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Audio: Antenne Brandenburg | 23.08.2019 | Sascha Erler | Quelle: rbb/Sascha Erler

Schnelles Internet in Brandenburg

Weiter warten aufs digitale Zeitalter

Schnelles Internet in jedem Dorf. So oder so ähnlich verspricht das praktisch jede Partei im Landtagswahlkampf 2019. Daran glauben die wenigsten Brandenburger. Weil sie auch 2019 noch im digitalen Nirwana leben. Beispiel: Groß Luja bei Spremberg. Von Sascha Erler

Dass Eva Naparell aus Spremberg (Landkreis Spree-Neiße) bei ihrer Arbeitsstelle im Ortsteil Groß Luja angekommen ist, weiß sie, wenn das Handy keinen Empfang mehr anzeigt. Doch es ist nicht nur der Handyempfang, an dem es in Groß Luja mangelt, auch von Breitband-Internet können die Menschen hier nur träumen.

Am Firmencomputer im Bauzentrum in Groß Luja geht das Internet zumindest einigermaßen flott | Quelle: rbb/Sascha Erler

Eva Naparell arbeitet am Empfang des Bauzentrums von Michael Nowotnick. Am Firmencomputer geht das Netz einigermaßen flott, sagt sie. Doch dass heutzutage immer mehr online erledigt werden muss, macht dem Chef Sorgen. "Es reicht grade so, aber keiner weiß wie lange noch", sagt er. Besonders ärgert Nowotnick, dass er eine Leitung bezahlt, die 16.000 Kilobit pro Sekunde verspricht, aber maximal 1.000 liefert. Das war vor 15 Jahren schon langsam.

Kirchturm als Funkmast

Während die Menschen in Groß Luja also weiter in der Steinzeit surfen, treibt Brandenburg zumindest nach Aussagen des zuständigen Wirtschaftsministeriums den Breitbandausbau voran. Bereits heute seien fast 70 Prozent aller märkischen Haushalte mit einem Netzzugang versorgt, der eine Datenübertragung von mehr als 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) ermöglicht. Über 42 Prozent hätten sogar Zugang zu mehr als 100 Mbit/s. Und auch im ländlichen Raum sollen demnach knapp 68 Prozent der Haushalte über einen Anschluss mit mindestens 30 Mbit/s und fast 46 Prozent über mindestens 50 Mbit/s verfügen.

Groß Luja gehört hierzu nicht. Und weil die Politik bislang nicht geholfen hat in Sachen Internet, helfen sich die Bürgerinnen und Bürger eben selbst. Die einen schreiben Petitionen an die Telekom. Die anderen versuchen es mit Eigenkonstruktionen: Vom Kirchturm aus versorgt eine Funk-Lösung zumindest einzelne Anwohner mit einigermaßen schnellem, aber recht wackligem, Internet.

"Ich hab drei große Kinder, die studieren. Die Internetverbindung ist so schlecht, dass die überlegen, wann sie ihre Semesterferien hier verbringen können und wann nicht. Teilweise sitzen sie zwei Stunden in Spremberg im Café, nur damit sie eine sichere Internetverbindung haben", erzählt eine Anwohnerin.

"Das versteht der Bürger nicht"

In Spremberger Rathaus funktioniert das Internet. Trotzdem ist Bürgermeisterin Christine Herntier sauer, weil sich seit Jahren nichts tut beim Breitbandausbau in den Ortsteilen der Stadt. "Das ist lächerlich, unglaublich, könnte man viele Adjektive finden", sagt sie.

Neben Adjektiven wären für die Bewohner aber vor allem Antworten hilfreich. Zum Beispiel auf die wichtigste Frage, wann es endlich losgeht. Später, muss es wohl heißen, denn lange hatte der Bund auf veraltete Kupferanschlüsse gesetzt. Erst im letzten Jahr kam die Entscheidung, doch lieber Glasfaser verlegen zu lassen. Die Konsequenz: Sämtliche Planungen müssen nochmal geändert werden. "Dass das so lange dauert, dass man diesen Fehler korrigiert, das versteht der Bürger nicht", sagt Herntier.

"Mal sehen, was die Wahl bringt"

Verständnis hat Michael Nowotnick vom Bauzentrum in Groß Luja tatsächlich längst nicht mehr. Dafür wächst von Tag zu Tag das Gefühl, abgehängt zu sein. Vom Netz, aber auch von der Politik. Die Hoffnung, dass er in absehbarer Zeit ein schnelles Internet haben wird, hat er verloren. "Es soll sich was ändern. Mal sehen, was die Wahl bringt am 1. September, aber wahrscheinlich nicht viel", sagt er.

Das Landesförderprogramm "Brandenburg Glasfaser 2020" hat Groß Luja nicht in die digitale Zukunft katapultiert. Laut Wirtschaftsministerium soll das Bundesprogramm zum Breitbandausbau weitere Verbesserungen für den ländlichen Raum bringen. Das Programm fördert Gebiete, die bislang mit weniger als 30 Mbit/s versorgt sind – das ist in Groß Luja definitiv der Fall. Ob und wann das digitale Zeitalter tatsächlich Einzug hält, wird also leider wieder mal die Zukunft zeigen.

Beitrag von Sascha Erler

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