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Video: Abendschau | 16.01.2018 | Boris Hermel | Quelle: dpa-Zentralbild

Ex-Bundesverwaltungsrichter Paetow

Tegel-Gutachter: Senat darf Flughafen nicht offen halten

Beim Volksentscheid zum Flughafen Tegel sprach sich im September die Mehrheit der Berliner für eine Offenhaltung aus. Ein neues Gutachten kommt noch einmal zu dem Schluss: Der Senat darf das Votum derzeit gar nicht umsetzen. Die Opposition bezweifelt das.

Der Senat darf zur Zeit nichts tun, um den Flughafen Tegel dauerhaft offen zu halten und damit den Volksentscheid umzusetzen. Zu diesem Schluss kommt der als Gutachter vom Senat eingesetzte frühere Bundesverwaltungsrichter Stefan Paetow. Sein 72-seitiges Gutachten wurde am Dienstag im Senat beraten.

Brandenburg und der Bund müssten zustimmen

Offen gehalten werden könnte Tegel nur, wenn sich alle drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund einig wären, die gemeinsame Landesplanung zu ändern, heißt es in dem Gutachten, das dem rbb vorliegt. Das hatte auch der Senat stets als eines der Hauptargumente gegen den Volksentscheid vorgebracht - Berlin allein könne gar nicht über Tegels Zukunft entscheiden. Zu einem Weiterbetrieb sind derzeit allerdings weder Brandenburg noch der Bund bereit.

Wollten alle drei Gesellschafter wider Erwarten doch die Offenhaltung Tegels, müssten sie nachweisen, dass die Kapazität des BER auch mit allen Erweiterungen zu niedrig wäre, schreibt Stefan Paetow in dem aktuellen Gutachten. Gelänge dieser Nachweis nicht, sei eine Änderung der Landesplanung rechtswidrig.

Paetow: Reihe von Klagen droht, falls Tegel offen bleibt

Alternativ bliebe dem Senat nur ein Weg: Berlin könnte einseitig die gemeinsame Landesplanung kündigen. Die Kündigung würde laut des Gutachtens frühestens 2022 wirksam. Nach bisheriger BER-Terminplanung wäre das zu spät, weil der Flughafen 2020 eröffnen soll und Tegel dann ein halbes Jahr später schließen müsste. Um nach dem Ausstieg einen neuen Landesentwicklungsplan aufzustellen, seien etwa drei weitere Jahre nötig. Demnach gäbe es - nach jetzigem Stand - erst vier Jahre nach der Schließung Tegels eine rechtliche Grundlage, um über einen Weiterbetrieb zu sprechen.

Falls sich der Senat zur Offenhaltung entschließe und tatsächlich auch Bund und Brandenburg zustimmten, schreibt Paetow in dem Gutachten, sei in jedem Fall eine Reihe von Klagen von Umweltverbänden, Gemeinden und Privatpersonen zu erwarten. Diese brächten jahrelange Verzögerungen mit sich.

FDP und AfD bezeichnen Papier als "Gefälligkeitsgutachten"

Die Stadtentwicklungssenatorin Karin Lompscher (Linke) sagte am Dienstag, der Senat sehe sich durch das neue Gutachten in seiner Position bestätigt. Der Jurist sei weitgehend zum selben Schluss gekommen wie die Landesregierung selbst.

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus wies Paetows Papier am Dienstag zurück - sie zweifelt die Unabhängigkeit des Professors an. "Das politische Gefälligkeitsgutachten von Professsor Paetow beinhaltet eine klare Aussage, die selbst der Senat nicht verstecken kann: Die Offenhaltung des Flughafens Tegel ist möglich, wenn nur der politische Wille dazu da ist", teilte der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja mit. Der CDU-Generalsekretär Stefan Evers sagte, das Gutachten zeige einen Weg auf, wie Tegel auch nach einer Eröffnugn des BER weiterbetrieben werden könne.

Die AfD forderte erneut einen Sonderausschuss, der die Zukunft des BER, Schönefelds und Tegels "ergebnisoffen" klären soll. Auch der Parlamentarische Geschäftsführer Frank-Christian Hansel nannte die Feststellungen des ehemaligen Bundesverwaltungsrichters ein Gefälligkeitsgutachten. "Von 'unabhängig' kann angesichts der Tatsache, dass Paetow nicht ein einziges Mal mit den Befürwortern der Offenhaltung von Tegel gesprochen hat, keine Rede sein", ließ sich Hansel zitieren.

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