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Blick in die Leitstelle Lausitz | Quelle: rbb/Krüger

Interview | Ingolf Zellmann, Leiter Leitstelle Lausitz

"Es ist eine äußerst dramatische Situation im Süden von Brandenburg"

Die Krankenhäuser sind am Limit ihrer Möglichkeiten, Intensiv-Patienten aufnehmen zu können. Für Südbrandenburg koordiniert die Leitstelle Lausitz die Verlegung von Patienten. Ein Interview mit dem Leiter Ingolf Zellmann.

rbb|24: Herr Zellmann, wie stellt sich momentan die Situation für Sie dar?

Ingolf Zellmann: Wir verlegen im Moment Notfallpatienten, die nicht aufgenommen werden können oder andere Patienten, die bereits in Krankenhäusern sind, in andere Regionen im Land Brandenburg. In Einzelfällen bringen wir sie auch nach Berlin oder nach Sachsen, wenn es medizinisch indiziert ist. Beide Bundesländer können aber auch keine Patienten mehr aufnehmen. Es ist eine äußerst dramatische Situation im Süden von Brandenburg. Vor allem in den Landkreisen Elbe-Elster und Oberspreewald Lausitz und auch am Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus.

Was wissen Sie über die Situation der angrenzenden Bundesländer?

Also Berlin ist voll, Sachsen ist voll, Sachsen-Anhalt ist voll. Wir haben ähnliche Situationen in allen Bundesländern. Thüringen und Sachsen sind dabei noch stärker betroffen als Brandenburg. Wir hinken der Entwicklung ein bis zwei Wochen hinterher, die Entwicklung, die wir heute in Dresden sehen, werden wir in ein, zwei Wochen auch hier bei uns sehen.

Der Leiter der Leitstelle Lausitz, Ingolf Zellmann | Quelle: rbb/Krüger

Kommen die verlegten Patienten auf Intensivstationen oder auch auf Normalstationen?

Das ist unterschiedlich, wir haben nicht nur Covid-Patienten. Der überwiegende Anteil sind Nicht-Covid-Patienten, die eben auch versorgt werden müssen. Wir haben viele internistische Patienten, die Kranklenhäuser arbeiten ja in diesem Jahr nicht mehr im Notbetrieb sondern im Regelbetrieb und da kommt Covid oben drauf. Zudem haben wir einen massiven Pflegekräftemangel zu verzeichnen, das geht damit einher, dass weniger Krankenhausbetten zur Verfügung stehen und wir deswegen massive Kapazitätsprobleme im Krankenhausbereich haben. Das wirkt sich dann auch auf den Rettgungsdienst aus, dass wir Notfallpatienten nicht mehr im ortsnahen Krankenhaus aufgenommen bekommen. Gestern zum Beispiel mussten wir einen Patienten aus der Nähe von Senftenberg nach Rüdersdorf bringen von der Einsatzsstelle.

Wie laufen die Verlegungen genau ab?

Die Patienten werden von den Kliniken hier angemeldet, dann organisieren wir sogenannte Arzt-Arzt-Gespräche zwischen abgebender und aufnehmender Klinik. Wenn es Arzt-begleitende Transporte sind, muss der auch mit einbezogen werden. Wichtig ist, ob die Patienten intensivpflichtig sind, ob sie geflogen werden können. Da spielt dann das Wetter wieder eine Rolle, ebenso Tag- und Nachthelle. Also diese Tansporte, die Koordinierung, das ist schon recht aufwändig. Wir bekommen nicht eine große Anzahl von Patienten verlegt, weil der Rettungsdienst eigentlich den Regelrettungsdienst vor Ort sicherstellen muss.

Woher werden die meisten Verlegungen angemeldet?

Schwerpunkt sind Senftenberg und Finsterwalde. Aber in der gesamten Region im Süden Brandenburgs ist die Situation äußerst angespannt, wir haben eigentlich keine freien Kapazitäten.

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Wie sieht denn der Plan für die nächsten Wochen aus?

Es ist auf Landesebene in Vorbereitunmg eine Allgemeinverfügung zur Freihaltung von Krankenhauskapazitäten. Es kann nur appelliert werden, dass das planbare Geschäft in den Krankenhäusern heruntergefahren wird, dass Kapazitäten geschaffen werden, dass alle sich auf einen Notbetrieb vorbereiten. Das gilt auch für den Rettungsdienst und Katastrophenschutz damit man die Situation beherrschen kann. Die Krankenhäuser untereinander werden auch koordiniert in fünf Versorgungsregionen, da laufen diverse Abstimmungen, um eben diesen Notbetrieb individuell sicherstellen zu können.

Um es noch einmal deutlich zu fragen: Die Verlegung und Versorgung der Patienten wird aber innerhalb Brandenburgs sichergestellt?

Im Moment innerhalb Brandenburgs. Darüber hinaus gibt es eine Kleeblatt-Organisation. Da sind wir mit drin, die Kleeblattregion-Ost, das sind Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Berlin und Brandenburg. Dort koordinieren wir auch Verlegungsmöglichkeitgen. Gerade heute hat Thüringen den Bedarf angemeldet, Patienten in andere Bundesländer zu verlegen, das wird dann bundesweit gesteuert. Aber es sieht gerade in den südlichen Bundesländern mit Kapazitäten nicht gut aus.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch für rbb|24 führte Carl Winterhagen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.11.2021, 16.40 Uhr

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