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Video: Abendschau | 10.08.2020 | Iris Marx | Quelle: Imago Images/Stefan Zeitz

Mangelnde Disziplin bei Hygieneregeln

Kalayci erwägt Alkoholverbot für Berliner Kneipen und Bars

Berlins Gesundheitssenatorin Kalayci kritisiert den Umgang vieler Wirte und Kneipengäste mit den Corona-Beschränkungen. Hygieneregeln würden oft gebrochen. Deshalb müsse über ein Alkoholverbot nachgedacht werden. Ein Koalitionspartner bezeichnete die Idee als "nicht schlau".

Kneipen- und Barbesucher in Berlin müssen sich wegen der Corona-Einschränkungen wieder auf strengere Kontrollen durch Polizei und Ordnungsämter einstellen. Das kündigte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) in der "Berliner Morgenpost" an. Auch über ein Alkoholverbot müsse man nachdenken, "wenn sich die Disziplin in den Gaststätten nicht verbessert", sagte Kalayci.

Erste verstärkte Maßnahmen waren laut Beobachtern bereits am Wochenende spürbar. So gingen Polizisten und Ordnungsamt-Mitarbeiter am späten Samstagabend in Neuköllner Kneipenstraßen von Bar zu Bar und kontrollierten die Einhaltung von Bestimmungen und ließen eng stehende Tische und Stühle auf dem Bürgersteig abbauen.

"Wenn viel Alkohol getrunken wird, wird es schwierig"

Kalayci betonte, die Kneipen machten ihr große Sorge. "In den Gaststätten kommen oft viele Menschen eng zusammen, wenn dann noch viel Alkohol getrunken wird, dann wird es schwierig." Oft würden Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten und die Dokumentationspflicht vernachlässigt. "Das aber geht gar nicht. Die Kontaktdaten müssen von den Gastronomen eingeholt und natürlich auch von den Gästen korrekt angegeben werden."

Bußgelder müssten "konsequent" verhängt werden, sagte Kalayci. "Aus meiner Sicht wird davon bisher zu wenig Gebrauch gemacht." Innensenator Andreas Geisel (SPD) sei gerade dabei, gemeinsam mit den Bezirken die Ordnungsämter zu verstärken. Wenn die Kontakte nicht zurückverfolgt und die Infektionsketten nicht unterbrochen werden könnten, "dann kann das in Berlin zu einem großen Problem werden".

Kritik kommt von Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Bei Twitter schreibt er: "Diese #Alkoholverbot-Nummer ist eine Räuberpistole. Trägt nichts bei zur Pandemieeindämmung. Ist mir jedenfalls nicht bekannt. Und wer hat was davon, wenn die Leute es sich im Laden holen?" Und weiter: "Solche 'Ideen', die nicht reflektiert sind & als Schlagzeilenbringer kommuniziert werden", seien nicht hilfreich dabei, "eine rationale Prävention" zu ogranisieren. "Deshalb ist es nicht schlau, irgendwelche Ideen in den Medienbetrieb zu hauen, statt Wirkungen und Kollateralschäden wenigstens drei Tage zu bedenken und zu diskutieren."

Kalayci wies im Inforadio daraufhin, dass es nicht um ein allgemeines Alkoholverbot gehe. "Das wäre ja auch Quatsch. Wenn jemand gepflegt am Tisch sitzt mit Abstandsregeln und Wein trinkt, dann kann man nichts dagegen haben", so die Senatorin. Sie könne sich aber Einschränkungen an bestimmten Orten vorstellen, an denen ausschweifend und sorglos gefeiert werde.

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Heiße Sommernächte, Partys auf den Straßen

Für nachlässige Wirte und Kellner habe sie "absolut kein Verständnis", so die Senatorin. "Wenn sie wollen, dass die Restaurants und Biergärten offen bleiben dürfen, dann müssen sie die Abstandsregeln und Dokumentationspflicht einhalten." Zudem sorge "der Alkoholgenuss dafür, dass die Menschen nachlässiger werden, laut werden, kaum noch Abstand halten".

Tatsächlich ließ sich zuletzt in den warmen Augustnächten in vielen belebten Straßen und Kneipen etwa in Kreuzberg, Friedrichshain und Neukölln kaum ein Unterschied zu den Zeiten vor Corona beobachten. Besonders die draußen stehenden Tische standen eng und waren gut besetzt. Später in der Nacht wurde es aber in den Straßen deutlich schneller leer als früher, weil die Clubs, die die Partybesucher anziehen, weiterhin geschlossen sind.

Ein solches begrenztes Alkoholverbot gibt es in anderen Teilen Deutschlands bereits: So ist in Hamburg etwa an bestimmten Orten in der Stadt am Wochenende zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens der Alkohol-Außer-Haus-Verkauf verboten. Das klassische Weg-Bier also. Auch mehrere bayerische Städte haben Verbote erlassen. So ist in Teilen der Augsburger Innenstadt nach 24 Uhr der To-Go-Verkauf von Getränken bis Ende September untersagt.

Die Stadt Nürnberg reagierte auf "wiederholt große Menschenansammlungen und Feiern an beliebten Treffpunkten in der Innenstadt" kürzlich mit einem temporären Verkaufsverbot von To-Go-Getränken für ein Wochenende. Und in Bamberg gilt ein Verbot des Außer-Haus-Verkaufs von Alkohol an den Wochenenden in der Kneipenmeile Sandstraße.

Sendung: Inforadio, 10.08.2020, 8 Uhr

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