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Audio: Inforadio | 08.05.2020 | Dilek Kalayci im Interview | Quelle: dpa

Gesundheitssenatorin im rbb

Kalayci kritisiert Obergrenze: "Die Zahl 50 ist viel zu hoch"

Ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern werden Lockerungen zurückgenommen. Auf Berlins Situation hochgerechnet würde sich eine Zahl ergeben, die Gesundheitssenatorin Kalayci für viel zu hoch hält. Es müsse deutlich früher gehandelt werden, warnt sie im rbb.

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat die bundesweiten Vorgaben für die Lockerung der Corona-Maßnahmen als deutlich zu schwach bezeichnet. Im Inforadio vom rbb sagte sie am Freitag, die Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Bewohnerinnen und Bewohnern in den letzten sieben Tagen sei “viel zu hoch, gerade auch für Berlin."

Auf Berlin hochgerechnet würde die festgelegte Obergrenze bedeuten, dass ab 2.000 Neuinfektionen pro Woche die jetzt geltenden Lockerungen wieder rückgängig gemacht werden müssten. Berlin habe aber schon bei wesentlich geringeren Ansteckungszahlen reagiert, und das mit großem Erfolg, so die SPD-Politikerin: "Wir hatten 260 Neuinfektionen in der Woche, als wir die ersten Einschränkungen beschlossen haben. Danach haben wir die Spitze gesehen, da war der Faktor bei 37. Und wir haben unsere Einschränkungen weiter gemacht, als der Faktor bei 22 war." Berlin stehe jetzt vergleichsweise gut da, weil deutlich früher durchgegriffen wurde.

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Kalayci will Testmöglichkeiten weiter ausdehnen

Flächendeckende Corona-Tests lehnte die Senatorin im Gespräch mit dem Inforadio ab. Es gebe aber ausreichend Kapazitäten, um gezielt zu testen, etwa in Schulen, Kitas, Kliniken und bei der Polizei. Zudem habe Berlin beim Thema Testerweiterung schon große Fortschritte gemacht: "Anfangs hatten wir wöchentlich 2.000 Testmöglichkeiten, inzwischen sind es knapp 51.0000 in Berlin. Wir haben unheimlich viel getestet und müssen gezielt weiter testen und auch in die Breite gehen. Wir testen inzwischen auch Kontaktpersonen zweiten Grades und alle mit Symptomen", so Kalayci.

Wichtig sei, dass die Tests begleitet würden von strengen Hygieneregeln: "Wir brauchen weiterhin klare Hygienepläne, sonst können Lockerungen schiefgehen. Beispiel Gastronomie: Hier müssen wir aufpassen, dass sich keine neuen Grüppchen bilden, aus denen Neuinfektionen entstehen." Denn sie gehe klar davon aus, dass eine zweite Infektionswelle kommen werde. Darauf gelte es, vorbereitet zu sein. 

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Geisel will stadtweit reagieren

Auch Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hält die Corona-Obergrenze von 50 Neuinfektionen für zu hoch. "Wir müssen früher eingreifen, wir können nicht so lange warten", sagte Geisel am Donnerstagabend. Er kündigte zudem an, dass grundsätzlich Lockerungen stadtweit – und nicht pro Bezirk - zurückgenommen werden, sollte sich die Lage wieder verschärfen. "Wenn wir Maßnahmen zurückdrehen müssen, wenn wir Infektionszahlen erreichen, die als Stoppsignal zu werten sind, dann wird das flächendeckend für Berlin eingeführt werden müssen", sagte Geisel am Donnerstagabend. "Das war auch der Grund, warum gestern in der Diskussion der Ministerpräsidentenkonferenz die drei Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen diese Regelung nicht so ausdrücklich begrüßt haben."

Bund und Länder hatten am Mittwoch neben weiteren Lockerungen von Alltagsbeschränkungen ein stärker regional ausgerichtetes Vorgehen beschlossen. Dazu gehört eine Art Notfallmechanismus. Demnach soll in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt werden.

Sendung: Inforadio, 8.5.2020, 7:05 Uhr 


 

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