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, sind seit 17. März alle Schulen in Berlin geschlossen. Seitdem müssen die Schüler zu Hause lernen. Die ersten Abiturklausuren sollen nach bisherigem Stand am Montag, den 20. April, stattfinden - unter strengen Auflagen: Abiturienten und Lehrer müssen unter anderem sicherstellen, dass die Abstandsregeln von mindestens 1,5 bis zwei Metern in jedem Moment eingehalten werden. Es dürfen nicht mehr als zehn Schüler gleichzeitig in einem Raum sein.

Die Prüfungen mitschreiben darf nur, wer versichert, weder unter Quarantäne zu stehen noch einen Fall von Covid-19 im Kontaktbereich zu haben. Alle anderen müssen auf Nachschreibetermine ausweichen, für die in diesem Jahr weniger Spielraum besteht als sonst. Denn durch die Corona-Krise wurden schon Abiturprüfungen verschoben, die eigentlich vor den Osterferien hätten stattfinden sollen.

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