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Audio: Radioeins | 28.10.2020 | Nina Barth | Quelle: dpa/Guido Bergmann/Bundesregierung

Eindämmung der Corona-Pandemie

Merkel will weitgehenden Shutdown des sozialen Lebens

Die Infektionszahlen in Deutschland steigen rasant. Bei den Bund-Länder-Beratungen geht es am Mittwoch um verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Aus dem Kanzleramt gibt es drastische Vorschläge, allerdings kündigt sich bereits Widerstand an.

Der Bund will mit drastischen Kontaktbeschränkungen noch vor Weihnachten die massiv steigenden Corona-Infektionszahlen in den Griff bekommen. Bundesweit sollen Freizeit-Einrichtungen und Gastronomie geschlossen, Unterhaltungsveranstaltungen verboten und Kontakte in der Öffentlichkeit sowie Feiern auf Plätzen und in Wohnungen eingeschränkt werden.

Das geht aus einem dem rbb vorliegenden Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes für die Video-Konferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten am Nachmittag (ab 13 Uhr) hervor. Zuerst hatte die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Die geplanten Maßnahmen im Einzelnen

Kontakte und Feiern: Nur noch Angehörige des eigenen und eines weiteren Hausstandes sollen sich gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien angesichts der ernsten Lage inakzeptabel. Verstöße sollen sanktioniert werden.

Kultur und Freizeit: Theater, Opern oder Konzerthäuser sollen schließen. Das gilt auch für Messen, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Spielbanken und Wettannahmeeinrichtungen.

Gastronomie und Hotels: Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen sollen geschlossen werden. Ausgenommen werden sollen die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause. Touristische Übernachtungsangebote im Inland sollen untersagt werden.

Sport: Freizeit- und Amateursportbetriebe sollen auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen geschlossen werden, ebenso Schwimm- und Spaßbäder sowie Fitnessstudios. Über Spiele im Profi-Sport, etwa der oberen Fußball-Ligen, wird in dem Papier nichts Konkretes gesagt.

Körperpflege: Kosmetikstudios, Massagepraxen oder Tattoostudios sollen schließen, ebenso Bordelle. Medizinisch notwendige Behandlungen wie Physiotherapien sollen möglich sein. Friseursalons bleiben - anders als im Frühjahr - aber unter den bestehenden Hygienevorgaben geöffnet.

Schulen und Kitas sowie Einzelhandel sollen offen bleiben

Schulen und Kindergärten: Diese Einrichtungen sollen offen bleiben. Die Länder sollten aber weitere Schutzmaßnahmen einführen.

Einzelhandel:
Läden und Geschäfte sollen unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt geöffnet bleiben. Es müsse aber sichergestellt werden, dass sich in den Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 25 Quadratmeter aufhalte.

Wirtschaft: Industrie, Handwerk und Mittelstand solle sicheres Arbeiten umfassend ermöglicht werden, heißt es im Entwurf. Die Arbeitgeber müssten ihre Mitarbeiter vor Infektionen schützen. Wo immer umsetzbar, soll Heimarbeit ermöglicht werden.

Maßnahmen sollen ab 2. November gelten

Wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus den Beratungen von Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder erfuhr, sollen die Maßnahmen ab Montag, 2. November deutschlandweit in Kraft treten. In der Beschlussvorlage des Bundes war zunächst vom 4. November die Rede gewesen.

Die Maßnahmen sollen dann bis Ende des Monats gelten. Nach Ablauf von zwei Wochen sollen Kanzlerin und Länderchefs die erreichten Ziele beurteilen und notwendige Anpassungen vornehmen. "Familien und Freunde sollen sich auch unter Corona-Bedingungen in der Weihnachtszeit treffen können. Dazu bedarf es jetzt erneut, wie schon im Frühjahr, einer gemeinsamen Anstrengung", heißt es in dem Papier.

Ramelow hat Widerstand angekündigt

Offen war, ob und wie weitgehend die Länder die Maßnahmen mittragen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat eine Zustimmung seiner Regierung zu einem derartigen Beschluss bereits ausgeschlossen. Andere Länder hatten dagegen schon vor dem virtuellen Treffen Verschärfungen angekündigt. Vor den Beratungen von Merkel mit den Länderchefs wollten sich die Ministerpräsidenten bereits um 10.30 Uhr zu Vorgesprächen zusammenschalten.

Im Anschluss an die Beratungen der Ministerpräsidenten ist eine Pressekonferenz geplant. Nach dem Treffen mit der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten wird auch der Berliner Senat in einer außerordentlichen Sitzung am Mittwochabend oder Donnerstagfrüh über mögliche weitere Maßnahmen entscheiden.

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Fast 15.000 Neuinfektionen

In Deutschland sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Mittwoch binnen 24 Stunden 14.964 neue Corona-Fälle verzeichnet worden. Das ist ein Höchstwert seit Beginn der Pandemie. Am Dienstag waren von den Gesundheitsämtern 11.409 neue Corona-Infektionen gemeldet worden.

Sendung: Inforadio, 28.10.2020, 07:55 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 28.10.2020 um 12:13 Uhr geschlossen

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