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Quelle: dpa/Laci Perenyi

Interview| Kinderarzt aus Senftenberg

"Die Empfehlung der Stiko ist medizinisch fundiert, nicht politisch bedingt"

Zahlreiche Politiker wollen das Impfen von Kindern und Jugendlichen vorantreiben. Die Stiko hält jedoch daran fest, keine Empfehlung dafür auszusprechen - und hat damit auch Kinderärzte wie Mathias Genne aus Senftenberg auf ihrer Seite.

Impfungen gegen das Coronavirus, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen werden weiter heftig diskutiert. Während die einen, vor allem in der Politik, eine Erhöhung des Tempos fordern und Jugendliche lieber heute als morgen impfen lassen würden, bleibt die Ständige Impfkommission, kurz Stiko, bei ihrer Empfehlung, 12 bis 16-Jährige nur bei Vorerkrankungen gegen Corona impfen zu lassen.

Bei Eltern sorgt das für Unsicherheiten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) bereits zwei Impfstoffe für Jugendliche zugelassen hat.

rbb|24: Herr Genne, die Corona-Impfung von Jugendlichen ab 12 Jahren wird heftig diskutiert. Wie sehen Sie als Kinderarzt die aktuelle Diskussion?

Mathias Genne: Die Situation ist sicherlich von zwei Seiten zu sehen. Zum einen von einer politischen, wo es Sinn macht zu zeigen, wir wollen etwas erreichen, wir machen etwas gegen die Pandemie, gegen das Virus. Und die andere Seite ist die medizinische. Und die sieht nun mal so aus, dass Kinder in erster Linie nicht gefährdet sind, einen schweren Verlauf oder einen Todesfall zu erleiden. Die neue Studienlage sagt zwar, dass die neuen Varianten ansteckender, infektiöser sind, aber eben nicht gefährlicher vom Verlauf für den Patienten und dabei insbesondere für Jüngere.

Wie erleben Sie denn in Ihrer Sprechstunde die Diskussion um das Thema?

Ich erlebe zwei Varianten. Die erste ist, dass Eltern wirklich Angst davor haben, dass ihr Kind erkrankt. Diese Angst kann ich aber eigentlich immer im Gespräch nehmen. Die andere Variante ist, dass ich gefragt werde, wie ich dazu stehe, wenn Eltern einfach eine Information zu der aktuellen Situation haben wollen. Da muss ich sagen, ich halte mich völlig an die Empfehlung der Stiko, denn die ist medizinisch fundiert und nicht durch eine politische Sicht auf die Situation bedingt.

Bisher keine Stiko-Empfehlung

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In gut einer Woche beginnt in Brandenburg das neue Schuljahr. Grundschüler sollen dann Masken tragen und es soll weiterhin kräftig gelüftet werden. Die Bildungsministerin sieht die Schulen gut aufgestellt - aber noch Handlungsbedarf beim Impfen.

Welche Risiken sehen Sie denn bei Impfungen für Jugendliche?

Man muss sagen, es ist immer noch eine Impfung, die nur eine Notzulassung hat, die also nicht wie üblich über mehrere Jahre hinweg an vielen tausenden Kindern geprüft wurde und bei der man sagen kann auch nach fünf oder sechs Jahren haben wir keine Komplikationen. Wir wissen einfach noch nicht, wie der Impfstoff auf lange Sicht wirkt. Das wissen wir auch nicht bei Erwachsenen. Es geht aber um die Frage, wer ist gefährdet? Und die Kinder sind das aktuell nicht.

Was sollte denn Ihrer Meinung nach jetzt entschieden werden?

Meiner Meinung nach sollten zuallererst die geimpft werden, die gefährdet sind. Das sind die über 50-Jährigen. Wenn wir die erreichen, können wir einen großen Teil der Todesfälle durch eine Corona-Infektion vermeiden. Damit meine ich über 90 Prozent, das ist auch die Ansicht vieler Immunologen. Wenn die Kinder das Virus weitergeben, weil sie eben doch infiziert sind, nicht erkrankt aber infiziert, dann muss man fragen, an wen sollen sie das weitergeben? An die, die sich impfen lassen können. Das sind alle über 18-Jährigen. Und die sollten sich impfen lassen, wenn die Angst vor einer Erkrankung und einer Verbreitung besteht.

Das Interview führte Thomas Krüger für Antenne Brandenburg.

Sendung: Antenne Brandenburg, 29.07.2021, 15.10 Uhr

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