rbb24
  1. rbb|24
  2. Wirtschaft
Quelle: rbb

Leere Praxen, kaum Schutzmaterial

Corona-Pandemie setzt Zahnärzten zu

Sie arbeiten nah am Patienten - wenn denn mal einer kommt: Dass viele Bürger zurzeit ihre Termine beim Zahnarzt absagen, bringt Praxen in finanzielle Schwierigkeiten. Manch einer findet aber auch, dass es gut ist, wenn Patienten zu Hause bleiben. Von Birgit Raddatz

Zahnarzt sein ist sein Traumberuf - deshalb praktiziert der über 70-jährige Peter Scharf immer noch. Auch in diesen Zeiten, obwohl er selbst eine chronische Lungenerkrankung hat. Die vergangenen drei Wochen hatte er sich daher zunächst in Selbst-Isolation begeben. An seinem ersten Arbeitstag in der Zahnarztpraxis Salzmann in Schöneberg steht nun die Sprechstunde für Kinder an. Es sollen also diejenigen kommen, die das Virus leicht übertragen. An diesem Mittwoch steht allerdings kein Kind auf der Liste. "Wir merken da auch, dass sich das auf das Notwendigste beschränkt", sagt Scharf.

Fast jede Praxis meldet Kurzarbeitergeld an

Das ist Alltag derzeit bei den Ärztinnen und Ärzten. Peter Scharf schätzt, dass bei ihm 50 bis 80 Prozent der Patienten ihre Termine absagen. Der Großteil der Zahnarztpraxen in Berlin biete nicht mehr als einen etwas besseren Notdienst an, so der Vizepräsident der Zahnärztekammer Berlin, Michael Dreyer. Und fast jede Praxis habe für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeitergeld angemeldet. "Das hat es bei Zahnärzten noch nie gegeben", so Dreyer. Die meisten Chefs stockten das Geld derzeit noch aus eigenen Mitteln auf. "Jeder möchte seine Mitarbeiter natürlich behalten", ist er sich sicher.

Auch bei Bertram Steiner ist das derzeit so: Eine seiner zwei Mitarbeiterinnen musste er in Kurzarbeit schicken. "Sie war noch ganz glücklich darüber, so konnte sie ihre Kinder betreuen, die auch zu Hause bleiben müssen." Den Rettungsschirm von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für Therapeuten und Zahnärzte hält er für einen Tropfen auf den heißen Stein. Damit bekommen Zahnärzte 90 Prozent der Vergütung aus dem letzten Jahr gezahlt. Ein Drittel davon dürfen sie am Ende des Jahres behalten, den Rest müssen sie zurückzahlen.

"Vor allem für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die gerade erst in ihre Praxis investiert haben, ist die Situation schwer", so der Zahnarzt. Er selbst habe zwar keine Schulden mehr, das nehme ihm eine große Sorge. "Wenn die Situation allerdings noch für drei oder vier Monate anhält, muss ich mir schon Gedanken machen, wie wir wirtschaftlich überleben sollen."

Mehr zum Thema

Fehlende Schutzkleidung

Etlichen Arztpraxen droht wegen Corona-Krise die Schließung

  

Kaum Abstand, teures Schutzmaterial

Und noch ein anders Problem treibt Bertram Steiner und seine Kollegen um: Die Versorgung mit ausreichend Schutzmaterial, wie Masken oder sterile Kittel, ist nach wie vor nicht ausreichend gesichert. Zahnärzte bekämen das Material nicht zentral geliefert wie andere Ärzte, sondern müssten es privat besorgen. Vorher habe eine FFP2-Maske 39 Cents gekostet, nun läge sie bei rund 15 Euro, so Steiner. In seiner Praxis reichen die Vorräte das noch circa sechs Wochen, dann werde es knapp.

Peter Scharf hat sich aufgrund seiner Vorerkrankung extra ein eigenes Schutzschild anfertigen lassen. "Der Zahnarztberuf ist ein Hochrisikoberuf, durch das Aerosol überträgt sich das Virus noch einmal viel leichter", sagt er. Aerosol entsteht, wenn der Arzt den Zahn behandelt, also zum Beispiel bohren muss.

Peter Scharf, der auch Mitglied in der Zahnärztekammer Berlin ist, hätte sich eine Lösung gewünscht, wie sie derzeit in der Schweiz praktiziert wird. Dort bieten ausgewählte Praxen eine Notfallversorgung an, alle anderen haben geschlossen. Zum Schutz der Zahnärzte - und der Patienten.

Beitrag von Birgit Raddatz

Artikel im mobilen Angebot lesen