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Audio: Antenne Brandenburg | 24.04.2020 | Quelle: Tony Schönberg/ rbb

Corona-Maßnahmen

Jugendreise-Branche schlittert in akute Existenznot

Die Branche der Jugendreisen-Anbieter ist durch die Corona-Schutzmaßnahmen massiv bedroht. Aufgrund des Verbotes touristischer Ausflüge stehen viele Unterkünfte und Anbieter pädagogischer Programme vor dem Aus. Von Tony Schönberg

Das Kinder- und Feriencamp "Störitzland" bei Grünheide (Oder-Spree) liegt mitten im Grünen. Die Einrichtung bietet Platz für 850 Gäste - die in anderen Zeiten derzeit vermutlich auch gut ausgelastet wären. Jedoch ist die Einrichtung seit vier Wochen - wegen des Verbots der Landesregierung für touristische Reisen - nahezu verwaist.

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Flut an Stornierungen

Sämtliche Schul-, Vereins- und Familienfahrten wurden bis zu den Sommerferien abgesagt, sagt Torsten Buchlow, Leiter der Gästebetreuung. Er ist im Dauereinsatz, die Flut der Stornierungen abzuarbeiten. Bei einem Reiseverbot der Bundesregierung, müssen Buchungen im vollen Umfang erstattet werden [www.verbraucherzentrale.de]. Lediglich bei Stornierungen, die außerhalb der Warnung liegen, könnten Anbieter bis zu 20 Prozent für Verpflegung und Unterkunft berechnen, sagt Gästebetreuer Buchlow. Allerdings wären pädagogische Freizeitangebote in den meisten Fällen davon ausgenommen, da diese oft erst kurz vor Reiseantritt gebucht würden.

Mitarbeiter im Arbeitseinsatz

Von der Schließung betroffen sind auch die Mitarbeiter. Alle befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Peter Schulze beispielweise arbeitet sonst in der Einrichtung als Naturpädagoge. Normalerweise wäre er jetzt zum Ende des Schuljahres mit Jugendgruppen in den umliegenden Wäldern unterwegs und würde mit ihnen spielerischen Unterricht zur Flora und Fauna durchführen. Nun nutzen er und seine Kollegen die Zwangspause für Modernisierungs- und Renovierungsarbeiten an den Unterkünften. Selbst das Küchenpersonal hilft im Garten mit aus.

Doch auch diese Arbeiten müssen nun ohne Einnahmen durch Gäste finanziert werden. Entlassen werden musste zwar niemand, allerdings konnten 15 Arbeitskräfte für die Saison nicht angestellt werden.

Sven Gollub vom Kinder- und Jugendreiseverband | Quelle: Tony Schönberg/ rbb

Branche am Boden

Wie dem Störitzland, geht es fast der gesamten Branche, sagte der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes für Kinder- und Jugendreisen, Sven Gollub. Sein Verband hat sich vor 25 Jahren aus den ehemaligen Pionierferienlagern der DDR entwickelt und vertritt heute circa 35 Reiseveranstalter, Unterkünfte und Programmanbieter in Berlin und Brandenburg. Darunter sind etwa die Begegnungsstätten Werbellin- und Frauensee, der Erlebnishof in Beeskow oder die Brandenburgische Sportjugend.

In Folge der Pandemie befinden sich laut Sven Gollub momentan zwei Drittel der Anbieter in akuter Existenznot. Besonders schwer hätten es dabei gemeinnützige Organisationen an notwendige Kredite zu kommen, da diese aufgrund fehlender Rücklagen bei Banken keine Liquidität nachweisen könnten.

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Letzte Rettung: Ferienlager-Saison

Die Hoffnungen liegen jetzt auf einer baldigen Lockerung der Maßnahmen. Sollte auch die Sommerferienlager-Saison ausfallen, könnte es eng werden. Allerdings haben einige Bundesländer wie Hessen Klassenfahrten bereits bis zu den Herbstferien verboten.

Viele Einrichtungen sind, nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden, auch zu einer Wiedereröffnung mit Einschränkungen bereit. Dazu zählen etwa die Einhaltung der Abstandsregeln oder eine Belegung mit nur halber Kapazität.

Im Störitzland nutzen derzeit einige ausländische Gastarbeiter und Erntehelfer die leeren Jugendquartiere. Für weitere wäre brandenburgweit Platz. Die Industrie- und Handelskammer Cottbus hat dem Jugendreiseverband zufolge beispielsweise schon Angebote verschiedener Unterkünfte gesammelt.

Schaden unabwendbar

Eine Rettung ist aber auch das nicht, denn Schaden wird der Jugendreisesektor in jedem Fall davon tragen, so Gollub. "Ein Bett, was wir heute nicht belegt haben, können wir morgen nicht doppelt verkaufen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.04.2020.

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