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Audio: Inforadio | 04.12.2020 | Raphael Jung | Quelle: dpa/Kira Hofmann

Mehr Aufgaben bei gleichem Personal

Berliner Ordnungsämter können Corona-Regeln in Geschäften kaum kontrollieren

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben die Ordnungsämter mit zusätzlichen Aufgaben zu kämpfen. Nun sollen sie auch überprüfen, ob sich in Geschäften nur so viele Kunden aufhalten wie zugelassen. Für viele Berliner Bezirke ist das offensichtlich ein Kraftakt.

Seit Dienstag gelten für größere Geschäfte strengere Abstandsregeln. Um große Ansammlungen zu verhindern, darf pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche nur einer Kundin oder einem Kunden Zutritt gewährt werden. Die Ordnungsämter sollen das überprüfen.

Der rbb hat alle zwölf Berliner Bezirke gefragt, wie die Ordnungsämter die zusätzliche Aufgabe stemmen. Unsere Fragen zur Personalsituation und Belastung haben alle Bezirke beantwortet - abgesehen von Pankow. Aus den Antworten ergibt sich ein recht homogenes Bild: Priorität hat derzeit überall die Überwachung der Corona-Schutzmaßnahmen. "[...] Andere Kontrollen müssen zurückstehen", heißt es zum Beispiel aus Tempelhof-Schöneberg.

Da diese Aufgaben zusätzlich anfallen, sei es eine Herausforderung, "Kontrollen zur Einhaltung der Infektionsschutzverordnung kontinuierlich durchzuführen, ohne die anderen Aufgabengebiete des Ordnungsamtes […] zu vernachlässigen", heißt es aus Treptow-Köpenick.

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Kontrollen in den Geschäften: ja, aber offenbar nicht überall

Dass die Ordnungsämter nun auch in den Geschäften kontrollieren sollen, wird von fast allen Bezirken bestätigt. Geschäftsflächen gehören auch zum öffentlichen Raum, so lange sie frei zugänglich sind, heißt es. Allerdings könne diese "insbesondere als Reaktion auf konkrete Beschwerden bzw. Meldungen" durchgeführt werden, schränkt Friedrichshain-Kreuzberg ein und verweist auf das eigene Online-Portal, wo dies möglich ist.

Subtile Kritik kommt lediglich aus Steglitz-Zehlendorf. Verbunden mit dem Hinweis, dass Ordnungsämter für die Überwachung der Ordnung im "öffentlichen Raum" zuständig sind, heißt es: "Nach Ansicht der Senatsinnenverwaltung gehört dazu jeder öffentlich zugängliche Raum, der grundsätzlich der Allgemeinheit zur Verfügung steht." Wie das genau zu verstehen sei, solle doch bitte die Innenverwaltung erklären, heißt es. "Die Arbeit auf der Straße wird in jedem Fall für uns weiterhin im Mittelpunkt stehen."

Viele Stellen unbesetzt

Ein großes Problem in allen Bezirken ist fehlendes Personal. "Da die anderen Aufgaben des Ordnungsamtes fortbestehen und bereits vor dem Ausbruch von Corona nicht ansatzweise ausgereicht haben, steht nicht ansatzweise genügend Personal zur Verfügung", heißt es zum Beispiel aus Reinickendorf. "Naturgemäß können stets nur Schwerpunkte gesetzt werden", antwortet das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, "eine flächendeckende Überwachung wäre auch bei doppelter Personalausstattung nicht möglich."

Im Oktober wurde beschlossen, 240 Berliner Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parkraumüberwachung die Möglichkeit einzuräumen, eine Qualifizierung vorzunehmen. Wer das Angebot annimmt, kann befristet beim Allgemeinen Ordnungsdienst (AOD) tätig sein und bei der Überwachung des Infektionsschutzes aushelfen. In einigen Bezirken unterstützen Kräfte der Parkraumüberwachung ihre Kollegen bereits – und das bei ohnehin dünner Personaldecke.

Aus einer Antwort der Innenverwaltung an die Grünen-Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz und Benedikt Lux geht allerdings hervor, dass die Berliner Ordnungsämter insgesamt zu wenig Personal haben. Von den gemeldeten rund 552 Stellen im AOD sind fast 80 unbesetzt - auch hier fehlen Angaben aus Pankow.

In der Parkraumüberwachung ist die Personallücke sogar noch größer: Von den gemeldeten 552 Stellen sind knapp 110 nicht besetzt - allein in Pankow gibt es 53 offene Stellen. Auch hier muss angemerkt werden, dass es nicht aus allen Bezirken Angaben gibt (siehe zweite Grafik).

Teilweise sehr hohe Ausfälle wegen Krankheit

Hinzu kommen teils sehr hohe Krankenstände. Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg geben ihre Krankenstände im AOD mit 24 Prozent an, in Reinickendorf gibt es im Durchschnitt jeden Monat pro Mitarbeiter 4,15 Tage Ausfall wegen Krankheit.

Wie dünn die Personaldecke in manchen Bezirken tatsächlich ist, zeigt auch die Antwort aus Spandau an den rbb: "Grundsätzlich stehen 39 Beschäftigte des AOD für entsprechende Kontrollen zur Verfügung", schreibt das Ordnungsamt. "Aufgrund eines hohen Krankenstandes waren im Monat Oktober und sind aktuell im Durchschnitt lediglich ca. 8 - 12 Beschäftigte tatsächlich im Einsatz."

Sendung: Inforadio, 03.12.2020, 17 Uhr

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