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Audio: Antenne Brandenburg | 11.01.2020 | Eva Krichner-Rätsch | Quelle: rbb / Eva Kirchner-Rätsch

Wochenserie | Tagebuch aus dem Home-Schooling

"Mein Sohn, mein Schüler"

Unterricht zwischen Küche und Kinderzimmer: Die meisten Brandenburger Schulkinder und deren Eltern improvisieren derzeit so etwas wie Schule in den eigenen vier Wänden. rbb-Autorin Eva Kirchner sitzt mit ihrem Sohn Anton im Home-Schooling. Ein Erfahrungsbericht.

Anton geht in die 6. Klasse einer Fürstenwalder Grundschule. Er muss Mathe, Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften und sogar Kunst und Sport noch mindestens zwei Wochen zu Hause machen. rbb-Autorin Eva Kirchner über die Tücken in ihrem Familien-Schul-Alltag.

Es ist etwa halb neun heute morgen. Anton sitzt vor seinem Laptop und wartet und wartet und wartet. Darauf, dass er in der Brandenburger-Schul-Cloud Zugang zu seinen Aufgaben bekommt und zum Lehrer-Chat. Im Moment eine der wenigen Möglichkeiten, Kontakt zur Klassenlehrerin und den Fachlehrern herzustellen.

Nach 10 Minuten gibt er auf und ich bin froh, dass ich die Schulaufgaben und zahlreiche Arbeitsblätter in weiser Voraussicht schon gestern Abend ausgedruckt habe. Es ist nicht das erste Mal, dass mir die Schul-Cloud Kopfzerbrechen bereitet. Wenn tausende Brandenburger Schüler allmorgendlich gleichzeitig ihre Aufgaben abrufen wollen, dann ist das einfach zu viel.

Noch schlimmer ist es, wenn Eltern und Schüler sich gar nicht erst in die Cloud einloggen können. Ein Problem, dass bei einigen Familien aus unserer Klasse vor allem zu Beginn der Home-Schooling-Phase letzte Woche aufgetreten ist. Aufgaben und Material herunterladen: Fehlanzeige. Das sorgte für Verzweiflung, Wut, Hilflosigkeit und brachte unseren Eltern-Chat zum Glühen. Schließlich wurden Fotos von Aufgaben hin und her geschickt und ich habe Arbeitsblätter heruntergeladen und per Mail an die betroffenen Eltern weitergeleitet.

 

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Klar, helfen wir uns untereinander und inzwischen läuft es auch. Heute blieb der Eltern-Chat ruhig und beschwerdefrei. Aber trotzdem, finde ich, wäre dieses Chaos vermeidbar gewesen. Und das ärgert mich. Dass einige Eltern keinen Zugang zur Cloud bzw. Probleme haben sich einzuloggen, war an unserer Schule lange bekannt. Die Elternsprecher haben bereits im Herbst darauf hingewiesen. Auch, dass die Kinder mehr mit der Cloud arbeiten und üben sollen, war der Wunsch. Zum Beispiel dass Hausaufgaben über diese Plattform verteilt und wieder abgegeben werden.

Die Schule meines großen Sohnes hat das gemacht – mit Erfolg. Probleme und Sorgen wurden rechtzeitig erkannt und wenn möglich behoben. Doch an unserer Grundschule eben leider nicht. Schade, denn das hätte auch noch ganz andere Hürden aufgedeckt.

So besitzen einige Familien aus seiner Klasse nicht einmal einen Drucker, um Arbeitsblätter auszudrucken, geschweige denn einen Scanner, um diese zur Kontrolle zurückzuschicken. Da nützen die lange angekündigten Endgeräte für eben jene Kinder wenig, wenn die restlichen Rahmenbedingungen nicht stimmen. Solche Leihgeräte gibt es an unserer Schule übrigens noch nicht. Und so müssen die betroffenen Kinder nun doch in die Schule und dort ihre Aufgaben abholen bzw. abgeben. Ihnen nützt die Schul-Cloud Brandenburg wenig.

Bei uns zu Hause geht der heutige Schultag nach etwa sechs Stunden zu Ende. Mathe, Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften und ein bisschen Sport. Und sogar die Abgabe der Englischaufgaben via Schul-Cloud hat gut geklappt. Nun wartet Anton auf das Feedback seiner Lehrerin. Darüber freut er sich und es ist Ansporn für den morgigen Schultag zu Hause.

Fortsetzung Teil 2 folgt am Dienstag.

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.02.2021,15:10

Beitrag von Eva Kirchner

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